Erst ab 70 Jahren zeigt sich eine Tendenz zu höherer Anfälligkeit für Fake News.

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Covid-Impfungen sind unwirksam, 5G-Mobilfunk verursacht Krebs, in der Ukraine regieren Neonazis – zu jedem Ereignis und jeder Neuerung lässt sich ein verschwörerisches Narrativ finden, wenn man nur danach sucht. Das wäre überschaubar problematisch, wären Fake News nicht mittlerweile auch eine Waffe in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung, deren Wirksamkeit über das Internet amplifiziert werden kann.

Eine gängige Annahme ist dabei, dass ältere Menschen öfter Desinformation auf den Leim gehen als jüngere. Auf den ersten Blick erscheint das auch schlüssig, denn sie haben häufig weniger Erfahrung mit Onlinemedien und sozialen Netzwerken. Doch so einfach ist es nicht, zeigt nun eine Untersuchung der University of Florida.

Keine Unterschiede bei U70

Sie hat die Medienkompetenz von Personen zwischen 61 und 87 Jahren auf die Probe gestellt und mit jenen von Hochschulbesuchern verglichen. Bei der zwischen Mai und Oktober 2020 durchgeführten Studie mussten Probanden unter anderem zwölf Artikel zur Corona-Pandemie und anderen Themen lesen. Die Hälfte davon war faktisch korrekt, die andere erfunden.

Nach dem Lesen mussten verschiedene Fragen beantwortet werden. Darunter auch danach, ob der jeweilige Text korrekte Information abbildet oder Fake News war und wie sicher sie sich in ihrer Einschätzung waren. Die Forscher maßen auch die analytischen Denkfähigkeiten, die emotionale Erregbarkeit (affect) und die Häufigkeit des Nachrichtenkonsums der Teilnehmer.

Bei der Unterscheidung zwischen wahr und falsch lagen die Jungen und die Erwachsenen bis 70 Jahre auf einem vergleichbaren Level. Hier hing die individuelle Performance weniger vom Alter, sondern vor allem von den Skills im analytischen Denken ab. Beide Gruppen schnitten bei Covid-Fake-News schlechter ab als bei anderen Themen. Das könnte laut den Forschern darauf zurückzuführen sein, dass die Pandemie damals gerade erst begonnen hatte und die Probanden dementsprechend wenig Erfahrung mit dem Thema hatten.

Nachlassende Verarbeitungs-Skills

Für Senioren ab 70 Jahren zeigt sich allerdings ein anderes Bild, fasst Science Daily zusammen. Hier stellten die Forscher fest, dass die Fähigkeit zum Erkennen von Fake News mit ansteigendem Alter nachließ – und zwar unabhängig vom Thema eines Textes. Auch hier wurde jedoch ein Zusammenhang zu Nachrichtenkonsum, Emotionalität und analytischen Fertigkeiten festgestellt.

Menschen ab 70 mit ausgeprägterer positiver Emotionalität, die regelmäßig Nachrichten konsumierten, betrieben am ehesten "seichte Informationsverarbeitung". Unter anderem ließ die Genauigkeit beim Lesen nach, und Details wurden zunehmend außer Acht gelassen.

Die Forscher stufen diese Alterskohorte dementsprechend als Gruppe mit hohem Risiko ein, die potenziell dazu neigt, falsche Entscheidungen für sich oder die Gesellschaft zu treffen. Denn in höherem Alter nehmen die kognitiven Fähigkeiten zunehmend ab, was sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr mit Wissen über das Weltgeschehen und wachsender Lebenserfahrung kompensieren lässt.

Die Wissenschafter hoffen, dass ihre Erkenntnisse dazu beitragen, Nachrichtenkommunikation für verschiedene Altersgruppen zu verbessern und damit auch Desinformation einzudämmen. Das Paper zu ihrer Arbeit haben sie im Journal of Experimental Psychology veröffentlicht. (gpi, 3.5.2022)