Ohne Leihgerät geht es nicht. Waren es einst hauptsächlich Fernsehgeräte, die man Kunden zur Verfügung gestellt hat, die ihre Glotze zur Reparatur brachten, sind es heute vorwiegend Espressomaschinen. Mit Fernsehern seien die Haushalte ausreichend ausgerüstet, sagt Renate Scheichlbauer-Schuster. Repariert werde bei Elektro Schuster in Pöchlarn schon immer, in den letzten Jahren allerdings immer weniger, räumt die Spartenobfrau für Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer ein – weil die Geräte immer günstiger geworden seien.

Jetzt will die Regierung gegensteuern und mit dem Reparaturbonus dafür sorgen, dass es attraktiver wird, ein kaputtes Gerät reparieren zu lassen, anstatt ein neues anzuschaffen, sagt die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Ähnliche Programme gab es bereits auf Bundesländerebene. Mehrere Fliegen will man mit einer Klappe schlagen: die Kreislaufwirtschaft ankurbeln, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und die regionale Wirtschaft fördern.

Was unterstützt wird

Unterstützt wird die Reparatur und/oder der Kostenvoranschlag für das Wiederinstandsetzen von fast allen Elektro- und Elektronikgeräten, die in Privathaushalten in großer Dichte in Verwendung sind. Dazu gehören Kaffeemaschinen ebenso wie Wasserkocher, Haarföhne, Fernsehgeräte, Hi-Fi-Anlagen, Smartphones, Notebooks oder Bohrmaschinen. Übernommen wird vom Klimaschutzministerium die Hälfte der Reparaturkosten, maximal 200 Euro pro Gerät.

Geräte gehen heute schnell kaputt. Bei vielen zahlt sich Reparieren gar nicht aus. Damit sich das ändert, wird an verschiedenen Schrauben gedreht. Reparaturförderung ist eine davon.
Foto: Guido Gluschitsch

Für einen Kostenvoranschlag sind höchstens 30 Euro beziehungsweise 50 Prozent der Bruttokosten förderbar. Privatpersonen können einen Gutschein auf der Homepage Reparaturbonus herunterladen, um ihn innerhalb dreier Wochen bei teilnehmenden Betrieben – über 1200 in Österreich – einzulösen. Sobald ein Bon eingelöst ist, kann ein neuer abgerufen werden. Renate Scheichlbauer-Schuster findet, dass das rundherum eine gute Sache ist. Oft sei nur eine Kleinigkeit kaputt. Vom Reparieren hätten aber auch die Betriebe etwas: "Wichtig ist, dass vor allem die Lehrlinge das Reparieren nicht verlernen."

Der Fördertopf ist mit 130 Millionen Euro gefüllt, die Aktion soll bis 2026 laufen. Die Mittel stammen aus dem Wiederaufbaufonds der EU. Der Reparaturbonus sei das Ergebnis europäischer Zusammenarbeit, und es sei "ein stolzer Moment, wenn in Europa etwas gelingt, wenn wir es gemeinsam machen", sagt Kommissionsvertreter Martin Selmayr. Österreich sei das erste EU-Land, das einen Reparaturbonus flächendeckend einführe.

Bewusstseinsbildung

Markus Piriniger von der Umweltberatung hat Erfahrung mit dem Reparaturbonus in Wien. Für ihn besteht kein Zweifel, dass solche Maßnahmen "bewusstseinsbildend" wirken. In Wien, wo auch Möbel oder Fahrräder zur Reparatur gebracht werden konnten, waren 62 Prozent der reparierten Gegenstände elektronische Geräte: etwa Handys oder Tablets. Ein wichtiger Faktor sei der Preis, sagt Piringer: "Wenn das Neugerät 30 oder 40 Prozent mehr kostet als die Reparatur, tendieren die Menschen dazu, sich ein neues Gerät anzuschaffen."

Das ist rasch der Fall. Etwa bei einer Kaffeemaschine um 50 Euro, denn hierzulande fallen für eine halbe Stunde Arbeit schnell einmal 50 Euro an. Der Reparaturbonus könne deswegen nur der Kickoff für weitere Maßnahmen sein. Langfristig müssten die Lohnnebenkosten sinken, was den Preis für Reparaturen senken würde. An manchen Steuerschrauben wurde bereits gedreht. Mit 2021 wurde die Mehrwertsteuer für kleine Reparaturen etwa für Lederwaren und Fahrräder auf zehn Prozent gesenkt.

Konsumenten können gar nicht erkennen, ob ein Produkt langlebig ist oder nicht. In Frankreich hat man dafür eine Lösung gefunden.
Foto: Guido Gluschitsch

Konsumenten werde es aber auch zu schwer gemacht, sich gegen Wegwerfprodukte zu entscheiden, sagt Umweltberater Piringer. Beim Kauf können sie gar nicht erkennen, welches Produkt langlebig ist. Er fordert einen Reparaturindex, wie es ihn in Frankreich gibt: Dort muss auf einer Plakette auch die Reparierfähigkeit ausgewiesen sein. Und die Reparierfähigkeit der Geräte selbst müsse steigen. Das ist teilweise schon in der Ökodesignrichtlinie verankert. Ob Fernseher, Monitor oder Kühl- und Gefrierschrank, Geräte die in der EU auf den Markt kommen (egal, wo sie produziert wurden) müssen seit 2021 zumindest bis zu einem gewissen Grad reparierbar sein, auch Ersatzteile müssen länger erhältlich sein. Noch sei dies aber in der Praxis noch nicht erkennbar, so Piringer.

Teurere Geräte

In der Regel seien teurere Geräte jedenfalls weitaus langlebiger und damit für Konsumenten im Endeffekt sogar günstiger, sagt Piringer. Reparieren rechne sich aber auch für Betriebe, betont Renate Scheichlbauer-Schuster: "Wir würden nicht so viel verkaufen, wenn wir nicht so viel reparieren würden."

Dass Reparieren dem Klima zuträglich sei, heißt es zumindest in einer Analyse des European Environmental Bureau (EEB): Demnach würde eine Verlängerung der Lebensdauer aller Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones in der EU um ein Jahr jährlich rund vier Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) einsparen. Das sei dieselbe Menge CO2, die rund zwei Millionen weniger Autos auf den Straßen einsparen würden. (Regina Bruckner, 28.4.2022)