Der Fall wurde im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien verhandelt.

Foto: HERBERT NEUBAUER / APA / picture

Wien – Erneut unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wurde am Mittwoch der Prozess gegen sieben mutmaßliche Antifa-Aktivisten, denen in unterschiedlicher Ausführung Angriffe auf die rechtsextremen Identitären vorgeworfen werden, am Wiener Straflandesgericht fortgesetzt. Es geht um drei Vorfälle in Wien im Sommer 2020. Nachdem sich die Beschuldigten am Montag "nicht schuldig" bekannt, weitere Aussagen verweigert hatten und die Ermittler des Verfassungsschutzes befragt worden waren, wurden am zweiten Prozesstag die mutmaßlichen Opfer in den Zeugenstand gerufen.

Am Vormittag drehte sich alles um den 7. März 2020. An dem Tag war eine Gruppe Identitärer auf dem Weg zu einer von ihnen angemeldeten Kundgebung vor der griechischen Botschaft. Wenige Tage zuvor waren einige von ihnen noch selbst in Griechenland gewesen, um dort "die Grenzen zu schützen". Auf dem Weg vorbei an einer Kundgebung der Sozialistischen Jugend (SJ) am Karlsplatz wollen die Rechtsextremisten von mehreren Vermummten tätlich angegriffen worden sein. Den Beschuldigten werden in diesem Fall die Sprengung einer Veranstaltung und Körperverletzung vorgeworfen.

Unterschiedliche Darstellungen

Die mutmaßlichen Opfer, darunter Identitären-Chef Martin Sellner, und die Verteidigung stellen den Vorfall naturgemäß unterschiedlich dar. Der erste Zeuge, ein Wiener Bauunternehmer, der die Identitären finanziell unterstützt, gab an, es sei ihm ein Lautsprecher gestohlen worden. Als er ihn vom Stand der SJ habe zurückholen wollen, hätten ihn "40 Gewalttäter" attackiert. Es sei ihm mit einem Mikrofon auf den Kopf geschlagen worden, und er habe eine Sehnenverletzung am Bizeps erlitten. Das Springermesser, das er dabeihatte, welches er der Polizei in den ersten Befragungen verheimlichte, habe er nur mitgehabt, weil er davor mit seinen Enkeln im Wald gewesen sei. Sellner und ein weiterer Zeuge sprachen von sieben bis zehn vermummten Angreifern. Verletzt worden seien sie nicht.

Verteidiger Matej Zenz sprach bereits am ersten Prozesstag davon, dass sich die Identitären "lediglich ein paar Watschen eingefangen" hätten. Auf jedem Zeltfest gehe es ärger zu. Bemängelt wurde auch, dass die mutmaßlichen Täter anhand von Kleidungsstücken wie schwarzen Jacken mit North-Face-Logo oder Kappen identifiziert wurden. Durchaus gängige Kleidungsstücke in der Antifa-Szene, so das Argument. Die Verteidigung hob außerdem das aus ihrer Sicht "völlig überzogene" Ermittlungsverfahren hervor. Dieses wurde nämlich unter anderem nach dem Paragrafen 278 Strafgesetzbuch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung geführt. Zur Anklage kam der Vorwurf dann aber nicht. Für die Verteidiger ein Indiz, dass der "Mafiaparagraf" nur bemüht wurde, um weitreichendere Ermittlungen zu ermöglichen.

Am Nachmittag wurden weitere Identitäre zu den anderen mutmaßlichen Angriffen befragt. Einer von ihnen gab an, beim Bundesheer beschäftigt zu sein. Der Prozess wird am 27. Juni fortgesetzt. (Johannes Pucher, 27.4.2022)