Viel zu tun: Unternehmen suchen nach Mitarbeitern

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Angesichts der Umfragen könnte leicht der Eindruck entstehen, die Regierung macht etwas fundamental falsch. Die jüngsten Befragungen zeigen, dass die Regierungsparteien ÖVP und Grüne schwach dastehen, laut STANDARD-Umfrage vom vergangenen Wochenende kämen die Koalitionsparteien, wenn jetzt Wahlen wären, gemeinsam auf gerade einmal 35 Prozent der Stimmen.

Mit der wirtschaftlichen Entwicklung lassen sich diese miserablen Werte allerdings nicht erklären. Österreich erholt sich zwar von der Pandemie etwas langsamer als die übrigen EU-Staaten. Doch das Wirtschaftswachstum bleibt weiter robust und der Arbeitsmarkt brummt geradezu. Die Folgen des Krieges in der Ukraine sind zumindest aus den neuesten, am Montag veröffentlichten Zahlen nicht abzulesen. So sind derzeit 327.000 Menschen als arbeitslos oder in Schulung gemeldet. Das ist der niedrigste absolute Wert seit zehn Jahren, 2012 waren diese Daten zuletzt etwas besser. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 6,1 Prozent. Zuletzt gab es einen so niedrigen Aprilwert im Jahr 2008. Auch unter Einrechnung der Schulungsteilnehmer ergibt sich ein ähnliches Bild: Diese erweiterte Arbeitslosenquote ist ebenfalls auf dem tiefsten Wert seit 2008.

Etwas eingetrübt werden die guten Werte auch durch die Kurzarbeit. Rund 52.000 Anträge für Kurzarbeit wurden im April gestellt, Tendenz zuletzt etwas steigend. Wie viele Menschen wirklich in Kurzarbeit waren, lässt sich allerdings erst mit Verzögerung feststellen, wenn die tatsächlichen Abrechnungen erfolgen. Zuletzt war etwa ein Drittel bis die Hälfte der angemeldeten Menschen in Kurzarbeit. Aber selbst diese Einschränkung trübt die solide Gesamtperformance am Arbeitsmarkt nicht wesentlich ein.

Die Erholung von den Folgen der Pandemie ist zur Überraschung vieler Expertinnen und Experten rasch passiert. Noch im April vor einem Jahr gab es um 100.000 Arbeitslose mehr. Nach der Wirtschaftskrise 2008 war der Rückgang der Arbeitslosigkeit deutlich langsamer. Warum geht es jetzt schneller?

Weniger Junge rücken nach

Arbeitsmarktexperten wie Helmut Mahringer vom Forschungsinstitut Wifo sehen mehrere Ursachen: Die Krise war diesmal durch einen externen Schock, die Pandemie, bedingt. Mit dem Rückgang der Infektionszahlen und dem Ende der Corona-Maßnahmen setzte eine schnelle Erholung ein, auch in der angeschlagenen Gastronomie und Hotellerie. Die mildere Omikron-Variante hat den Trend verstärkt.

Dazu kommt aber noch ein anderer Faktor: die Demografie. So ist die Zahl der jungen Menschen, die am Arbeitsmarkt nachrücken, niedriger als in den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise. Dafür wechseln immer mehr Menschen aus der Generation der Babyboomer in die Pension. Und: Die Zuwanderung in den österreichischen Jobmarkt ist etwas geringer als vor zehn Jahren. Diese Veränderungen führen dazu, dass die Arbeitslosigkeit schneller abgebaut werden konnte.

Das Vorkrisenniveau überschritten hat auch die Beschäftigung: Laut jüngsten Daten aus dem März waren knapp 3,9 Millionen Menschen in Österreich unselbstständig beschäftigt. Das sind um rund 100.000 Menschen mehr als im gleichen Zeitraum vor der Pandemie. Die Beschäftigung in Österreich ist vor Corona bereits kontinuierlich gestiegen, und dieser Trend geht weiter.

Etwas anders verhält es sich allerdings mit den gearbeiteten Stunden. Obwohl die Arbeitslosigkeit niedriger ist und die Zahl der Beschäftigten höher, wird derzeit insgesamt weniger gearbeitet als vor der Krise. Im Jahr 2021 sammelten die Beschäftigten 5,86 Milliarden Arbeitsstunden an, im Jahr vor der Pandemie waren es 6,1 Milliarden. Woran liegt das? Einerseits dürften aktuell mehr Menschen Teilzeit arbeiten. Dazu kommt laut dem Ökonomen Mahringer, dass die Kurzarbeit sich noch auswirkt: Menschen in Kurzarbeit sind beschäftigt, leisten aber weniger Stunden ab. Die Zahl der gearbeiteten Stunden dürfte erst 2023 über dem Vorkrisenniveau steigen.

Die Zahl der beim AMS gemeldeten offenen Stellen lag im April bei fast 129.000, das sind um 47.000 mehr als vor einem Jahr. Offene Jobs gibt es deutlich mehr, weil viele Firmen nicht via AMS suchen. (András Szigetvari, 3.5.2022)