63 Prozent der Österreicher kaufen online ein.

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Wien – Konsumenten müssen sich quer durchs Sortiment des Handels auf größere Lücken einstellen. "Es wird ab dem zweiten Halbjahr Lieferverzögerungen geben, die sich gewaschen haben", ist Harald Gutschi überzeugt. Der Chef des Onlinehändlers Unito Österreich mit Marken wie Otto, Universal und Quelle warnt vor einem toxischen Cocktail. Chinas Null-Covid-Politik zwingt hunderte Millionen Menschen in den Lockdown. 25 Prozent der Waren an den Häfen werden nicht verschifft.

Zugleich disponieren Händler in Europa vorsichtiger. Der Krieg in der Ukraine macht wenig Lust auf Konsum. Die starke Teuerung schwächt die Kaufkraft. Waren bisher vor allem technische Produkte knapp, so drohten künftig verstärkt Engpässe bei Möbeln und Textilien, sagt Gutschi. Auch wenn viele Lager derzeit noch gut gefüllt seien. "Lieferprobleme verschärfen sich weiter."

Hoher Preisdruck

Auch Rainer Trefelik sieht seine Branche vor großen Herausforderungen. Von echten Versorgungskrisen sei keine Rede. Da müsse man die Kirche schon im Dorf lassen, betont der Handelsobmann der Wirtschaftskammer. Der hohe Preisdruck ziehe sich jedoch wie ein roter Faden durch alle Sparten.

Die Unsicherheit infolge des Krieges überlagere die Erholung von der Pandemie. Seit Ende Februar gehe die Frequenz der Kunden zurück, ihre Ausgaben sinken. Auch vom Tourismus dürfe man sich nicht viel erhoffen. Trefelik erinnert an Gäste aus Asien, die Covid-bedingt wohl fernblieben. Viele Österreicher wiederum reisten heuer ins Ausland.

Sinkende Kaufkraft

Optimistisch stimmt ihn die abnehmende Dynamik im Onlinehandel. "Die große Revolution ist ausgeblieben." Acht von zehn Euro seien nach wie vor stationären Geschäften vorbehalten, was wichtig für die Innenstädte, das soziale Gefüge bis hin zur Ausbildung sei.

Der Anteil der Interneteinkäufer an der Bevölkerung sank 2021 in Österreich von 66 auf 63 Prozent. Diese gaben im Einzelhandel 8,9 Milliarden Euro aus, geht aus einer Eurostat-Datenauswertung des Instituts für Handel der Uni Linz hervor. Das ist nur unwesentlich mehr als 2020. Rund 3,3 Milliarden Euro davon blieben in Österreich. 5,6 Milliarden flossen ins Ausland.

Nachzieheffekte

Angesichts der schlechten Konsumstimmung revidierte der deutsche Handelsverband die Umsatzprognosen für E-Commerce um eine Milliarde Euro nach unten. Der wachstumsverwöhnte Onlineriese Zalando rutschte im ersten Quartal mit rückläufigen Umsätzen in die Verlustzone.

Gutschi hält es dennoch für eine Illusion, dass sich stationäre Geschäfte Marktanteile zurückholen. Diese erlebten nach den zahlreichen Lockdowns lediglich Nachzieheffekte. "Das Pendel wird aber wieder zurückschlagen." In China und Südkorea liege der Anteil des Internethandels mittlerweile bei 50 Prozent. Bis 2035 werde auch in Europa jeder zweite Euro online ausgegeben, ist sich der Versandhändler sicher. (Verena Kainrath, 5.5.2022)