Eloop-CEO Leroy Hofer will als Nächstes nach München expandieren. Österreich hat für Carsharing-Anbieter zu wenige dichtbesiedelte Städte.

Foto: Stefan Joham

Das Wiener Unternehmen Eloop ist 2019 in den Carsharing-Markt eingestiegen. Mit weniger Autos als der Mitbewerber Share Now und einer ausschließlich aus E-Autos bestehenden Flotte wagte man sich in den umkämpften Markt. Durch Corona verkleinerte sich der Markt kurzfristig, aber aus der Not wurde eine Tugend, und man fand aus diesen Umständen heraus seine eigene Nische, der man kürzlich einen eigenen Tarif gewidmet hat – die E-Auto-Flatrate.

So will man dafür sorgen, dass sich mehr und mehr Menschen in Großstädten vom eigenen Auto verabschieden – steht es doch ohnehin die meiste Zeit nur herum, wie aktuelle Studien wissen wollen. Laut VCÖ fahren mehr als eine halbe Million Menschen im Land nur ein paar Mal jährlich Auto, knapp 700.000 wenige Male monatlich.

Dem gegenüber stehen knapp 1,3 Millionen Zweit- und Drittautos in Österreichs Haushalten, welche es im Schnitt nicht einmal auf eine halbe Stunde Einsatzzeit pro Tag schaffen. Ausreichend Raum also, um als Carsharing-Unternehmen zu punkten, meint auch der Vorarlberger Leroy Hofer. Der CEO und Co-Founder von Caroo Mobility, der Firma hinter Eloop, ist davon überzeugt, dass die Zukunft den E-Autos gehört, und geht zudem davon aus, dass eine Marktsättigung in Sachen Carsharing noch lange nicht erreicht ist.

STANDARD: Was hat sich in den letzten zwölf Monaten bei Eloop getan?

Hofer: Vor einem Jahr hatten wir noch nicht einmal 50 Fahrzeuge – heute sind es 200. Über den Winter haben wir das Wachstum ein wenig ausgesetzt, aber wir planen weiterhin mit mehr Fahrzeugen. Personell sind wir von zehn auf über 30 Leute angewachsen. Aktuell planen wir die Expansion nach München im Sommer. Da werden wir mit etwa 150 Fahrzeugen starten.

STANDARD: Nach nur einem Standort in Österreich gleich nach Deutschland expandieren?

Hofer: Free-Floating-Carsharing funktioniert tatsächlich erst ab einer gewissen Stadtgröße beziehungsweise mit einer Einwohnerzahl von über einer Million. Da hat man in Österreich nicht viel Auswahl. Deutschland ist da aufgrund der relativen Ähnlichkeit zu Österreich der logische nächste Schritt, auch wenn er mit einiger Zeitverzögerung umgesetzt wird.

STANDARD: Sie wollten schon früher expandieren?

Hofer: Ja, aber aufgrund der Chipkrise und jetzt auch wegen des Krieges gab es Lieferschwierigkeiten. Die meisten Hersteller können aktuell gar nicht liefern – Tesla ist da im Verhältnis noch am nächsten zu dem Termin, den man sich ursprünglich ausgemacht hat.

STANDARD: Wie sehr wurden Sie grundsätzlich durch die Lieferengpässe zurückgeworfen?

Hofer: Unser Zeitplan wurde schon durcheinandergewürfelt. Wir waren auch verwöhnt, weil Tesla in der Vergangenheit wirklich schnell liefern konnte. Das Model 3, das von uns genutzt wird, war generell vergriffen. In Deutschland wird aktuell auch nur das Model Y produziert, was wiederum ganz gut verfügbar ist. Das haben wir aber aktuell nicht im Portfolio, auch wenn wir es für eine Testphase demnächst ins Angebot aufnehmen wollen. Model X und Model S sind einfach zu teuer. Das macht für Carsharing keinen Sinn.

STANDARD: Haben Sie einen Exklusivvertrag mit Tesla?

