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Noch sind wir nicht gut genug auf zukünftige Pandemien vorbereitet, sagt Bill Gates.

Foto: Jeff J Mitchell/Pool Photo via AP

Erst vor wenigen Tagen ließ eine Meldung wenig Gutes erahnen: In den nächsten 50 Jahren werden tausende neue Viren zwischen Tieren und wahrscheinlich auch viele von Tieren auf Menschen übertragen werden, schrieben Forscherinnen und Forscher in einer Studie, die in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht wurde.

Ursache dafür sei unter anderem der Klimawandel, der Tiere in immer neue Regionen treibe, um zu überleben, und dadurch den Austausch von Krankheitserregern zwischen Tieren ermögliche, die nie zuvor miteinander in Berührung gekommen seien. Laut den Forschenden hätten zumindest 10.000 Viren, von denen die meisten bisher nur in Wildtieren zirkulierten, das Potenzial, auch auf den Menschen übertragen zu werden. Durch die Erderwärmung bestehe die Gefahr, dass bald eine neue Pandemie – ähnlich wie die aktuelle Corona-Pandemie – ausbreche.

Bessere Überwachung

Auch deshalb arbeiten einige Wissenschafter und Organisationen bereits fieberhaft an Möglichkeiten, neuen Pandemien rechtzeitig zuvorzukommen. Die Ansätze reichen von besseren Umweltschutzmaßnahmen, vor allem um eine weitere Abholzung verhindern, über eine genauere Kontrolle des Wildtierhandels bis hin zu einer besseren Überwachung von Krankheitserregern in Tierpopulationen.

Auch der Microsoft-Gründer und Philanthrop Bill Gates glaubt, dass Covid-19 nicht die letzte Pandemie bleiben wird, sofern wir uns nicht besser vorbereiten. In Zukunft brauche es ein globales, 3000 Personen umfassendes Einsatzteam aus Datenwissenschafterinnen, Epidemiologen, Logistikexpertinnen, Kommunikationswissenschaftern und Diplomatinnen, die eine mögliche neue Pandemie frühzeitig erkennen und darauf reagieren, sagte Gates kürzlich bei einer Ted-Talk-Veranstaltung – eine Maßnahme, die er auch in seinem neuen Buch "How to Prevent the Next Pandemic" beschreibt.

Fokus auf Ukraine-Krieg

Denn momentan gebe es bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lediglich zehn Personen, die sich dort Vollzeit mit der Vorbereitung auf potenzielle neue Pandemien beschäftigen, und selbst diese Personen seien laufend mit anderen Tätigkeiten beschäftigt. Angesichts des Krieges in der Ukraine könnten viele Länder den Fokus auf die Gesundheitskrise und die Pandemie verlieren, die nach wie vor nicht vorbei seien.

Laut Gates Idee sollte das globale Einsatzteam, das er GERM-Team nennt (für "global epidemic response and mobilization") und das uns auf zukünftige Pandemien besser vorbereiten soll, von der WHO geleitet werden. Die dortigen Mitarbeiter sollen nicht nur Gefahrenorte für das Auftreten neuer Krankheitserreger ausmachen, sondern auch die Reaktion der Staaten darauf besser koordinieren.

Vergleichsweise geringe Kosten

Ein solches internationales Einsatzteam würde laut Gates rund eine Milliarde Dollar im Jahr kosten und sollte vor allem von den reicheren Staaten dieser Welt finanziert werden. Im Vergleich dazu, welchen Schaden die aktuelle Pandemie weltweit angerichtet hat, sei dieser finanzielle Aufwand allerdings ziemlich gering, so Gates.

Das Team würde ähnlich wie die Feuerwehr operieren. Gibt es zu bestimmten Zeiten keine akuten Bedrohungen durch neue Viren, sollen sich die Mitarbeiter in der Zwischenzeit auf die Eindämmung anderer Infektionskrankheiten konzentrieren. Gebe es tatsächlich einen Hinweis auf einen lokalen Ausbruch, solle das GERM-Team möglichst rasch den neuen Krankheitserreger identifizieren und lokale Gesundheitsbehörden bei Vorbereitungsmaßnahmen unterstützen, so Gates.

Erste hundert Tage

Weil sich Viren meist exponentiell verbreiten, seien die ersten hundert Tage in der Bekämpfung der Schlüssel, um diese einzudämmen. Wären Regierungen in der Lage gewesen, die Ausbreitung von Covid-19 nach hundert Tagen zu stoppen, hätten 98 Prozent aller Todesfälle verhindert werden können, sagt der Philanthrop. Künftig soll ein Ausbruch verhindert werden, bevor es überhaupt eine globale Impfkampagne braucht.

Noch steht allerdings nicht fest, wie die Idee des GERM-Teams im Detail umgesetzt werden könnte und ob westliche Staaten, China und andere bereit wären, sich daran finanziell zu beteiligen und auch Informationen mit den beteiligten Forschenden zu teilen – gerade in einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen einigen Ländern etwa aufgrund des Ukraine-Kriegs besonders angespannt sind.

Gates setzte sich indes auch für eine höhere finanzielle Beteiligung der Staaten für die WHO generell ein. In den vergangenen Jahren stammten rund fünfzehn Prozent der Finanzierung der WHO von der Bill and Melinda Gates Foundation. (jp, 4.5.2022)