Was das Recht auf freie Meinung bedeutet

Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. So steht es im Artikel 11, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Das ist ein Katalog, in dem die Menschenrechte aufgeschrieben sind. Er besteht aus insgesamt 54 solcher Artikel. Meinungsfreiheit bedeutet zum Beispiel, dass jede Bürgerin und jeder Bürger in der EU die Regierung eines Landes kritisieren darf. Und zum Beispiel auch demonstrieren kann, wenn man mit einem Gesetz nicht zufrieden ist oder mit dem, was Politiker tun. Warum schreibt die EU so etwas auf? Weil es Länder gibt, in denen das nicht erlaubt ist. Menschen werden dann bestraft oder sogar eingesperrt, wenn sie dort die Regierung kritisieren. In Russland ist das zum Beispiel derzeit der Fall. Wer in der Öffentlichkeit sagt, dass der Krieg gegen die Ukraine falsch ist, kann eingesperrt werden. In Österreich, das ja ein Teil der EU ist, darf man seine Meinung frei äußern.

Darf man also alles sagen, was man will? Ganz so einfach ist das nicht. Denn die Meinungsfreiheit kann auch unter bestimmten Umständen eingeschränkt sein. Zum Beispiel, wenn es um den guten Ruf oder die Rechte anderer Personen geht. Wer also einen anderen Menschen im Internet übel beschimpft, kann sich damit strafbar machen. In einigen Ländern, auch Österreich, ist auch verboten, Zeichen aus dem Zweiten Weltkrieg zu verwenden. Man darf also kein T-Shirt mit einem Hakenkreuz, dem Symbol der Nationalsozialisten, tragen. Damit will man verhindern, dass Menschen öffentlich die Gräueltaten von damals verharmlosen oder sogar gut finden. Über die Meinungsfreiheit wird immer wieder heftig gestritten. Denn nicht alle Menschen finden, dass Meinungsfreiheit in bestimmten Fällen eingeschränkt werden sollte.

In Österreich darf man frei seine Meinung äußern und zum Beispiel gegen den Krieg in der Ukraine demonstrieren. In Russland ist das verboten.
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Wieso die Pressefreiheit für eine Demokratie so wichtig ist

Zur freien Meinungsäußerung gehört auch die Pressefreiheit. Darunter versteht man, dass Journalistinnen und Journalisten grundsätzlich über alles berichten können und ihre Meinung frei sagen oder schreiben dürfen. Niemand darf ihnen vorschreiben, über etwas nicht zu berichten. Wenn zum Beispiel eine Regierung bestimmt, dass Zeitungen nicht über den Krieg in der Ukraine schreiben dürfen, dann nennt man das Zensur. In russischen Medien dürfen Journalistinnen und Journalisten nicht so über den Krieg berichten, wie es zum Beispiel bei uns geschieht. Tun sie es doch, werden die entlassen, und ihnen drohen Strafen. Pressefreiheit ist in einer Demokratie sehr wichtig. Denn nur wenn sich Menschen umfassend informieren dürfen, können sie sich eine eigene Meinung bilden. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn man sich bei einer Wahl entscheiden muss, welcher Partei man seine Stimme gibt.

Genauso wie bei der freien Meinungsäußerung gibt es aber auch bei der Pressefreiheit gewisse Einschränkungen. Man darf zum Beispiel keine Lügen über andere Menschen oder Unternehmen verbreiten und sie auch nicht beleidigen. Natürlich kommt es manchmal vor, dass in der Zeitung, im Fernsehen oder Radio etwas behauptet wird, das nicht stimmt. Denn auch Journalisten passieren Fehler. In so einem Fall ist es üblich, dass man diesen Fehler dann richtigstellt. Die Pressefreiheit kann auch in Ländern mit freier Meinungsäußerung gefährdet sein. Denn manchmal versuchen sich Politiker oder Unternehmen in die Berichterstattung einzumischen. Die Aufgabe seriöser Medien ist es in so einem Fall, sich nicht unter Druck setzen zu lassen und weiterhin kritisch zu berichten. (Birgit Riegler, 8.5.2022)