Die ukrainische Bahninfrastruktur wurde am Montag Ziel mehrerer Angriffe.

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Bei russischen Angriffen auf die ukrainische Bahninfrastruktur wurden nach Angaben Kiews mindestens fünf Menschen getötet. 18 weitere Menschen seien bei dem Raketenbeschuss in der Region Winnyzja im Zentrum des Landes verletzt worden, teilte das Büro des ukrainischen Generalstaatsanwalts am Montag mit.

Zuvor hatte der Chef der ukrainischen Eisenbahnen, Olexander Kamyschin, auf Telegram mitgeteilt, dass die "russischen Truppen weiterhin systematisch die Eisenbahninfrastruktur zerstören" würden. Montagfrüh seien innerhalb einer Stunde fünf Bahnhöfe in der Zentral- und Westukraine beschossen worden, fügte er hinzu. In der Westukraine nahe Lwiw habe die Explosion einer Rakete in einem Bahnhof ein Feuer ausgelöst, teilten die Behörden mit.

Winnyzja ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt, sowohl innerhalb der Ukraine als auch für Verbindungen ins Ausland. Die meisten internationalen Züge, die das Land durchqueren, fahren durch diese Region. Moskau will nach Einschätzung des ukrainischen Militärs mit der Bombardierung des Schienennetzes eine Unterbrechung von Waffenlieferungen aus dem Ausland erreichen.

Angriffe auf Stahlwerk

Russische Truppen griffen am Montag auch das Asowstal-Werk in Mariupol mit Flugzeugen, Artillerie und Panzern an. Das sagte der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowitsch der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform zufolge. Laut Arestowitsch verstoßt das russische Militär damit gegen den Befehl ihres Präsidenten Wladimir Putin, hatte dieser doch angeordnet, die Verteidiger "abzuschotten".

Wie am Sonntag ist auch am Montag die Einrichtung eines Fluchtkorridors für Zivilpersonen aus Mariupol nach Angaben der ukrainischen Regierung gescheitert. Man werde es aber weiter versuchen, sagte Vizeministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk und forderte UN-Generalsekretär António Guterres auf, sich bei seinem am Dienstag geplanten Besuch in Moskau für humanitäre Aktionen für die Menschen in Mariupol und für einen Waffenstillstand einzusetzen.

Vor der Guterres-Reise sahen die Vereinten Nationen eine Chance auf Vermittlung im Krieg. "Wir haben das Gefühl, dass es einen Moment der Gelegenheit gibt, und dies ist die Zeit, sie zu nutzen", meinte sein Sprecher Farhan Haq. Er betonte allerdings auch, dass es zu früh sei, um Dinge zu versprechen. "Wenn wir vorankommen, und sei es auch nur in kleinen Schritten, bedeutet dies letztendlich viel für Zehntausende oder Hunderttausende Menschen."

Am späten Montagabend sagte Russlands Außenminister in Staatsmedien, der "ukrainische Konflikt" werde mit einer Einigung enden. Diese sei von der militärischen Situation abhängig. Die Chancen auf eine nukleare Eskalation wolle er keinesfalls erhöhen, sagte er.

Massengrab entdeckt

Ukrainischen Angaben zufolge sollen sich auf dem Asowstal-Werksgelände rund 1.000 Zivilisten aufhalten, auch Frauen und Kinder. Aus dem Kreml hieß es, dass sich dort noch etwa 2.500 ukrainische Bewaffnete und ausländische Söldner befinden.

Wie Ukrinform berichtet, wurde ein weiteres Massengrab außerhalb Mariupols entdeckt. Es befinde sich im Dorf Staryj Krym, postete die Stadtverwaltung Mariupols. Angaben zur Zahl der Toten wurden keine gemacht.

Großbritannien schätzte, dass im Ukraine-Krieg bisher rund 15.000 russische Soldaten getötet wurden. Wie Verteidigungsminister Ben Wallace mitteilte, geht seine Regierung zudem von der Zerstörung von 60 russischen Hubschraubern und Kampfjets sowie von 2.000 gepanzerten Fahrzeugen aus, darunter rund 530 Panzer. Wallace kündigte zugleich an, dass Großbritannien der Ukraine eine kleine Anzahl von gepanzerten Fahrzeugen des Typs Stormer mit Startvorrichtungen für Flugabwehrraketen liefern wird.

Explosionen in Transnistrien

In der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Transnistrien in der Republik Moldau ist indes offenbar ein Anschlag auf Räumlichkeiten des Ministeriums für Staatssicherheit verübt worden. Bei dem Vorfall am Montagabend sei niemand verletzt worden, teilte die Polizei der von Moskau unterstützten Separatisten-Region mit. Die Angreifer nutzten demnach laut ersten Erkenntnissen einen tragbaren Granatenwerfer, wie er zur Panzerabwehr eingesetzt wird.

Der Fernsehsender Perwy Pridnestrowsky berichtete unter Berufung auf Zeugen von mehreren Explosionen. Demnach waren Entminungsexperten, Feuerwehrleute und Sanitäter vor Ort im Einsatz. Hintergründe zu dem Vorfall sind völlig unklar. Weder die transnistrische Führung noch die Regierung von Moldau in Chisinau äußerten sich dazu.

Das international nicht anerkannte Transnistrien liegt an der Grenze zur Ukraine. Die russische Armee verfügt in der Region über einen Militärstützpunkt und ein großes Munitionslager. In der vergangenen Woche hatte der ranghohe russische General Rustam Minnekajew gesagt, Aufgabe der russischen Armee sei es, die Kontrolle über den Donbass und die Südukraine zu erlangen. Auf diese Weise könne eine Landverbindung zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie nach Transnistrien hergestellt werden. Russischsprachige Menschen würden dort "unterdrückt", behauptete Minnekajew.

Das Außenministerium in Chisinau bestellte wegen der Äußerungen des Generals den russischen Botschafter ein und forderte Moskau zum Respekt der "Souveränität und territorialen Integrität" Moldaus auf. (APA, maa, 25.4.2022)