Hofer: Nein, haben wir nicht. Wir hatten zu Beginn auch andere Anbieter, BMW oder Renault etwa. Es ist schon ein Ziel von uns, andere Fahrzeuge mal auszuprobieren, auch um zu sehen, was der Kunde möchte. Aber aktuell haben manche Hersteller bis zu zwei Jahren Lieferzeit, wenn man jetzt bestellen möchte. Planung in diese Richtung ist deshalb eher schwierig.

STANDARD: Welches Auto sehen Sie auf Augenhöhe mit Tesla?

Hofer: Die Technologie von Tesla ist schon wesentlich besser als bei anderen. Auch Software-seitig, mit der App, bewegt man sich vor der Konkurrenz. Dank guter Datenaufnahme wissen wir hier einfach mehr über das Auto, als das bei anderen Herstellern der Fall wäre. Das erleichtert eine Weiterentwicklung schon sehr stark. Diese Horrorstorys, bei Tesla hätte man aufgrund der schlechten Verarbeitung manchmal plötzlich das Lenkrad in der Hand, können wir nicht bestätigen.

STANDARD: Das heißt, die Autos stehen nicht die ganze Zeit bei Ihnen in der Werkstatt?

Hofer: Doch, tun sie schon, aber da kann meistens das Auto nichts dafür. Es gibt ja den Spruch: Don’t be gentle, it’s a rental. Das trifft leider den Carsharing-Bereich auch. Dafür hatten wir noch keinen Unfall, wo etwa ein Krankenwagen hinzugeholt werden musste. Die sichersten Autos sind ja weiterhin Teslas, die Batterie am Boden und die gute Knautschzone. Es ist ein sehr sicheres Auto.

STANDARD: Vor einem Jahr haben Sie erwähnt, Sie seien nicht besonders zufrieden darüber, in der Branchenvertretung der Taxis zu sein. Hat sich daran etwas geändert?

Hofer: Das ist keine optimale Lösung, weil uns viele Taxiunternehmen als Konkurrenz betrachten. Was einfach nicht stimmt, weil wir viel längere Durchschnittsfahrzeiten haben als die typische Taxifahrt. Auch mit dem neuen Tarif machen wir eigentlich noch einen Schritt weiter weg von dieser Bequemlichkeitsfahrt, wo man nur schnell von A nach B will.

STANDARD: Wir sprechen von der neuen Flatrate?

Hofer: Ja. Kunden zahlen hier 350 Euro im Monat und haben dafür ein Dauerabo, wo man auch mal vier Tage am Stück mit dem Auto unterwegs sein kann. Hier geht es also eher um Leute, die wirklich ein eigenes Auto mit diesem Service ersetzen wollen. Der Begriff E-Auto-Abo ist da im letzten Jahr immer wieder in diesem Zusammenhang genannt worden. Meist wird damit gemeint, dass man ein Auto für beispielsweise sechs Monate least. Das ändert aber unserer Meinung nach nichts an dem Problem, dass das Auto die meiste Zeit steht.

Der Carsharing-Aspekt wurde da aber nicht mitgedacht, weshalb wir an einem Modell arbeiten wollten, das diese Lücke schließt. Dabei musste diese Lösung auch wirtschaftlich rentabel und für den Kunden dennoch eine Kostenersparnis sein. Der ÖAMTC hat das vor ein paar Jahren erhoben, dass ein Auto den Besitzer im Schnitt 500 Euro im Monat kostet – aber da sind auch viele sehr alte Modelle und vor allem keine E-Autos miteinbezogen. Hinzu kommt die Statistik, dass ein Auto im Schnitt 52 Minuten am Tag fährt und den Rest der Zeit steht. Auch das wollten wir mitkalkulieren.

Aktuell testen wir diese Flatrate bewusst mit nur 100 Leuten, weil wir auch nicht wollen, dass unsere ganze Flotte permanent vergriffen ist. Das beobachten wir die nächsten Monate und reden hier viel mit der Community und deren Erfahrungen. Dieser Beta-Test wird dann entscheiden, wie wir weitere Schritte setzen werden. Unserer Meinung ist das in jedem Fall ein notwendiger Schritt, weg vom Privat-kw, hin zur geteilten Mobilität.

STANDARD: Für welche Fahrten werden Ihre Autos derzeit primär genutzt?

