Die Temperaturen dürften noch weiter steigen.

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38 Grad Celsius maß das Thermometer am Dienstagnachmittag in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Ende der Woche soll es noch heißer werden: 43 Grad im Schatten sagen die Meteorologen voraus. Für den indischen Subkontinent – auch im benachbarten Pakistan ist es außergewöhnlich heiß – wird die so frühe Hitzewelle 2022 zu einem immer größeren Problem. Um des gestiegenen Energiebedarfs, etwa für Klimaanlagen, Herr zu werden, erließ die Regierung erstmals eine Importpflicht für Kohle, die auch private Unternehmen umfasst. 19 Millionen Tonnen des Brennstoffs müssen bis Ende Juni ins Land gekarrt werden, heißt es. Zu Stromausfällen kam es bereits in mehreren Bundesstaaten.

Nach fünf Rekordernten in Folge könnte nun in Indien auch der Weizen knapp werden: Die erwartete Getreidemenge dürfte um sechs Prozent unter den Erwartungen zu liegen kommen – angesichts der aufgrund des Ukraine-Kriegs ohnehin hohen Weizenpreise keine gute Perspektive.

Bedingt durch den Klimawandel erleben mehrere Weltregionen nie dagewesene Hitzerekorde. Die Gefahr von Hungersnöten steigt, warnen die Vereinten Nationen
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25 Tote gemeldet

Allein im westlichen Bundesstaat Maharashtra hat die Hitzewelle mehr als als zwei Dutzend Menschen das Leben gekostet. Seit Ende März würden 25 Todesfälle auf Hitzschlag zurückgeführt, sagte ein Sprecher des Bundesstaats, in dem auch die Metropole Mumbai liegt. So viele Tote in Folge von Hitze habe seit mehr als fünf Jahren nicht gegeben. Die meisten Opfer seien in ländlichen Gegenden zu beklagen.

Vor allem der Norden Indiens leidet unter einer Rekordhitze: Der März war der heißeste seit 122 Jahren. In der Hauptstadt Neu-Delhi, die ebenfalls im Norden liegt, ist der Strombedarf in diesem Monat um satte 42 Prozent gestiegen. Fachleute warnen, dass eine Milliarde Menschen die Auswirkungen der Hitzewelle gesundheitlich zu spüren bekommen würden – und dass der so frühe Beginn des Sommers nur ein Vorzeichen jener Katastrophe sein dürfte, die mit dem veränderten Klima einhergeht.

Kühlendes Nass: dringend gesucht.
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"Die Temperaturen steigen schnell in unserem Land, und sie steigen viel früher als üblich", erklärte Ministerpräsident Narendra Modi vergangene Woche. Auch der ansonsten für sein mildes Klima bekannte Bergstaat Himachal Pradesh ist von dem Temperaturanstieg betroffen.

Klima verändert sich

Zwar rühre die aktuelle Hitzewelle von mehreren zusammengekommenen atmosphärischen Faktoren her, etwa zu geringem Niederschlag in der Vor-Monsun-Zeit, abseits der kurzfristigen Erklärung orten Fachleute aber die immer akuter werdende Klimakatastrophe. Roxy Mathew Koll etwa, ein Klimawissenschafter am Institut für tropische Meteorologie im westindischen Pune, sieht sein Land im Auge des Sturms, was die globale Erwärmung betrifft: "Dies ist der Hauptgrund für die immer häufigeren Hitzewellen", sagte der Forscher dem britischen Sender BBC. Extreme Hitze, wie die die Einwohnerinnen und Einwohner etwa von Delhi im Moment erleiden, dürfte künftig nicht mehr die Ausnahme sein, sondern die Regel. (flon, 3.5.2022)