Die Adresse ist symbolträchtig. 1929 lief in Barcelona auf dem Montjuïc die Weltausstellung, ab Herbst unschön von der Weltwirtschaftskrise flankiert. Architektonisch herausragend damals war Ludwig Mies van der Rohes deutscher Pavillon, der mit seinem freien Grundriss für neue Maßstäbe sorgte, und oben auf dem Gipfel thront, ebenfalls seit 1929, der Palau Nacional, das katalanische Nationale Kunstmuseum, mit seinen Sammlungen kreativer menschlicher Tätigkeit von der Romanik bis zur Avantgarde.

Gestreckt, muskulös, kantig, keilförmig, denkt der RZ das typische Lexus-Design konsequent fort.
Foto: Lexus

Hier also, im spanischen Pavillon, präsentiert Lexus den RZ, Z wie Zorro – nein: Zero, wie null Emission. Nicht auszuschließen, dass wieder eine Weltwirtschaftskrise dräut, doch das spielt heute keine Rolle, heute geht es um Technik, Avantgarde und neue Architektur.

Beginnen wir gleich mit der. Toyota steigt spät ein in die batterieelektrische Mobilität, das hat auch Vorteile, zum Beispiel: beobachten, was andere machen. Unter den Großserienherstellern haben sich der VW-Konzern und Hyundai-Kia entschlossen, eigene Plattformen zu entwickeln, das erachten auch die Japaner für gut und richtig und folgen diesem Ansatz mit e-TNGA. Steht für "Toyota New Global Architecture" in Elektro-Ausformung.

18 kWh / 100 km

Die ersten beiden (spät-)sommerlichen Sendboten darauf sind Toyota bZ4X (quasi passwortgesichert) und Subaru Solterra, der RZ folgt gegen Jahresende, und er ist bei gleichem Radstand (2,85 m) etwas größer als jene, freier Grundriss und so, Mies van der Rohe – auf 4,81 m Länge streckt sich der Lexus.

Augenfälligste Innovation innen ist das Yoke-Lenkrad mit Schmetterlingsprofil.
Foto: Lexus

Unterflur verbaut ist eine 71,4-kWh-Batterie, die den markant keilförmig gezeichneten SUV über 400 Kilometer weit bringen soll. Vorne sitzt ein E-Motor mit 150 kW, hinten einer mit 80, 230 kW Systemleistung nennt der Hersteller und betont, im Nullkommanix würden die Antriebskräfte zwischen vorne, hinten und allen Rädern gleichzeitig herumflutschen – dank Direct4-Allradsteuerung. Die arbeitet mit einem eigens entwickelten E-Achsen-Antrieb zusammen, einem kompakten Modul mit E-Motor, Getriebe und Steuergerät, positioniert zwischen den Rädern.

Ein Zweck der Übung lautet Verbrauch, bei dem will man erklärtermaßen "neue Standards in der Fahrzeugklasse setzen", angepeilt ist ein Wert um die 18 kWh / 100 km, mal sehen, was die anstehende Homologation ergibt und was der reale Fahralltag. Der "japanische Pavillon" RZ soll jedenfalls sämtliche vergleichbare deutsche Pavillons (Mercedes EQC, BMW iX3, Audi e-tron GE) alt aussehen lassen.

Foto: Lexus

Und nicht nur da. Wenn wir schon bei den Rädern sind: das zum Lenken. Gibt es, freilich. Aber auch nicht, denn optional bietet Lexus auch Steer-by-Wire an, ohne direkte mechanische Verbindung zwischen Volant und Rädern und ohne Lenksäule, der Richtungsänderungswunsch gelangt über eine elektrische Steuerung an die Räder. Das Rad wird dabei zum Schmetterling, "Yoke"-Lenkrad nennen die das, wie Tesla, und Übergreifen sei damit Geschichte, preist Lexus das Konzept: 150 Grad Lenkdrehung reiche zum Volleinschlag.

Dimmeffekt

Eine erste Sitzprobe weist das Interieur als modern, sauber und aufgeräumt aus, die Sitzverhältnisse als großzügig, nur hinten passiert eben das, was häufig bei diesen Sandwichbodenkonzepten passiert: Du bringst die Oberschenkel kaum auf die Sitzbank, unbequem bei längerer Fahrt. Neben dem Yoke ist das Panoramaglasdach die augenfälligste Innovation: Es lässt sich dimmen, von Klarsicht bis Milchglas ist es nur ein Tipper, und das reduziert nicht nur den Blendeffekt, sondern auch das Aufheizen des Innenraums.

Foto: Lexus
Grafik: Der Standard

Apropos Klima: Bedient man, wie die Lautstärke, über Drehregler. Prima. Die meisten restlichen Funktionen gehen aber mittels Touch, über das zentrale 14-Zoll-Multimedia-Display. Und weil die junge Premiummarke Lexus einst u.a. durch die Geräuschkultur innen berühmt wurde, wurde das Kapitel auch beim RZ gründlich angegangen. Vor allem gilt es bei E-Autos ja, Wind- und Abrollgeräusche draußen zu halten. Mal sehen, auf wie leisen Sohlen der SUV dann wirklich daherkommt.

Von den 30.000 Stück Jahreskapazität gehen 18.000 nach China, 6000 in die EU, 5000 in die USA, 1000 nach Japan. Und der RZ ist erst der Auftakt, 15 E-Lexusse sind in Entwicklung, 2030 will man in der EU ein reiner E -Anbieter sein, 2035 weltweit. Spät dran, aber jetzt: mit Vollstrom Einlenken in die Zukunft. Wenn Markenchef Koji Sato meint, die E-Mobilität sei "eine Gelegenheit für uns, eine ganz neue Welt zu erschließen": Auch da passt Barcelona, siehe: Kolumbus-Denkmal. Wenn nur kein schwarzer Freitag dazwischenkommt. (Andreas Stockinger, 27.4.2022)