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Gabriele Aicher ist seit 1.4.2021 Rechtsschutzbeauftragte der Justiz. Am 1.6. wird sie das Amt verlassen

Foto: Fabry/Presse/Picturedesk

Eines hat Gabriele Aicher jedenfalls geschafft: Einer Rechtsschutzbeauftragten der Justiz ist wohl noch nie so viel Aufmerksamkeit geschenkt worden wie ihr. Aber kaum jemand in dieser Position hat das Amt auch so rechtspolitisch angelegt wie Aicher. Schon in ihrem Antrittsinterview in der Presse kommentierte sie Rechtsfragen und kritisierte etwa, dass immer mehr Verfahren anhand von sogenannten Zufallsfunden geführt würden – also Verdachtsmomenten, die im Zuge anderer Ermittlungen aufkommen. Das ließ sich schon als Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) lesen, deren Vorgehen in der BVT-Affäre Aicher negativ hervorhob.

Ein Jahr später hat sich Aicher, wiederum per Interview in der Presse, aus der Justiz verabschiedet – und heftige Vorwürfe gegen die WKStA und Justizministerin Alma Zadić geäußert. Aicher sei "gewissen Informationen zufolge" auf einer Abschussliste der Antikorruptionsbehörde gestanden, behauptete sie. Gemobbt worden sei sie, hatte tags zuvor ihr Anwalt Manfred Ainedter gesagt.

Der "Irrtum" der WKStA

Er ist gewissermaßen der Stein des Anstoßes in der Affäre Aicher. Sie hatte nach den Hausdurchsuchungen in der Causa Beinschab eine Beschwerde verfasst, weil die WKStA bei ihr keine Ermächtigung eingeholt hatte, die Brüder Fellner zu peilen. Die sind aber Medienmacher, somit muss die Rechtsschutzbeauftragte befasst werden. In diesem Punkt gab Aicher auch das Oberlandesgericht (OLG) Wien recht – umgesetzt hatte die WKStA die Peilung aber nie, da ihr der "Irrtum" aufgefallen war.

Doch Aicher ging auch in der Beschwerde weit über ihr Aufgabengebiet hinaus und kritisierte die WKStA zum Beispiel für deren Aktenführung. Auf eine Klarstellung der WKStA, die Peilung sei nie erfolgt, reagierte sie mit einer eigenen Presseaussendung – und die war, wie DER STANDARD enthüllt hatte, von Ainedter mitverfasst. Dessen Kanzlei vertrat in genau jenem Verfahren einen prominenten Beschuldigten: den Kurz-Berater Gerald Fleischmann. Die Befassung von Ainedter sah Justizministerin Zadić als schiefe Optik an, sie rügte Aicher dafür. Die WKStA forderte gar, dass die Rechtsschutzbeauftragte sich nicht mehr mit Akten der Antikorruptionsbehörde befasse, sondern das einer Stellvertreterin überlasse. Auch vom OLG Wien setzte es eine durchaus harte Replik: Die angesprochenen Sachverhalte lägen außerhalb der "Kontrollbefugnis der Rechtsschutzbeauftragten", auf deren "zahlreiche Spekulationen" das Gericht nicht eingehen wolle.

"Ungeheuer erleichtert" sei Aicher jedenfalls, jetzt die Justiz zu verlassen. (fsc, 5.5.2022)