Richard Schmitt behauptete auf Twitter zu seiner Story auf Oe24.at, Journalisten "Spiegel" und "SZ" hätten das Ibiza-Video gekauft. Nach Klagen bieten Schmitt und Fellner-Portal einen Widerruf an.

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Wien – Richard Schmitt, inzwischen Chefredakteur der Plattform "Exxpress", und "Oe24.at" aus der Fellner-Gruppe haben eingelenkt: Für eine Verhandlung am Montag haben sie angeboten, ihre Behauptungen über die Ibiza-Aufdecker von "Spiegel" und "Süddeutscher Zeitung" zu widerrufen und zu unterlassen. Was widerrufen sie? Schmitt hatte noch als Chefredakteur von "Oe24.at" geschrieben, die deutschen Medien oder ihre Mitarbeiter hätten für das Ibiza-Video bezahlt.

Exekutionsanträge

Bezahlt hat – für diese Behauptung – nach STANDARD-Infos schon Richard Schmitt: Einen Tweet über seine Oe24.at-Story über die angebliche Bezahlung ließ er zunächst auch nach einer Einstweiligen Verfügung auf Twitter stehen. Die Verfügung ging, als außerordentlicher Revisionsrekurs, bis zum Obersten Gerichtshof, "Spiegel" und "Süddeutsche" bekamen Recht. Und stellten gegen Schmitts Tweet schließlich zur Durchsetzung auch Exekutionsanträge, die ins Geld gehen können.

Diese Exekutionsanträge gegen Schmitts Tweet kommentiert Rechtsanwalt Sascha Jung, Partner bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte Deloitte Legal, auf STANDARD-Anfrage nicht. Aber er bestätigt den Stand des Verfahrens, in dem er "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" vertritt.

Verkaufsversuche und "Abnahme"

"In Österreich wollte niemand das Video kaufen", zitierte Schmitt im November 2019 auf Oe24.at einen nicht genannten Ermittler. "Über dunkle Kanäle erfuhren dann die Journalisten der 'Süddeutschen Zeitung' und des 'Spiegels' von dem Strache-Gudenus-Video und nahmen der Bande das Material ab." Auf Twitter bewarb Schmitt die Story mit "Die Journalisten der @sz und des @derspiegel haben sich beim Kauf des Ibiza-Videos offenbar mit Berufskriminellen eingelassen ..."

Anwalt Jung: "Die Beklagten meinten ernsthaft, dass den Artikel nicht die Behauptung zu entnehmen sei, 'Spiegel' und 'SZ' hätten für das Ibiza Video Geld bezahlt. Dem gaben die Gerichte im Rahmen des Provisorialverfahrens durch die Bank eine eindeutige Abfuhr und nun im Hauptverfahren kommt drei Werktage vor der Verhandlung, in der alle Zeugen einvernommen worden wären, das Vergleichsangebot, das inhaltlich aber einem vollständigen Obsiegen von 'Spiegel' und 'SZ' entspricht.

Prominente Zeugen von "Spiegel" und – früher – "SZ"

Für Montag war eine Reihe von Zeugen beantragt – etwa die Oe24-Manager Wolfgang Fellner und Niki Fellner, Ibiza-Detektiv Julian H., den Anwalt Ramin M. , den zu Ibiza-Dreh und H. ermittelnden Betreiber der "EU-Infothek", Gert Schmidt, und die Aufdeckerjournalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier, die noch für bei der "Süddeutschen" das Ibiza-Video recherchierten und veröffentlichten und heute für den "Spiegel" schreiben, sowie Martin Knobbe und Wolf Wiedmann-Schmidt vom "Spiegel".

Nach einem Vergleichsangebot von Schmitt, vertreten vom Wiener Medienanwalt Niki Haas (künftigen für die FPÖ im Stiftungsrat im ORF), sowie oe24.at, vertreten von Peter Zöchbauer Medienanwälte, sind alle Zeugen wieder ausgeladen.

"Spiegel" und "Süddeutsche" hatten nach der Behauptung, sie hätten für das Ibiza-Video bezahlt, wettbewerbsrechtlich wegen Herabsetzung geklagt. Wenn Beklagte anbieten, die Forderungen in Form eines Vergleichs zu erfüllen, müsse man diesen Vergleich annehmen, erklärt Rechtsanwalt Jung. Der Vergleich soll am Montag vor Gericht geschlossen werden, er ist dann wie ein Gerichtsurteil exekutierbar.

"Massives Rechtsschutzdefizit"

Diese Pflicht zur Annahme des Vergleichs kritisiert Jung im Gespräch mit dem STANDARD scharf: "Das ist die Rechtslage, aber meines Erachtens ein massives Rechtsschutzdefizit in Österreich. Denn nach außen suggeriert ein Vergleich, dass beide Seiten nachgegeben hätten. Das entspricht aber – wie dieser Fall zeigt – nicht den Tatsachen."

Schmitt und "Oe24.at" versichern in ihrem Vergleichsangebot, den Widerruf der Behauptung auf der Startseite des Fellner-Portals verlinkt sowie auf dem Twitter-Account von Richard Schmitt zu veröffentlichen. (fid, 1.5.2022)