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Die umstrittenen russischen Öllieferungen nach Deutschland werden bereits weniger.

Foto: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil. Das war am Mittwoch, als Russland seine Lieferungen nach Polen und Bulgarien stoppte, die wichtigste Botschaft der Regierung. "Die Gasflüsse sind zum jetzigen Zeitpunkt alles in allem auf einem stabilen Niveau", sagte eine Sprecherin von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Die Lage werde aber sehr genau beobachtet. Es seien bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Engpässe festgestellt worden. Allerdings betrachte man den Lieferstopp an Polen und Bulgarien "mit Sorge".

Deutschland plant den Ausstieg aus russischem Gas 2024, eine sofortige Abkehr will die Bundesregierung – trotz des Krieges – nicht. Doch in puncto Abhängigkeit von russischem Öl hat Habeck eine gute Nachricht. Ursprünglich wollte Deutschland die Ölimporte aus Russland mit Ende des Jahres 2022 stoppen. Doch nun, nach einem Treffen mit seiner polnischen Amtskollegin Anna Moskwa in Warschau, erklärte Habeck, sei es gelungen, die Abhängigkeit von 35 Prozent vor Beginn des Ukraine-Krieges innerhalb von acht Wochen auf zwölf Prozent zu senken.

Embargo wäre handhabbar

Der Minister erklärt dies so: Die Häfen in Westdeutschland, die russisches Öl importiert hätten, hätten sich neue Verträge besorgt. Die Raffinerie Leuna des französischen Energiekonzerns Total habe ebenfalls auf Verträge umgestellt.

"Heute kann ich sagen, dass ein Embargo handhabbar für Deutschland geworden ist", betonte Habeck. Nun muss noch für die verbleibenden zwölf Prozent eine Alternative gefunden werden. Diese gehen ausschließlich an die PCK Raffinerie in Schwedt an der Oder (Brandenburg) nahe der polnischen Grenze. Diese kommen über die "Druschba-Pipeline" in Deutschland an.

Mehrheitlich gehört die PCK-Raffinerie in Schwedt zu Rosneft Deutschland, einer Tochter des staatlichen russischen Ölkonzerns. Von Schwedt aus wird der Großraum Berlin-Brandenburg zu 95 Prozent mit Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin versorgt, der Flughafen BER ist direkt angebunden.

Wenn man russisches Öl nicht mehr haben wolle, dann brauche man für Schwedt eine andere Lösung, so Habeck. Diese Alternative zu entwickeln sei Aufgabe der kommenden Tage. Es könnte auf die Belieferung Schwedts mit Ölschiffen aus dem Hafen im polnischen Danzig hinauslaufen, da von Schwedt auch Polen versorgt wird.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist in großer Sorge um die Raffinerie in Schwedt.

Katastrophale Auswirkung

"Es hätte regional katastrophale Auswirkungen, die wir kurzfristig in keiner Weise abfedern könnten", sagt er zu einem möglichen Ölembargo. "Es geht hier um 1200 Beschäftige direkt bei der PCK-Schwedt und weitere 2000 Menschen, die in Unternehmen arbeiten, die sich auf dem Gelände befinden".

Das Wirtschaftsministerium prüft eine mögliche Übernahme der Schwedter PCK-Raffinerie. Minister Habeck geht davon aus, dass Rosneft kein Interesse daran hat, die Raffinerie durch Öllieferungen aus anderen Staaten zu versorgen.

Sollte die Energieversorgung gefährdet sein, würde das neue Energiesicherheitsgesetz eine Enteignung möglich machen. Allerdings ist der Entwurf erst am Montag vom Kabinett gebilligt worden und muss noch durch den Bundestag.

Dass die Deutschen beim Gas nun entspannter sind, liegt an den höheren Füllständen der Speicher. Am 18. März waren die Speicher nur zu 24 Prozent gefüllt, es war der niedrigste Wert in diesem Winter/Frühjahr. Nun sind es laut Bundesnetzagentur 33,4 Prozent.

Laut Mario Holzner, dem Chef des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), ist der Stopp russischer Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien "sicherlich eine Warnung an Deutschland, sich ein mögliches Erdölembargo der EU gegen Russland noch einmal zu überlegen". (Birgit Baumann aus Berlin, 27.4.2022)