David Murray kommt im Trio.

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Salzburg – In einem Jazzclub, den Individualisten wie der Pianist Abdullah Ibrahim und der Saxofonist Charles Lloyd beehren, ergeben sich wohl öfters musikalische Glanzmomente. Bisweilen, so der künstlerische Leiter Andreas Neumayer, ereignet sich jedoch Rätselhaftes, und einmal betraf es Altmeister Pharoah Sanders. Kaum hatte er im Jazzit die Bühne betreten und ein paar Noten gespielt, verschwand er wieder, während die Band weitergroovte.

Neumayer überkam Sorge. Er fand den Saxofonisten backstage, jedoch in keinem dramatischen Zustand. Sanders stand vor dem Spiegel und spielte einfach vor sich hin. Nach dem Hinweis, draußen warte seine Combo auf ihn, ging er folgsam zurück, und es wurde noch ein gutes Konzert, ohne dass der Grund seines Bühnenabgangs je geklärt wurde.

Jazz in der Kirche

Ob Sanders wusste, dass er im Keller eines einstigen KPÖ-Volksheims spielte? Ebendort hatte der Club, der als Reihe "Jazz im Theater" im Keller einer Kirche begann, eine neue Bleibe gefunden. Das war 2002, und so feiert das Jazzit (der Name ist die Verkürzung von "Jazz im Theater") dieser Tage seinen 20. Geburtstag. Der Ganzjahresbetrieb für Jazz, Weltmusik, Elektronik, internationale wie lokale Szene blickt dabei auf etwa 4000 Veranstaltungen mit an die 420.000 Besucher und Besucherinnen zurück.

Die Corona-Zeit? War mühsam. "Wir konnten in dieser Zeit zum Glück dank unseres steten Engagements hin auch zu lokalen Künstler und Künstlerinnen darauf zurückgreifen und kompensieren… In dieser Zeit hat sich übrigens gezeigt, dass unsere lokalen MusikerInnen dem internationalen Getöse um nichts nachstehen! Wir bleiben optimistisch und hoffen darauf, dass dieser Spuk ein Ende findet."

Das Album

Der Unterschied zum Wiener Jazzclub Porgy & Bess: "Nun in erster Linie unterscheiden wir uns darin, dass wir in Salzburg sind – der einzige Jazzclub im Land Salzburg, der ganzjährig einen Schwerpunkt auf Jazz und improvisierte Musik legt. Und das nun schon seit 20 Jahren.

Als musikalisches Erinnerungsalbum ist auch eine Doppelvinylscheibe herausgekommen, auf der u. a. das Jazzit Stage Orchestra mit einem "Hausfreund" – dem Weltsaxofonisten Dave Murray – zu hören ist. Murray, in dessen Spiel die ganze Jazzgeschichte zwischen Gospel und Free Jazz Feste feiert, kommt im Trio mit dem Bassisten Brad Jones und dem Schlagzeuger Hamid Drake. Das Gastspiel ist nur zu logisch, das Trio entstand im Jazzit. "Die drei haben sich bei uns kennengelernt", so Neumayer, der mit dem Jazzit auch das Festival Take The A-Train veranstaltet – quasi als Septemberkind des Clubs.

Auch Metheny kam

Noch skurrile Geschichten wie jene oben mit Meister Sanders? "Ach in den 20 Jahren gab es natürlich so einiges. Speziell Cecil Taylor haben wir tatsächlich – wie auch das Porgy – zwei Mal angekündigt und dann ist er leider doch nicht erschienen… Was allerdings eine Ausnahme darstellt. Andere große Namen hatten wir ebenfalls im Programm, die dann nicht nur erschienen sind, sondern sogar gleich ein zweites Mal gekommen sind, da es ihnen so gut gefallen hat. Pat Metheny zum Beispiel, bei dessen zweiten Besuch wir sogar eine Weltpremiere hatten, die Besetzung hatte sich geändert." (Ljubisa Tosic, 4.5.2022)