Youtube geht schon länger gegen problematische Inhalte vor, dennoch finden sich noch viele davon auf der Plattform.

Foto: Patrick Semansky

Erleichtern Onlineplattformen den Konsum potenziell schädlicher Inhalte? Diese Frage beantworteten US-Forscher in einer aktuellen Studie, in der die in diesem Zusammenhang oft zitierte Videoplattform Youtube untersucht wurde. Youtube wurde in den letzten Jahren immer wieder vorgeworfen, dank seines Empfehlungssystems die Nutzer in sogenannte Rabbit-Holes zu schicken, in denen immer mehr extremistische Videos ausgespielt würden. Dadurch komme es zu einer starken Radikalisierung von Menschen, lautete der Forschungsstand, den zahlreiche Medien und Experten über die Jahre weitertrugen. In der neuen Studie kann diese Behauptung allerdings nicht untermauert werden.

Starke Persönlichkeiten

Die Radikalisierung, so die Studie, funktioniere vor allem bei Menschen mit zuvor schon frauenfeindlichem oder rassistischem Weltbild. Diese Minderheit suche sich gezielt "alternative und extremistische Kanäle", die sie dann abonniere und konsumiere. Diese Kanäle seien allerdings meist dieser suchenden Minderheit vorbehalten und tauchten kaum in den diversen Empfehlungslisten anderer Nutzer auf, ist in der Studie zu lesen. Damit sei der Algorithmus der Plattform nicht mehr, wie früher behauptet, der Treiber für Radikalisierung auf der Plattform.

Ähnliche Ergebnisse wurden auch schon in anderen Studien erzielt, die auch die Erfolgsformel einzelner Kanäle analysierten. So sei eine starke Persönlichkeit, die mit ihren Videos ein Gefühl von Nähe und Vertrautheit vermittle, ein starker Magnet für viele Menschen, die alternative Videos im Netz suchen. Diese Mischung aus einem starken Ansprechpartner und Inhalten, denen man nicht abgeneigt ist, mache das neue Publikum anfällig für reaktionäres Gedankengut, ist etwa in einer Studie aus dem Jahr 2021 nachzulesen.

Der Ausgangspunkt, um in solche Netzwerke zu gelangen, sei aber immer noch Youtube, sind sich die Forscher einig. Wie "Netzpolitik.org" im März 2021 berichtete, haben laut einer deutschen Studie die drei populärsten desinformativen Videos auf der Plattform insgesamt rund zehn Millionen Aufrufe – und das trotz der Tatsache, dass Youtube diese Videos kaum empfohlen hatte. Die einfach zu bedienende Infrastruktur und die Popularität der Plattform führten in jedem Fall dazu, dass man noch immer viel zu leicht an extremistische Kanäle gelange.

Besserung in Sicht

"Jegliche Inhalte, die zu Gewalt anstiften oder Hass gegen bestimmte Gruppen oder Menschen schüren, verstoßen gegen unsere Richtlinien zu Hassrede", ist auf der Website von Youtube zu lesen. Man arbeite daran, Nutzer vor extremistischen Inhalten zu schützen. Inhalte, die gegen die Richtlinien des Konzerns verstoßen, würden entfernt.

Tatsächlich hat Youtube vor drei Jahren eine Änderung am Empfehlungssystem vorgenommen, wodurch laut dem US-Konzern weniger "grenzwertige" Inhalte konsumiert werden. Als grenzwertig bezeichnet Youtube Inhalte, die zwar keine illegalen Inhalte verbreiten, aber dennoch nicht als empfehlenswert eingestuft werden.

Die US-Studie nimmt Youtube dennoch nicht aus der Verantwortung, auch wenn die Annahmen, wie Radikalisierung auf solchen Plattformen ablaufe, bisher wohl ein Missverständnis waren. Natürlich könne man nicht jedes Detail des Algorithmus nachweisen, das Verhalten, das als Rabbit-Hole bezeichnet wird, konnte in der Studie jedoch kaum nachgewiesen werden. "Unsere Ergebnisse machen aber klar, dass Youtube weiterhin eine Plattform für alternative und extremistische Inhalte ist, die vulnerablen Zielgruppen sehr einfach zur Verfügung gestellt werden." (aam, 4.5.2022)