Pensionierte Ärztinnen und Ärzte haben sich an den Verfassungsgerichtshof gewandt.

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Wien – Gegen die in den letzten Wochen abgehaltenen Ärztekammer-Wahlen in den Bundesländern liegen zwei Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof. Grund ist der Ausschluss von außerordentlichen Kammermitgliedern vom Wahlrecht. Bei den betroffenen Kammern in Oberösterreich und Niederösterreich gibt man sich allerdings entspannt.

Schlimmstenfalls könnte ein entsprechender VfGH-Entscheid zur Aufhebung der Landeskammerwahlen führen, meinte jedenfalls einer der Initiatoren der Klagen, Otto Pjeta, ehemals Präsident der oberösterreichischen und der Österreichischen Ärztekammer.

Pensionierte Ärzte wollen Wahlrecht

An den VfGH gewandt haben sich pensionierte Ärztinnen und Ärzte aus den Bundesländern Niederösterreich und Oberösterreich. Sie werden, wenn sie in der Pension alle ihre ärztlichen Tätigkeiten niederlegen, zu "außerordentlichen Mitgliedern" der Landesärztekammer – ohne Wahlrecht. Sie zahlen auch keine Beiträge mehr. In ihrer aktiven Zeit haben sie mit ihren monatlichen Beiträgen aber in die sogenannten Wohlfahrtskassen der Landesärztekammern eingezahlt – eine zusätzliche Altersvorsorge, die für die Freiberufler vorgesehen war, welche ehemals sonst keine Pensionsversicherung hatten. Mittlerweile ist das aber durch die ASVG-Pensionen längst nicht mehr die einzige Altersvorsorge. Wie es jährlich mit den Pensionen aus den Wohlfahrtskassen weitergeht, entscheiden nur die ordentlichen Mitglieder der Ärztekammern.

"Mehr als drei Viertel aller Ärztinnen und Ärzte, die eine Pension aus den Mitteln der Wohlfahrtskasse beziehen, sind in den Landesärztekammern nicht wahlberechtigt. Die Höhe der Pensionen und der Leistungskatalog der Wohlfahrtskasse werden nur von den ordentlichen Mitgliedern ohne Mitbestimmungsrecht der Ärztesenioren beschlossen", heißt es in einem Schreiben von österreichischen Ärztesenioren.

Laut Gerhard Weintögl, ehemals Präsident der niederösterreichischen Ärztekammer, wollen pensionierte Ärzte daran seit Jahren etwas ändern. Auch für die Ärztekammerwahlen 2022 wurden Initiativen gestartet. So versuchte man, die Wahlordnungen bzw. die Wählerlisten zu beeinspruchen. Das erfolgte in Niederösterreich, Oberösterreich und in Wien. "Die Wahlkommissionen, in der auch Vertreter der jeweiligen Landesregierung sitzen, lehnten diese Einsprüche zeitgerecht ab, die Wahlen fanden ohne außerordentliche Mitglieder auf den Wählerverzeichnissen statt", sagte Weintögl. Deshalb haben sich die Ärztesenioren in Nieder- und Oberösterreich mit je einem Kollegen an den VfGH gewandt. Sie verweisen auch auf ein Gutachten, wonach ein völliger Ausschluss der pensionierten Ärzte aus allen Möglichkeiten eines Mitbestimmungsrechtes in den ureigenen Anliegen (Wohlfahrtskassen/Wohlfahrtsfonds etc.) nicht der Verfassung entspreche.

Keine Gegendarstellung eingereicht

Gegendarstellungen der betroffenen Bundesländer (Niederösterreich und Oberösterreich) wurden beim VfGH nicht eingereicht. "Der Verfassungsgerichtshof teilt mit, dass die Wahlkommission für die Ärztekammerwahl in Oberösterreich die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen hat", heißt es in einem Schreiben des Höchstgerichts vom 19. April.

Bei den betroffenen Landesärztekammern sieht man die Angelegenheit offenbar entspannt. "Es stimmt, dass es ein diesbezügliches Verfahren gibt. Im Ärztegesetz ist geregelt, dass die eingesetzte Wahlkommission Entscheidungen zur Wahl trifft. Wir gehen davon aus, dass die Wahlkommission korrekt entschieden hat und werden einer Entscheidung des Verfassungsgerichts nicht vorgreifen", erklärte eine Sprecherin der niederösterreichischen Ärztekammer gegenüber der APA. Ähnlich sieht man das auch bei der oberösterreichischen Standesvertretung.

Eine Zuerkennung des Wahlrechts für die außerordentlichen Kammermitglieder hätte jedenfalls großen Einfluss auf die Kammerwahlen. In Niederösterreich sind 1.364 pensionierte Ärzte außerordentliche Mitglieder ihrer Standesvertretung, in Oberösterreich 1.238 Ärzte. Sie könnten bei zukünftigen Kammerwahlen ein erhebliches Gewicht bekommen. Immerhin gab es bei den vor kurzem abgelaufenen Wahlen in Niederösterreich 8.169 wahlberechtigte Ärzte, in Oberösterreich 6.618 Ärzte im Wählerverzeichnis. (APA, 7.5.2022)