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Die Fed hebt den Schlüsselsatz um einen halben Prozentpunkt an.

Foto: Reuters

Sie sorgt für politischen Sprengstoff und lastet schwer auf den Gemütern der Bürger und Bürgerinnen in den USA. In den Meinungsumfragen rangiert die Inflation schon länger auf Platz eins der Sorgen der Amerikaner. Zwei Drittel geben an, dass sie oder ihre Familie Schwierigkeiten oder gar Härten hinnehmen müssen.

Nun reagiert die US-Notenbank Federal Reserve rigide – und hebt den Leitzins so stark an wie seit mehr als 22 Jahren nicht mehr. Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beschlossen am Mittwoch – einstimmig – eine Erhöhung um einen halben Prozentpunkt auf die neue Spanne von 0,75 bis 1,00 Prozent.

Aggressiver Schritt

Ein aggressiver Schritt, der nicht ganz überraschend kommt. Tatsächlich sind die heftigen Preissteigerungen beim täglichen Einkauf oder beim Tanken auch in der größten Volkswirtschaft der Welt nicht zu übersehen. Um 8,5 Prozent sind die Preise im März gegenüber Februar hochgeschnellt – der stärkste Sprung seit 40 Jahren. Ganz oben auf der Teuerungswelle, mit einem Plus von fast 50 Prozent: die Treibstoffpreise. Das schmerzt die Menschen ganz besonders, sind doch viele von ihnen auf das Auto angewiesen. Zudem sind die Bürger moderate Preise gewöhnt.

Nicht nur der Umstand, dass die Kaufkraft der Verbraucher leidet halten viele für gefährlich. Als veritable Bedrohung gilt vielen Experten auch eine mögliche Lohn-Preisspirale. Auch die Corona-Lockdowns in China dürften für neue Probleme der globalen Lieferketten sorgen, was sich auf Inflation und Wachstum auswirken könnte. Der Zentralbankrat sei jedenfalls sehr auf die Inflationsrisiken fokussiert, hieß es am Mittwoch.

Unter Zugzwang

Kein Zweifel: Die Fed stand und steht immer noch unter Zugzwang, die Zügel weiter kräftig anzuziehen. Eine Erhöhung des Leitzinses um einen halben Punkt lag laut Powell "auf dem Tisch." Es ist eine ungewöhnlich große Straffung, wie sie es zuletzt im Mai 2000 gegeben hat. Vereinzelt war sogar ein Dreiviertel-Prozentpunkt erwartet worden, nachdem die Notenbank die Zinswende im März mit einer Erhöhung um einen Viertel Prozentpunkt eingeleitet hatte.

Für die kommenden Monate erwarten so manche ein wahres Feuerwerk an Erhöhungen, staccatoartig könnten weitere Zinsschritte kommen. Schon auf der nächsten Sitzung am 15. Juni könnte die Fed den Leitzins erneut um 50 Basispunkte erhöhen. Bis Ende dieses Jahres rechnen Beobachter mit einem Leitzins von 2 oder knapp über 2 Prozent. All das bleibt auch ein Balanceakt: Erhöhungen des Leitzinses verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum.

Aufgeblähte Bilanz wird eingedampft

Trotz eines Einbruchs des Wachstums zu Jahresbeginn dürfte aber auch ein breiter Konsens darüber herrschen, dass das Wachstum robust genug ist, dass die Fed auch den Abbau ihrer in der Corona-Pandemie durch Anleihenkäufe massiv aufgeblähten Bilanz angehen kann. Die auf fast neun Billionen Dollar angeschwollene Fed-Bilanz soll ab Juni schrittweise eingedampft werden. Pro Monat sollen dann jeweils auslaufende Anlagen im Wert von insgesamt 47,5 Milliarden US-Dollar (45 Milliarden Euro) nicht erneuert werden, wie die Zentralbank ankündigte. Bis September soll die monatliche Summe demnach auf 95 Milliarden Dollar ansteigen. Damit wird den Finanzmärkten Liquidität entzogen.

Satte Kursrally

Aussagen Jerome Powells nach der heutigen Zinssitzung entfachten an der Wall Street am Mittwoch am Ende eine satte Kursrally. Powell sagt, dass noch kräftigere Zinsschritte bei den kommenden Meetings derzeit nicht in Erwägung gezogen werden.

Dies stützte neben den Aktienkursen an der Wall Street auch die Kurse amerikanischer Staatsanleihen, der Dollar rutschte hingegen etwas ab. Der Dow Jones Industrial schloss einem satten Plus von 2,81 Prozent. Zeitweise waren die Märkte vor der Zinssitzung deutlich unter Druck geraten. So fiel der Dow kurzzeitig auf den tiefsten Stand seit Beginn des Ukraine-Kriegs am 24. Februar.

Der marktbreite S&P-500 kletterte um 2,99 Prozent, der technologielastige Nasdaq Composite schoss um 3,19 Prozent in die Höhe. nachdem er zeitweise mit über einem Prozent im Minus tendiert hatte. Technologiefirmen sind angesichts ihrer eher höheren Verschuldung besonders anfällig für steigende Zinsen. (rebu, 4.5.2022)