Irgendwie fährt doch noch immer ein mulmiges Gefühl mit, wenn man elektrisch auf vier Rädern unterwegs ist, insbesondere auf längeren Strecken. Die Reichweitenangaben so mancher Stromer waren bisher alles andere als zuverlässig. Geht es hart auf hart, weiß man sich zu Hause zu helfen – im Sinne von irgendwo anklopfen und fragen, ob man das Auto vielleicht kurz aufladen kann. Aber im Ausland?

Der Mercedes-Benz EQB, das Missing Link zwischen EQA und EQC, ist ein Raumwunder. Ist nicht gerade eine Schnellladestation in der Nähe, kann es mit dem Aufladen dauern.
Foto: Stockinger

Wir riskierten es trotzdem und machten uns mit dem Mercedes EQB von Wien spontan auf nach Budapest. Gut, etwas Recherchearbeit haben wir vor Betätigen des Startknopfs doch getan. Gibt es Schnellladestationen in Ungarn? Das war so eine Frage, die wir vor Abfahrt beantwortet haben wollten.

Und tatsächlich, es gibt welche, wenn auch spärlicher gesät als bei uns. In Bábolna etwa, gut 100 km vor Budapest. Dort hat Ionity, ein Joint Venture von Mercedes, BMW, Ford, Hyundai und dem Volkswagenkonzern, bei der gleichnamigen OMV-Autobahntankstation vier Schnellladesäulen in Betrieb.

Foto: Stockinger

Also los. Der Mercedes EQB 350, den wir testen durften, ruht auf derselben Plattform wie der GLB. Die Reichweite wird mit etwas mehr als 400 km angegeben. Und ja, die Batterie hält, was der Hersteller verspricht. Wir schafften knapp 400 km: von Wien in einem Zug nach Budapest, dort das Victor-Vasarely-Museum besucht (eine Empfehlung, wer OpArt schätzt) und noch einiges mehr. Dann hinaus aus der Stadt nach Bábolna und – zugegeben – mit zunehmend stärkerer Anspannung zum Schnellladen an die Säule. 366 zurückgelegte Kilometer weist die Anzeige aus. Verbleibende Reichweite: 27 Kilometer. Uff!!

Kabelsalat.
Foto: Stockinger

Gleiten statt hetzen

Den Rechercheaufwand bezüglich Lademöglichkeiten hätten wir uns aber sparen können. Mit wenigen Fingerübungen lassen sich am Display Ladestationen aufrufen, wahlweise in der Umgebung, am Zielort oder entlang der Route. Man kann eine Station als Zwischenziel speichern und ansteuern.

Grafik: Der Standard

Und wie fährt es sich mit dem EQB? Angenehm entspannt. Ledersitze mit gutem Seitenhalt, hochwertige Materialien, immens viel Platz und gute Rundumsicht animieren zum Genussfahren. Wobei – der EQB mit Allradantrieb kann auch anders. In 6,2 Sekunden beschleunigt der Wagen von null auf 100 km/h. Die Motoren, einer vorne, einer hinten, schaffen zusammen 215 kW, das sind 292 PS.

Klar und übersichtlich das Cockpit, angenehm die Sitze.
Foto: Stockinger

Wie alle Elektroautos von Mercedes hat auch der EQB die automatische Rekuperation. Über Schaltwippen lässt sich die Bremsenergierückgewinnung mehrstufig regulieren. Die Sitzeinstellung ist – ebenfalls Mercedes-typisch – in die Seitentüren integriert. Platz gibt es mehr als genug, sofern man die aufklappbaren zwei Sitze in der dritten Reihe ungenutzt lässt. Sollen aber doch sieben statt nur fünf Personen mit, verkleinert sich der Kofferraum entsprechend. Angenehm und ästhetisch schön ist die Ambientebeleuchtung innen, wir wählten blau.

Schade, dass es kein Staufach für das Ladekabel gibt; wegen der verbauten Batterien fehlt, anders als beim GLB, der doppelte Boden im Kofferraum. Das Laden bei Ionity war übrigens kostenlos – wegen der vielen Flüchtenden aus der Ukraine. (Günther Strobl, 3.5.2022)