Nach Auszählung einer Mehrzahl der abgegebenen Stimmen scheint Ferdinand Marcos Junior, hier zu sehen nach seiner Stimmabgabe, gute Chancen auf das Präsidentenamt zu haben.

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Manila – Der Diktatorensohn Ferdinand Marcos Junior hat vorläufigen Ergebnissen zufolge die Präsidentenwahl auf den Philippinen gewonnen. Laut dem Dienstagfrüh bekanntgegebenen Ergebnis der Auszählung von gut 90 Prozent der Stimmen lag der 64-Jährige uneinholbar vor seiner Hauptrivalin, Vizepräsidentin Leni Robredo.

Marcos Junior lag demnach bei fast 30 Millionen Stimmen, Robredo bei weniger als der Hälfte. Damit lag der Sohn von Ex-Diktator Ferdinand Marcos uneinholbar vorn. Das offizielle Endergebnis wird erst in einigen Wochen erwartet. Überschattet wurde die Wahl von gewaltsamen Zwischenfällen mit mehreren Toten.

Ferdinand "Bongbong" Marcos Junior bewarb sich rund dreieinhalb Jahrzehnte nach der Absetzung seines Vaters und der Vertreibung der Familie ins Exil um die Nachfolge des umstrittenen Präsidenten Rodrigo Duterte. Nach sechs Jahren autoritären Regierens durch Duterte befürchten Menschenrechtsaktivisten, Führer der katholischen Kirche und politische Analysten, dass Marcos Junior als Staatschef noch autokratischer regieren könnte. Das Regime von Ferdinand Marcos (1917–1989) und seiner exzentrischen Frau Imelda machte einst mit Mord, Folter und dem spurlosen Verschwinden politischer Gegner von sich reden.

Noch autoritärere Herrschaft befürchtet

Der 64-jährige Marcos Junior war Gouverneur, Abgeordneter und Senator. Seine Schwester Imee ist Senatorin, und seine Mutter Imelda, die Witwe des Diktators, war für vier Legislaturperioden Abgeordnete im Repräsentantenhaus. Marcos Junior hat kein wirkliches politisches Programm vorgestellt. Die Marcos-Familie weist Vorwürfe zurück, während der zwei Jahrzehnte der Herrschaft des Vaters Milliarden Dollar an Staatsgeld abgezweigt zu haben. Viele Unterstützer wurden nach dem Aufstand von 1986 geboren. Sie sind überzeugt, dass die Anschuldigungen von ihren Gegnern erfunden wurden.

Um möglichst vielen Menschen die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen, erklärte Präsident Duterte den 9. Mai zum außerordentlichen Feiertag.
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Soziale Medien sind wahlentscheidend

Als Grund für den Wahlausgang gilt insbesondere der Erfolg von Marcos' Wahlkampf in den sozialen Medien. Der US-Konzern Alphabet hatte Anfang Dezember angekündigt, auf den Philippinen keine politische Werbung über seine Suchmaschine zuzulassen. Bereits der Wahlsieg von Duterte 2016 wurde von Experten zu einem großen Teil auf die Arbeit im Internet zurückgeführt. Eine Studie aus dem Jahr 2021 bescheinigte den Philippinern, mehr internetbasierte Medien zu konsumieren als jedes andere Land. Im Durchschnitt seien die Menschen auf dem Inselstaat knapp elf Stunden täglich online.

Lange Schlangen vor Wahllokalen

Tagsüber hatte sich am Montag eine hohe Wahlbeteiligung abgezeichnet Vor den Wahllokalen bildeten sich teils lange Schlangen. "Wir sind so überwältigt von der Zahl der Menschen, die in die Wahllokale strömen", sagte George Garcia von der Wahlkommission. "Und dies trotz pandemischer Bedrohung. Die Demokratie lebt in unserem Land!" Gleichzeitig kam es an den Urnen aber zu Verzögerungen, weil teilweise Stimmenzählmaschinen defekt waren und Namen auf Wählerlisten fehlten.

Polizei und Militär waren in Bereitschaft, weil Wahlen auf den Philippinen häufig von Gewalt und Betrugsvorwürfen überschattet werden. Duterte hatte den Montag im Vorfeld zum außerordentlichen Feiertag erklärt, damit möglichst viele Menschen teilnehmen können.

Dutertes Tochter kandidierte mit Marcos

Duterte ist wegen seines extrem harten Kampfes gegen Drogenkriminalität umstritten und durfte laut Verfassung nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren. Seine Tochter Sara Duterte-Carpio, derzeit Bürgermeisterin der Millionenstadt Davao im Süden des Landes, kandidiert an der Seite von Ferdinand Marcos Junior als Vizepräsidentin.

An zweiter und dritter Stelle lagen in den Umfragen Vizepräsidentin Leni Robredo und der frühere Boxweltmeister Manny Pacquiao. Insgesamt bewarben sich neun Kandidaten und eine Kandidatin um das Amt. (APA, red, 9.5.2022)