Hofer: Wir haben da sehr gute Daten, wie und wo sich die Autos bewegen, damit wir auch Pricing und ähnliche Dinge gut anpassen können. Seit Corona sind die Fahrten beispielsweise viel länger geworden – das liegt mit Sicherheit auch daran, dass wir mit dem ersten Lockdown längere Fahrten günstiger gemacht haben. So waren auch weniger Leute hintereinander im Auto, weniger Berührungspunkte – das schien für die Zeit angemessen zu sein.

Dieser Trend ist dann auch geblieben und wir haben ganz einfach die Firmenstrategie ein wenig umgestellt. Zunächst waren wir, ähnlich wie Share Now, auch auf den typischen Minutenpreisen. Durch Corona haben wir uns dann unsere Nische eher bei zwei Stunden aufwärts bis zu einem Tag Nutzung gesucht. Für diese vielen Kurztrips braucht man auch einfach die Dichte an Fahrzeugen, die wir damals nicht hatten. Unsere Fahrten gehen gerade am Wochenende oftmals in die nahegelegenen Bundesländer, wohl um Freunde oder Familie zu besuchen. Unter der Woche sind es Fahrten mit vielen Zwischenstopps, vielleicht um einen Kaffee trinken zu gehen oder Einkäufe zu erledigen. Pendler sind auch ein großes Thema bei uns.

STANDARD: Wird das Gebiet, wo man das Auto abstellen darf, von Ihnen "Home Zone" genannt, demnächst erweitert?

Hofer: Sobald wir mehr Autos haben, wird auch das Gebiet erweitert. Spannend werden Kooperationen sein, beispielsweise so etwas wie die Kooperation zwischen Wiener Linien und der Seestadt, wo man eigene Parkplätze für Carsharing-Autos eingeplant hat.

STANDARD: Wie groß kann Car-Sharing noch werden?

Hofer: Also derzeit ist noch keine Marktsättigung da und damit auch keinen Verdrängungskampf. Ohne große Platzhirsche wie etwa Share Now hätten wir unser Business nie starten können, weil so viel für das Bewusstsein getan wurde, dass Leute sich so einem Modell nähern wollten. Es wird nie so sein, dass ein Carsharing-Anbieter eine ganze Stadt abdecken kann. Man sieht das ja auch bei den Leihautos am Flughafen, wie viele Anbieter es da noch immer gibt. So wird das beim Carsharing auch sein. Der USP mit E-Autos wird irgendwann verschwinden, weil andere auch wechseln werden – daran führt kein Weg vorbei. Da geht es dann viel um Preisgestaltung oder Abo-Modelle.

STANDARD: Ein großes Problem für viele Autofahrer ist noch immer die eingeschränkte Reichweite von E-Autos. Was sehen Sie aktuell als größtes Hindernisse, dass sich E-Autos durchsetzen?

Hofer: Viele Leute haben das Gefühl, dass man vielleicht mit dem E-Auto nicht ans Ziel kommt. Ich komme ja aus Vorarlberg und bin da auch mit dem Model 3 hingefahren. Diese zwei Stopps hast du in der Reise, aber die sind dann auch nur 20 bis 30 Minuten lang. Einmal geht man ja ohnehin etwas essen, also wirklich viel länger ist man nicht unterwegs. Es gibt natürlich noch Strecken, etwa Wien nach Paris, wo man mit dem Verbrenner noch Vorteile hat, aber generell lässt sich das für fast alle Fahrten mittlerweile ausgleichen.

Viel wird sich ändern, wenn die Reichweite durch die Feststoff-Akkus stark erweitert wird. Da wird man die 1.000 Kilometer dann leicht knacken können, wie erste Tests zeigen. Den Durchbruch wird man erreichen, wenn es flächendeckende Schnelllademöglichkeiten gibt. Wien hat ein gutes Ladenetz, aber die meisten davon sind die mit 11 kW sehr langsam. Über Nacht kein Problem, aber für einen Zwischenstopp keine langfristige Lösung. Da braucht es schnelle Ladestationen – die werden auch gebaut. Da fehlen derzeit die Leitungen, aber in den nächsten zehn Jahren wird da viel passieren. (Alexander Amon, 27.4.2022)