Der Apartment-Vermittler Airbnb will seine Mitarbeitenden auch nach dem Ende der Pandemie nicht zurück ins Büro zwingen. Die letzten beiden Jahre seien die produktivsten in der Unternehmensgeschichte gewesen, schrieb Mitgründer und Chef Brian Chesky auf Twitter. Die Mitarbeitenden werden deshalb dauerhaft entscheiden können, von wo aus sie arbeiten wollen.

Neben der freien Wahl des Arbeitsorts sollen die Beschäftigten innerhalb eines Land überall hinziehen können, ohne dass sich ihr Gehalt verändert. Das macht vor allem für die US-Mitarbeitenden einen deutlichen Unterschied: Das Leben in San Francisco, wo Airbnb seine Zentrale hat, und im benachbarten Silicon Valley ist außerordentlich teuer. Viele Beschäftigte nutzten deshalb die Homeoffice-Regelungen in der Pandemie, um in günstigere Gegenden der USA zu ziehen. Manche Arbeitgeber wollten dann die Einkommen entsprechend reduzieren.

Dauerhaft in ein anderes Land zu ziehen sei hingegen komplexer – und Airbnb werde dies heuer noch nicht unterstützen können, schrieb Chesky. Die Beschäftigten können stattdessen künftig für jeweils 90 Tage im Jahr aus 170 Ländern arbeiten. Sie bräuchten dabei aber weiterhin eine ständige Wohnadresse unter anderem für Steuerfragen. Von dieser Regelung ausgenommen sei nur eine geringe Anzahl an Beschäftigten mit Aufgaben, die nur vor Ort erledigt werden können. Ganz ohne das Büro geht es aber auch für die anderen Mitarbeitenden nicht: Zumindest einmal im Quartal sollen die Beschäftigten für eine Woche dort zusammenkommen.

Der Airbnb-Chef zeigt sich überzeugt, dass diese Arbeitsweise in den nächsten zehn Jahren dominieren werde. Wie sieht das in Österreich aus? Welche dieser Regelungen lassen sich umsetzen, und wo stößt Remote Work an seine Grenzen? Wir haben bei Jana Eichmeyer, Arbeitsrechtsexpertin bei Eisenberger Herzog, nachgefragt.

Arbeitet jemand an anderen Orten als dem Betrieb oder der Wohnung, zum Beispiel in einem Kaffeehaus oder Park, handelt es sich um Mobile Working.
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Frage: Wie ist Remote Work derzeit in Österreich geregelt?

Antwort: Unter Remote Work bzw. Telearbeit fallen sowohl die Arbeit im Homeoffice als auch das sogenannte Mobile Working. Unter Homeoffice wird die regelmäßige Erbringung der Arbeitsleistung in der Wohnung der Beschäftigten verstanden – aber auch ein Zweitwohnsitz oder die Wohnung einer Partnerin oder eines Partners fallen darunter. Im Gegensatz dazu definiert das seit etwa einem Jahr gültige Homeoffice-Gesetz das Mobile Working nicht. Die Abgrenzung leitet man daher aus einem Umkehrschluss ab, erklärt Arbeitsrechtsexpertin Eichmeyer: Arbeitet jemand an anderen Orten als dem Betrieb oder der Wohnung, zum Beispiel in einem Coworking-Space oder an einem anderen öffentlichen Ort wie einem Kaffeehaus oder Park, handelt es sich um Mobile Working. Wird Homeoffice vereinbart, so sind die gesetzlichen Regelungen zwingend zu beachten: Der Arbeitgeber ist dann unter anderem zur Bereitstellung von Arbeitsmitteln verpflichtet. Bei Mobile Working sind die gesetzlichen Sonderbestimmungen hingegen nicht zwingend, auch ein Kostenersatz für die Nutzung privater Arbeitsmittel kann vertraglich ausgeschlossen werden.

