Foto: IKG/Schmidl

Wien – Für ihre Gedenk- und Vermittlungsarbeit als Direktorin des Mauthausen Memorial wurde Barbara Glück am Donnerstagabend die Marietta-und-Friedrich-Torberg-Medaille verliehen. Mit der Medaille werden Menschen geehrt, die sich besonders gegen Antisemitismus, Rassismus, ein Wiederaufleben des Nationalsozialismus und für Demokratie einsetzen.

In ihrer Laudatio lobte die stellvertretende STANDARD-Chefredakteurin Petra Stuiber, wie Glück die Gedenkstätte seit dem Beginn ihrer Tätigkeit zu einem zeitgemäßen Begegnungsort um- und ausbaute und mit ihrer ruhigen, bestimmter Art Menschen überzeuge. Dabei sorge Glück mit ihrer Arbeit immer wieder dafür, dass sich jeder Besucher und jede Besucherin auch die Fragen stellen müsse, was Mauthausen und die Geisteshaltung, die den Holocaust möglich gemacht hatte, mit einem selbst zu tun habe.

"Was ist positiver, inkludierender, selbstbewusster Patriotismus – und wo beginnt schädlicher, ausgrenzender Nationalismus? Wenn ich diesen Unterschied nicht verstehe, hat Mauthausen sehr viel mit mir zu tun", so Stuiber.

Israelischer Außenminister gratulierte

Die Ehrung fand im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde statt. Vor der Laudatio gratulierte der israelische Außenminister Yair Lapid Glück mittels Videobotschaft als Überraschungsredner. Lapids Großvater war 1945 im Mauthausen-Außenlager Ebensee einen Tag vor der Befreiung ermordet worden. Stuiber wies auch auf die rege internationale Vernetzung und Anerkennung Glücks hin.

Die Historikerin Glück sagte, die Auszeichnung sei für ihr gesamtes Team eine große Anerkennung ihrer Gedenk- und Vermittlungsarbeit. "Die Verleihung empfinde ich nicht nur als persönliche Wertschätzung, sie gibt mir und uns auch Motivation für unser weiteres ambitioniertes Wirken in der Zukunft."

Währinger Kulturgutrettung

Für ihr beharrliches Engagement bekamen auch Jennifer Kickert und Günther Havranek vom Verein "Rettet den Jüdischen Friedhof Währing" die Medaille vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch verliehen. Der Friedhof im 18. Bezirk wurde 1784 angelegt. 1911 fand auf ihm die letzte Beerdigung statt.

Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof in Währing.
Foto: Colette Schmidt

Er ist ein ein unvergleichbares Kulturgut der Stadt Wien, auf dem viele bedeutende Wiener Jüdinnen und Juden wie etwa Fanny von Arnstein oder Mitglieder der Familie Ephrussi bestattet wurden. In der NS-Zeit wurde der Friedhof enteignet und zum Großteil zerstört, danach war er Jahrzehnte dem Verfall preisgegeben. Ein Verfall, dem weder Kickert noch Havranek zusehen wollten.

Tauben und Politiker

Lieber ein Politiker auf Besuch als eine Taube auf dem Dach: So könnte man das Motto Havraneks zusammenfassen, der in seiner Dankesrede auch die zahlreich erschienenen Regierungsmitglieder wie Bundeskanzler Karl Nehammer, Außenminister Alexander Schallenberg und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, aber auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (alle ÖVP) direkt ansprach.

Seit Gründung des Vereins 2017 mussten schon fast alle Politiker und Politikerinnen den Friedhof besuchen, um die Aufmerksamkeit und Unterstützer anzulocken. Wenn eine Taube in einer Dachrinne liege, komme die Feuerwehr, sagte Havranek, er aber könne nicht auf Tauben warten und hole daher Politiker, deren Anwesenheit zwar nicht die Feuerwehr, aber die Öffentlichkeit und Medien anlocke.

Kickert, die schon im Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus ein Gedenkprojekt für die einst blühende jüdische Vorstadtgemeinde im 15. Bezirk initiiert hatte, beschloss schon bei ihrem ersten Besuch des Geländes, dass die wunderschönen historischen Grabsteine gerettet werden müssten. Sie legte eigenhändig mit der Gartenschere los. Mittlerweile gibt es seit Jahren regelmäßig Führungen und Freiwilligentage, wo man helfen kann. Aber auch das Bundesheer hat schon viele Stunden auf dem Friedhof verbracht, der nun erstmals vom Unterholz befreit ist. Seit 2020 fördert der Bund die Instandhaltung auch finanziell. (cms, 29.4.2022)