Foto: Alexander Danner

"Frieden, Neutralität und Gerechtigkeit" schrieb sich die Grazer KPÖ für den 1. Mai auf ihr Banner. Vieles war dabei wie immer. Hunderte sammelten sich bei Nieselregen um 10 Uhr auf dem Südtiroler Platz neben dem Kunsthaus am rechten Murufer, wo einst die Arbeiterviertel von Graz angesiedelt waren. Dann zog man wie jedes Jahr über die Mur zum Hauptplatz, wo man wie jedes Jahr an der Abschlusskundgebung der SPÖ, die eine halbe Stunde früher startete, vorbeizog und schließlich nach einem Marsch durch die Herrengasse der Abschlussrede lauschte.

Der Demozug der Kommunistinnen und Kommunisten kurz nach dem Start auf der Erzherzog-Johann-Brücke.
Foto: Prassl/KPÖ

Eines war heuer völlig neu: Der Marsch von laut Partei rund 800 Menschen wurde von einer Bürgermeisterin angeführt. Elke Kahr, seit 17. November Grazer Stadtoberhaupt, ging dem Demozug eine Fahne mit Friedenstaube schwenkend voran.

Gleich dahinter kam als erster Block die Kommunistische Jugend (KJÖ) mit einem Transparent, auf dem zu lesen stand "Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten".

Der langjährige Grazer KPÖ-Stadtrat vor der Kommunistischen Jugend (KJÖ) in der Herrengasse.
Foto: Colette Schmidt

Weiter hinten der Bund demokratischer Frauen und ein Pflegeblock mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsbereichs. Wie immer marschierten auch die Grazer Kurden mit der KPÖ mit.

Bei der SPÖ teilte sich der Grazer Parteichef Michael Ehmann, der mit KPÖ und Grünen in einer Koalition ist, unter anderem mit Vizelandeshauptmann Anton Lang, Landesrätin Doris Kampus, Landtagsklubobmann Hannes Schwarz und EU-Parlamentarierin Bettina Vollath die erste Reihe. Laut Partei waren mit ihnen 500 unterwegs.

Der laut Polizei "deutlich kleinere" Marsch der SPÖ startete wie jedes Jahr etwas früher als jener der KPÖ.
Foto: Mayerhofer/SPÖ

Die Polizei schätzte auf STANDARD-Nachfrage den Zug der SPÖ auf 200 bis 300, jenen der KPÖ auf 400 bis 500 Demonstrierende. Es gab keine Zwischenfälle.

Pflegestadtrat Krotzer kritisiert Aufrüstung

Die Grazer Bürgermeisterin zog mehr Medien in die steirische Landeshauptstadt, als dies früher am Tag der Arbeit der Fall war. Bei der Abschlusskundgebung ließ sie aber dem Pflegestadtrat Robert Krotzer den Vortritt, der die Situation von Pflegeberufen und Kleinkindpädagoginnen auch besonders hervorstrich.

Foto: Prassl/KPÖ

"Was ist es für eine Verhöhnung für das Pflegepersonal, für Kindergartenpädagog:innen, für Mieterinnen und Mieter, wenn ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner plötzlich sechs Milliarden Euro – von heute auf morgen – für militärische Aufrüstung aus dem Hut zaubert, während wir immer von fehlenden Geldern für soziale Maßnahmen gehört haben? Jeder Euro, der jetzt zusätzlich in die Rüstung fließt, wird uns bitter fehlen, wenn es um Soziales, Gesundheit, Pflege oder Bildung geht", sagte Krotzer. "Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist durch nichts zu rechtfertigen und ist von der KPÖ in aller Deutlichkeit verurteilt worden", betonte Krotzer, doch in der Aufrüstung witterten vor allem "Rüstungskonzerne, Waffenlobbyisten oder gewisse Politiker ihre Chance, dass Milliarden an Steuergeld in den Ankauf neuer Waffensysteme umgelenkt werden".

Auch auf klassenkämpferische Töne wurde nicht vergessen: Wenn Männer wie Dietrich Mateschitz oder Elon Musk behaupteten, sie seien durch Arbeit reich geworden, so Krotzer, stimme das, jedoch "nicht durch ihre eigene Arbeit, sondern durch die Arbeit der Produktionsarbeiter:innen, der Verkäufer:innen, der Lkw-Fahrer:innen und so fort. Ohne sie würde sich kein Rad drehen, das hat uns ja spätestens die Corona-Krise vor Augen geführt."

Den Sieg der Grazer KPÖ bei der Wahl im September 2021 bezeichnete Krotzer als Sieg, der zeige, dass man "Menschen in alltäglicher Solidarität und Hilfe zusammenbringt" und "dass man sich gegen Ungerechtigkeiten wehren kann und sich nicht alles gefallen lassen muss".

Nach dem Marsch lud die KPÖ zum Fest ins Volkshaus, zu internationalem Essen und Auftritten der Musikerlegende Harri Stojka mit seinem Hot Swing Trio sowie der antifaschistischen Band Los Fastidios aus Verona. (Colette M. Schmidt, 1.5.2022)