Ob das von Airbnb geplante Modell als Homeoffice oder Mobile Working qualifiziert wird, ist laut Eichmeyer abhängig von der gelebten Praxis. Das Recht, von zu Hause aus oder im Büro zu arbeiten, würde in Österreich unter Homeoffice fallen. Das Recht, für jeweils 90 Tage im Jahr aus 170 Ländern zu arbeiten, würde als Mobile Working qualifiziert werden.

Frage: Können Unternehmen Beschäftigte frei wählen lassen, ob sie im Büro oder im Homeoffice arbeiten?

Antwort: Ja, ein gesetzliches Mindest- oder Höchstausmaß für die Arbeit im Homeoffice gibt es nicht. Eine freie Wahl zwischen Büro und den eigenen vier Wänden sei daher auch in Österreich rechtlich umsetzbar, sagt Eichmeyer. Wollen Beschäftigte und Unternehmen aber auch von den steuerlichen Erleichterungen im Homeoffice profitieren, muss dies unter den gesetzlichen Bestimmungen vereinbart werden. Ist die Vereinbarung völlig offen und ohne Fixierung des Homeoffice-Orts, wäre eine steuerliche Begünstigung laut der Arbeitsrechtsexpertin nicht möglich.

Frage: Wie sieht es mit Gehaltskürzungen aus, wenn Beschäftigte innerhalb eines Landes umziehen und künftig von einem anderen Ort aus arbeiten?

Antwort: Der Wohnort der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers kann – bei Homeoffice – auch Anknüpfungspunkt für rechtliche Anpassungen sein. Wird der Wohnsitz innerhalb von Österreich gewechselt, passiert grundsätzlich nichts. Liegt dann aber der Firmenstandort weit weg, könnten für den Betrieb zusätzliche Kosten bei der Anreise der Beschäftigten an den Arbeitsplatz entstehen, zum Beispiel Spesen für Anfahrt oder Übernachtung. Da die Einführung von Homeoffice und Mobile Working immer einer Vereinbarung bedarf, könnten laut Eichmeyer im Rahmen dieser auch Gehaltskürzungen beschlossen werden.

Frage: Beschäftigte bei Airbnb können künftig für jeweils 90 Tage im Jahr aus 170 Ländern arbeiten. Wäre das auch für Arbeitende aus Österreich möglich?

Antwort: Grundsätzlich lautet die Antwort Ja. Wird der Wohnsitz – zumindest teilweise – ins Ausland verlegt, stellen sich aber laut der Arbeitsrechtsexpertin einige rechtliche Fragen für das Unternehmen. Homeoffice im Ausland ist derzeit weder gesetzlich noch kollektivvertraglich geregelt. Grundsätzlich gelten weiterhin die bestehenden Arbeitsbedingungen. Für Beschäftigte können aber unter Umständen auch die für sie günstigeren Regelungen angewandt werden. "Ein Beispiel dafür ist die Anwendung des besseren deutschen Arbeitsrechts, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter von Berlin aus arbeitet", sagt Eichmeyer. Darüber hinaus sollten Arbeitgeber vorab prüfen, ob für die Tätigkeit im Ausland bestimmte Bewilligungen notwendig oder Meldepflichten zu beachten sind. Halten sich Beschäftigte länger als 183 Tage in einem anderen Land auf, kann sogar das Besteuerungsrecht auf das andere Land übergehen. In der Praxis werden Arbeitgeber wohl vorerst Abstand davon nehmen, ihre Beschäftigten von überall aus arbeiten zu lassen.

Frage: Können Unternehmen die Beschäftigten für einen bestimmten Zeitraum ins Büro zurückholen?

Antwort: Diese Regelung ist auch in Österreich umsetzbar und kann in die jeweilige Vereinbarung aufgenommen werden, sagt Eichmeyer. In der Praxis wird derzeit meist ein bestimmter Wochentag vereinbart, an dem alle Teammitglieder im Büro sein müssen. An diesen Tagen können Jour-fixes, Teamlunches oder Ähnliches abgehalten werden. Das könne insbesondere aus dem Blickwinkel des Teambuildings sinnvoll sein. (Anika Dang, 3.5.2022)