In der japanischen Präfektur Fukui ist ein seltenes Tiefseewesen angespült worden: Einwohner der Umgebung von Ugu an der Westküste von Honshū entdeckten am 20. April einen in Ufernähe treibenden Riesenkalmar (Architeuthis dux). Videoaufnahmen lassen erkennen, dass das Tier anfangs noch lebte, aber geschwächt war, als es gefunden wurde. Kurze Zeit später war es verendet, wie andere Videos zeigen.

Messungen am Ufer der Bucht ergaben laut der Nachrichtenagentur AFP eine Länge von 3,35 Metern. Nach Angaben von Verwaltungsbeamten der nahen Stadt Obama wurde der Kadaver zum Echizen Matsushima Aquarium in der Präfekturstadt Sakai für weitere Untersuchungen transportiert. Weitere Bilder von dem Tier gibt es hier.

Jäger und Gejagte

Obwohl dies schon ganz beachtlich ist, weiß man mittlerweile, dass Riesenkalmare deutlich länger werden können. Belegbare Messungen legen eine Größenordnung von maximal zehn bis zwölf Metern nahe, inklusive Fangarmen. Von den teilweise fantastischen Angaben früherer Jahre liegt das freilich weit entfernt. Letztlich sind aber auch die bescheideneren Größenannahmen nur Mutmaßungen, denn gut erhaltene Kadaver oder gar lebende Riesenkalmare bekommen Forschende nur alle paar Jahre zu Gesicht.

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Schuld daran ist wohl vor allem ihre verborgene Lebensweise weit unter der Meeresoberfläche. In Tiefen, wo man riesige Augen braucht, um auch noch das letzte bisschen Licht von der Oberfläche wahrzunehmen, jagt der Riesenkalmar vermutlich nach anderen Kalmaren und Fischen. Er selbst muss sich vor Pottwalen in Acht nehmen, die ihnen bis in über 1.000 Metern Tiefe nachstellen können. Abdrücke von Saugnäpfen auf Pottwalkörpern und gewaltige Tintenfischschnäbel in Pottwalmägen waren denn auch die ersten greifbaren Hinweise, dass die Tentakelwesen mehr sind als nur Seemannsgarn.

Wenige Bilddokumente

Trotz der großen Verfügbarkeit von Mobiltelefonen bleiben Aufnahmen von Architeuthis dux bis heute eine Seltenheit: Kaum 1.000 Exemplare konnten bisher nachgewiesen werden, die überwiegende Mehrzahl davon war tot angespült worden. Die ersten Filmaufnahmen eines lebenden Architeuthis-Exemplars in seinem natürlichen Lebensraum gelangen Ende 2005 vor den Ogasawara-Inseln in 240 bis 940 Metern Tiefe. Das Tier griff einen Köder an und gab dabei Lichtimpulse ab.

Im Oktober 2016 wurde in Galicien ein lebender Riesenkalmar angetrieben.
Foto: parque de la vida/javier ondicol

Einer der größten jemals lebend gesichteten Riesenkalmare war am 7. Oktober 2016 in der Nähe des Strandes von A Coruña in Galicien gesichtet und fotografiert worden. Das Tier war schwer verletzt und starb kurz nach der Entdeckung. Äußerliche Untersuchungen ließen damals darauf schließen, dass das mehr als 100 Kilogramm schwere Exemplar seine Wunden bei einem Zweikampf mit einem noch größeren Artgenossen davongetragen hatte.

Der Kolosskalmar Mesonychoteuthis hamiltoni macht mindestens so viel Eindruck wie der Architeuthis.
Foto: Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa

Ein anderer Gigant

Übertroffen wird Architeuthis dux hinsichtlich schierer Masse im Verwandtenkreis nur von einem: Mesonychoteuthis hamiltoni, der Kolosskalmar, dürfte in noch größeren Tiefen leben als der Riesenkalmar. Er ist um einiges kompakter gebaut und entsprechend schwerer. 2007 wurde ein solches Tier vor der Küste der Antarktis gefangen, das es (ohne Arme) auf eine Länge von 4,20 Metern und ein Gewicht von über 500 Kilogramm brachte. Das Wesen besaß die größten je von Biologen untersuchten Augen: Sie waren mit 27 Zentimetern Durchmesser so groß wie Basketbälle. (tberg, 27.4.2022)