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Ralf Rangnick übernimmt das ÖFB-Team. Er soll dafür sorgen, dass im Nationalteam wieder gelacht werden kann. Nach Siegen.

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Peter Schöttel (links) und Gerhard Milletich sind stolz.

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Wien – Am Freitag, 12.45 Uhr, wurde es offiziell: Der 63-jährige Ralf Rangnick ist österreichischer Fußballteamchef. Das Präsidium des österreichischen Fußballbundes stimmte dem Vorschlag von Boss Gerhard Milletich einstimmig zu. Milletich seinerseits hatte ja Sportdirektor Peter Schöttel beauftragt, den Nachfolger von Franco Foda zu suchen. Dass er Rangnick gefunden hat, kam ein wenig überraschend. Als Favoriten galten bis zuletzt Peter Stöger und Vladimir Petkovic. Stöger kommentierte dürr: "Viel Glück, guter Trainer."

Milletich saß also auf dem Podium im Konferenzsaal des Hotels Courtyard Marriott, es liegt im zweiten Wiener Bezirk, in unmittelbarer Nähe des Happel-Stadions. Flankiert wurde er von Schöttel und ÖFB-Wirtschaftsgeschäftsführer Bernhard Neuhold, das Trio grinste wie das berühmte Honigkuchenpferd. Der Präsident sagte staatstragend: "Wir freuen uns sehr, dass wir mit Rangnick einen herausragenden Experten im internationalen Fußball als Teamchef gewinnen konnten. Wir sind alle davon überzeugt, dass er der ideale Mann ist und mit seinen Visionen das Nationalteam und den ÖFB voranbringen wird." Milletich lobte Schöttel über den grünen Klee. "Eine sehr professionelle Arbeit."

Vorfreude

Rangnik selbst war nicht anwesend, der Deutsche ist derzeit Interimscoach bei Manchester United, er bleibt offenbar in beratender Funktion weiterhin für die Engländer tätig – sechs Tage im Monat. Folgendes Statement wurde übermittelt: "Es ist eine Ehre für mich, die Aufgabe als Teamchef zu übernehmen. Mit großer Vorfreude erfüllt mich insbesondere die Aussicht, mit einer jungen, erfolgshungrigen Mannschaft die EM in Deutschland zu bestreiten." Allerdings muss man sich für die Endrunde 2024 zunächst einmal qualifizieren. Rangnick nimmt Lars Kornetka als Assistenztrainer mit, Jürgen Säumel und Robert Almer bleiben im Stab.

Die letzte Runde der Premier League steigt am 22. Mai. Österreichs Nationalteam ist ab 3. Juni in der Nations League engagiert, binnen zehn Tagen steigen vier Partien (in Kroatien, in Wien gegen Dänemark und Frankreich, in Dänemark). Rangnick wird am 29. Mai in Bad Tatzmannsdorf die Vorbereitung aufnehmen.

Am Donnerstagabend, nach dem 1:1 von Manchester United gegen Chelsea, sagte er zu englischen Journalisten: "Ich werde definitiv in meiner beratenden Funktion bleiben. Das würde Raum für einen anderen Job lassen."

Der Raum wird also mit Österreich gefüllt. Ein Teilzeitteamchef ist ein Novum, aber für den den ÖFB akzeptabel – und finanziell stemmbar. Neuhold versicherte, dass Rangnick weniger als einst Marcel Koller kostet. Beim Schweizer wurde ein Jahresgehalt von 1,4 Millionen Euro kolportiert. "Wir haben ihn mit anderen Mitteln überzeugt." Zum Beispiel mit Charme. Der Kontrakt ist bis 2024 abgeschlossen, sollte die EM erreicht werden, folgen zwei weitere Jahre bis zur WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko. Es ist also ein Langzeitprojekt. Rangnick darf sich einen Privatsponsor suchen, allerdings nicht Red Bull, das wäre ein Konkurrent zum ÖFB-Partner Coca Cola. Ein Wohnsitz in Österreich ist nicht vorgeschrieben.

Telefonnummer

Schöttel schilderte den Entscheidungsprozess. Rangnick stand gar nicht auf der Kandidatenliste, trotzdem hat er sich von Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund die Telefonnummer beschafft. "Anfangs waren es lose Gespräche, aber es hat ihn dann extrem gereizt und begeistert. Ich war selbst überrascht, eigentlich war es undenkbar." Donnerstagmittag wurde die Sache besiegelt, es ist ein verbindlicher Vorvertrag, man musste ja die Zustimmung des Präsidiums abwarten. Ob Manchester United auf Beratung überhaupt Wert legt, ist Rangnicks Problem.

Ursprünglich strebte Schöttel "eine österreichische Lösung" an. "Aber es ist anders gekommen. Rangnick ist der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt." Der Sportdirektor ist dem Deutschen nicht vorgesetzt. "Ich will, dass er sich alles anschaut. Jetzt müssen wir den ersten Lehrgang gut bestreiten, aber in Zukunft wäre ich dumm, würde ich auf seine Expertise verzichten." Ob das Team nun ganz auf Red-Bull-Pressing getrimmt wird und sich dadurch Änderungen an der Kaderzusammenstellung ergeben werden, ließ Schöttel offen. "Grundsätzlich sollen die Besten auf dem Platz sein. Rangnick will, dass wir uns für Endrunden qualifizieren und dort eine Rolle spielen." Zur Beruhigung: WM- oder EM-Titel erwartet er keine. (Christian Hackl, 29.4.2022)