Einst dienten Treppelwege dazu, Schiffe von Pferden flussaufwärts ziehen zu lassen. Statt auf vier Hufen bewegt man sich heute meist auf zwei Reifen entlang der Ufer.

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Flüsse und Mobilität sind seit jeher eng miteinander verwoben. Waren sie früher elementare Transportrouten für Güter und Waren aller Art, verwandeln sie sich heute zusehends in zentrale Elemente der Freizeitgestaltung. Insbesondere Freundinnen und Freunde des Radsports schätzen die Radwege, die etwa an den Ufern der Donau verlaufen.

Doch nicht nur Sportbegeisterte sind auf diesen Uferwegen anzutreffen, auch Forschende zieht es an die Ränder des Stroms. Drei Wochen entlang der Donau unterwegs – das klingt nach attraktiver Freizeitbeschäftigung. Forscherinnen und Forscher des Austrian Institute of Technology (AIT) erledigten damit aber heuer im Frühjahr "Arbeit im Feld". Denn sie vermaßen dabei mit neuen Methoden die Donautreppelwege.

Relikte neu beleben

Treppelwege sind Relikte aus Zeiten, in denen Schiffe noch mit Pferden flussaufwärts gezogen wurden. Sie dienen Einsatzkräften aber heute noch als Zufahrt, wenn sich Schiffe in Not befinden. Entlang der Donau waren die Treppelwege bis in die 1980er-Jahre mit einem allgemeinen Fahrverbot belegt, wurden dann aber für das Fahrradfahren freigegeben. Heute nutzen die uferseitigen Donauwege in Österreich jährlich rund 800.000 Radfahrerinnen und Radfahrer für kürzere oder längere Ausflüge.

Der Erhaltung der Treppelwege mit einer Gesamtlänge von 500 Kilometern kommt deshalb große Bedeutung zu. In Österreich wird sie von Viadonau übernommen, einem Unternehmen des heutigen Klimaschutzministeriums, das nicht nur für die Entwicklung der Donau als Wasserstraße, sondern auch für deren Uferanlagen verantwortlich ist. Bislang nahmen Viadonau-Inspektorinnen und -Inspektoren die Treppelwege von Passau bis Hainburg in Augenschein.

Zwar setzte man dabei in den letzten Jahren bereits digitale Datenbanken ein. Die Einschätzung des Schadensausmaßes – von Unterschwemmungen, die den Asphalt absenken, über Frostschäden sowie Längs- und Querrisse bis hin zu Wurzelwuchs, der den Asphalt anhebt – blieb aber notgedrungen subjektiv. Eine Person beobachtete dabei von einem speziellen "Traktor" aus den Weg vor sich, eine zweite protokollierte händisch die Schäden. Verschiedene Kontrolleurinnen und Kontrolleure auf verschiedenen Streckenabschnitten lieferten so auch verschiedene Beurteilungen und empfahlen verschiedene Maßnahmen für die Instandhaltung. Eine unbefriedigende Situation, entschied Viadonau.

Laser eruiert Schäden

Nach einer internationalen Ausschreibung wurde das AIT engagiert, das mittels Lasertechnologie objektive Daten über den Zustand der asphaltierten Treppelwege – mehr als 300 Kilometer – erfassen sollte. Heuer im Frühjahr wurde mit einem modifizierten "Roadlab" – einem mit Laserscanner und Kamera ausgestatteten Fahrzeug – daher jeder Zentimeter der asphaltierten Treppelwege erstmals per Laser abgetastet. Die dabei erfassten Datenpunkte werden zudem noch über ein Satellitennavigationssystem verortet.

"Diesen Teil der Arbeit könnten auch Vermessungsbüros liefern", sagt Christoph Konzel von Viadonau. Entscheidend für den Erfolg des AIT als Forschungsinstitut als Bestbieter im Vergabeverfahren war die spezielle Software, mit der die umfassenden Daten aus dem Roadlab ausgewertet und benutzerfreundlich visualisiert werden können. "Die Ebenheits- und Schadensbewertung wird automatisiert und KI-gestützt durchgeführt", sagt Anna Huditz vom AIT.

Schulnoten für Treppelwege

So wurden die einzelnen Wegabschnitte auf eine Weise in ein Programm eingespielt, dass sie durch eine KI nach einem vordefinierten Schulnotensystem bewertet und die Oberflächen nach dem Ampelsystem grün, gelb oder rot eingefärbt werden konnten. "Die Schadensbewertungen sind daher auf objektiver Grundlage und reproduzierbar", sagt Huditz.

Für Viadonau ergibt sich daraus die Möglichkeit einer "predictive maintenance". "Wir haben so eine feinkörnige Datengrundlage, auf der wir unsere Instandhaltung mit begrenztem Budget effizient planen können", sagt Konzel. Dabei werden die Scans mit dem Roadlab jährlich wiederholt, um die Datenbank auf dem aktuellen Stand zu halten.

Virtuelle Begehung

Erfahrungen will man dabei auch mit der Feinkörnigkeit der Schadensbewertungen sammeln und gegebenenfalls nachjustieren "Uns geht es hier vor allem um die praxisrelevante Anwendbarkeit", so Konzel. Ein weiteres Asset der Fahrten mit dem Roadlab: So wie bei Google Street View wurde vom AIT ein 360-Grad-Kamerasystem eingesetzt. Damit steht Viadonau erstmals eine lückenlose Bilddokumentation der Treppelwegumgebung von Passau bis Hainburg zur Verfügung. Für die Streckenkontrolle kann das eine immense Zeitersparnis darstellen.

Denn immer wieder ergibt sich etwa aufgrund von Anfragen, Vorfällen oder Projekten die Notwendigkeit eines Lokalaugenscheins. "Mit der Street-View-Datenbank kann man auf den Strecken so eine erste Begehung virtuell durchführen", sagt Konzel. Und wie sieht es nun mit den Schäden am Donauradweg aus? Insgesamt attestiert Huditz nach ersten Datenauswertungen den Treppelwegen einen "1a-Zustand". Der Radsommer kann kommen. (Norbert Regitnig-Tillian, 11.5.2022)