Schaufensterpuppen und Meisterwerke der modernen Bildhauerei, zeigt Kurt Tutschek im Gastblog.

Zwei führende französische Unternehmen, die in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts Schaufensterpuppen herstellten, waren Pierre Imans und Siégel (später Siégel Stockman, eine Firma, die heute noch existiert). In den ersten beiden Jahrzehnten des Jahrhunderts stellten beide Firmen Schaufensterpuppen her, die überwiegend aus Wachs gefertigt waren, einem Material, das wegen seiner Fähigkeit, Haut zu simulieren, sehr geschätzt wurde. Der in den Niederlanden geborene Imans erwarb sich einen besonderen Ruf für seine ausgesprochen lebensechten und detailreichen Wachsfiguren.

Imans verstand sich nicht als Wachsmodellierer, sondern als Bildhauer, strich das Wort "Mannequin" aus seinem Werbewortschatz und bezeichnete seine Figuren einfach als 'Les Cires de Pierre Imans' (Die Wachsfiguren von Pierre Imans).

Ab den 1920er Jahren wurde eine Reihe neuer Materialien entwickelt, um leichtere und widerstandsfähigere Schaufensterpuppen herzustellen.

Für Imans handelte sich bei seinen Kreationen nicht um Schaufensterpuppen, sondern um "créations artistiques", um große Meisterwerke der modernen Bildhauerei.

Schaufenster für Atwater Kent radios, Washington D.C. mit Imans-Puppen (1928)
Foto: Public Domain

Pierre Imans verwendete für seine Modelle echtes Haar, Wimpern und Augenbrauen, Glasaugen und Zähne aus Porzellan, um seine außergewöhnlichen Schaufensterpuppen, die sich in ihren kantigen Formen und eleganten Linien am Jugendstil orientierten, noch realistischer zu gestalten.

Foto: Public Domain
Foto: Public Domain
Foto: Public Domain
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Foto: Public Domain
Foto: Public Domain
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Die folgenden Bilder stammen aus dem Katalog "Les cires de Pierre Imans", den Imans anfertigen ließ um potenzielle Kundschaft von der Qualität seiner Arbeit zu überzeugen.
Übrigens: alle weiblichen Modelle tragen gar reizende Vornamen!

Ginette
Foto: Public Domain
Nelly
Foto: Public Domain
Simone
Foto: Public Domain
Lélia
Foto: Public Domain
Bianca
Foto: Public Domain
Schaufensterpuppen mit Haltung
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Gruppenfoto
Foto: Public Domain
Eine feine Abendgesellschaft
Foto: Public Domain

Die Handfertigkeit des Wachsvirtuosen wurde so verehrt, dass Imans im Jahr 1925 bei der dritten Exhumierung der heiligen Bernadette Soubirous, die durch 18-fache Erscheinungen der Jungfrau Maria zur Lichtgestalt in der katholischen Kirche aufgestiegen war, gebeten wurde, einen Wachsabdruck von Gesicht und Händen der Heiligen anzufertigen, um den Leichnam vor weiterer Zersetzung zu schützen. Der Schrein aus Glas und Bronze kann noch heute in der Kapelle des Klosters Saint-Gildard (heute Espace Bernadette Soubirous) in Nevers bestaunt werden. (Kurt Tutschek, 14.5.2022)

Link:
Katalog "Les cires de Pierre Imans"

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