Klaviervirtuosin Yuja Wang legte sagenhafte zehn Zugaben nach.

Foto: Jerzy Bin

Dass Yuja Wang zu den virtuosesten des Klavierfachs zählt, ist bekannt, je fingerbrecherischer, desto – offenbar – besser. Die 35-jährige Chinesin und Wahl-New-Yorkerin stürzt sich im Konzerthaus nach knapper Verbeugung auf Arnold Schönbergs Suite op. 25, quasi als Aufwärmübung für die Beethoven-Sonate op. 31 Nr. 3 in Es-Dur. Die wird zum kontraststarken Parforceritt mit bisher ungehörten Akzenten und Verrenkungen.

Der Saal tobte

Rambazamba gab es auch bei den beiden Ligeti-Etüden Automne àVarsovie und L’escalier du diable, die mit ihren obsessiv repetitiven Strukturen, rasenden Tonkaskaden und donnernden Akkorden wie geschaffen sind für Wang. Nach der Pause brachte sie den Großen Saal mit Skrjabins Klaviersonate Nr. 3 in fis-Moll zum Beben; kurzes Aufatmen gab es glücklicherweise in den wehmütigen, zärtlichen Passagen, jenseits von vierfachem Fortissimo ... Mehr mediterrane Leichtigkeit hätte natürlich Isaac Albéniz’ Málaga vertragen.

Umso lässiger und mit viel Swing gestaltete die souveräne Technikerin Nikolai Kapustins Jazz-Preludes Nr. 11 und 10. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch lange nicht genug: Wang legte sagenhafte zehn Zugaben nach: darunter Philip Glass’ Etude Nr. 6, ein irres Arrangement der Ouvertüre aus Bachs zweiter Orchestersuite von Cyprien Katsaris oder die Bearbeitung von Glucks traumwandlerischem Melos des Orfeo. Der Saal tobte. (Miriam Damev, 29.4.2022)