Produzentin Lixi Frank hätte ohne "Comeback-Zuschuss" ihren Film "Die Theorie von allem" nicht fertigstellen können.

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Ein voller Versicherungsschutz ist bei Kollektivproduktionen wie Drehs für Film und Fernsehen nicht nur sinnvoll, sondern rechtliche Voraussetzung für Finanziers und Fördergelder. Ohne Versicherung kein Dreh. Das Problem: Keine Versicherung greift in Pandemien. Im Frühsommer 2020 sprang deshalb die Bundesregierung mit dem "Comeback-Zuschuss" in die Bresche, wodurch das Drehen in Österreich wieder möglich und zudem attraktiv wurde. Der mit 25 Millionen Euro dotierte Fonds war ein Erfolg, wurde zweimal um je sechs Monate verlängert und ist nach zwei Jahren nur zu 20 bis 30 Prozent ausgeschöpft. Doch mit Juni soll Schluss sein.

Das verunsichert die Branche zutiefst, denn laut Roland Teichmann, dem Direktor des Österreichischen Filminstituts (ÖFI), ist "Planungssicherheit einer der wichtigsten Faktoren im Filmgeschäft". Unversicherte Ausfälle können für Produktionsfirmen existenzbedrohend sein, und gerade die Omikron-Variante beeinträchtigte 2022 viele Filmdrehs massiv. Produzentin Lixi Frank von Panama Film etwa hatte beim Spielfilm Die Theorie von Allem einen zweiwöchigen Drehausfall – ohne "Comeback-Zuschuss" wäre dies nicht zu stemmen gewesen.

Zu wenig Geld für Boom

Doch nicht nur deshalb steht die österreichische Filmbranche mit dem Rücken zur Wand. Laut Produzentin Lena Weiss (Glitter & Doom) muss die Förderlandschaft umfassend reformiert, valorisiert und den neuen Realitäten der wachsenden Branche angepasst werden. Denn das Drehvolumen für Film, Fernsehen und Streamingdienste steigt beständig, Fördermittel nicht. Zusätzlich führen die pandemiebedingten Hygieneregelungen zu höheren Produktionskosten, mahnt Alexander Glehr, der Präsident des Verbands österreichischer Filmproduzentinnen und -produzenten. Die Folge: Projekte verschieben sich oder sind notorisch unterfinanziert.

Jüngst schlug die Branche Alarm, dass das Budget des Filmstandort Austria (Fisa) für 2022 bereits ausgeschöpft sei. Es geht dabei um einen verlässlichen Produktionskostenzuschuss für Kinofilme, der sich normalerweise erst im dritten Quartal ausdünnt. Wie es heuer zu dem Notstand kommen konnte, wird untersucht. Fest steht, dass das Fisa-Budget nie valorisiert wurde und angesichts der Erfolge der Branche schlicht nicht mehr ausreicht, sagt Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Obmann des Fachverbands Film- und Musikwirtschaft der WKO. Viele teilfinanzierte Projekte stehen in der Warteschleife. Die Fisa braucht dringend eine Budgetaufstockung.

Symptombekämpfung

Doch das wäre nur Symptombekämpfung – langfristig gilt es, steuerliche Anreize zu schaffen, um Österreich am boomenden Markt teilhaben zu lassen. Streamingdienste machen derzeit einen Bogen um Österreich, gedreht wird stattdessen in den steuerfreundlicheren Nachbarländern. Das sei ein "massiver Standortnachteil", wirtschaftlich wie kulturell, obwohl Österreich als Filmland großes Potenzial habe und international viel Anerkennung bekomme, sagt Öfi-Chef Teichmann. Abhilfe würde, dem Beispiel der Nachbarländer folgend, eine Investitionsprämie schaffen.

Obwohl ein von der Branche und den zuständigen Ministerien mitgetragener Vorschlag für ein solches Steuer- und Investitionsmodell seit Jahren vorliegt, steht laut Dumreicher-Ivanceanu das "Go" vom Finanzministerium noch aus. Auch Lena Weiss, Mit-Initiatorin des Investitionsprämienvorschlags, der im Unterschied zu den Modellen der Nachbarländer einen Klimabonus beinhaltet, betont die zahlreichen Vorteile, die mit relativ geringem finanziellem Aufwand für Film-, TV- und Streamingproduktionen geschaffen würden.

Es kämen nicht nur Umsätze ins Land, auch die internationale Verhandlungsposition heimischer Produktionsfirmen würde gestärkt, sagt auch Glehr. Und das, indem man eine boomende Branche fördert, die für klimafreundliches Arbeiten aufgeschlossen ist. Bislang "bleibt eine hohe volkswirtschaftliche Wertschöpfung ungenützt", sagt Teichmann.

Es braucht also drei Maßnahmen, um die Branche zu retten und langfristig zu stärken: Das Fisa-Budget muss aufgestockt und der Comeback-Zuschuss (von dem schätzungsweise 15 Millionen Euro unverbraucht sind) verlängert werden, bis Versicherungen Corona-Ausfälle übernehmen. Zudem sollte die Investitionsprämie abgesegnet werden – vor dem Sommer, hofft die Branche. (Valerie Dirk, 26.4.2022)