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Elisabeth Köstinger wollte schon mit Sebastian Kurz gehen, Kanzler Nehammer soll sie aber gebeten haben, noch etwas zu bleiben.

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Wien – Wenige Tage vor dem ÖVP-Parteitag muss die Volkspartei zwei neue Ministerinnen oder Minister suchen. Elisabeth Köstinger hat am Montag in einer persönlichen Erklärung ihren Rücktritt erklärt. Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck hat via Social Media ihren Abgang bekannt gegeben. Köstinger dürfte in die Privatwirtschaft wechseln, Schramböck machte in ihrem Video keine Angaben zu ihren zukünftigen Plänen.

Die persönliche Erklärung Köstingers auf Video.
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Die 43-jährige Kärntnerin Köstinger galt als enge Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Die scheidende Ressortchefin betonte am Montag, dass mit dessen Rücktritt auch für sie ein Kapitel zu Ende gegangen sei. Allerdings sei damals die Zeit noch nicht reif gewesen, "weil vieles noch nicht fertig war". Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hätte sie darum gebeten, für eine Übergangsphase weiter zur Verfügung zu stehen – das habe sie getan. Frauen in Spitzenpositionen stünden besonders stark im Fokus und oftmals auch in der Kritik, teilte Köstinger ihre Erfahrung. Köstinger ermunterte junge Frauen, Chancen zu ergreifen.

Schramböck gab ihren Rücktritt via Social Media bekannt.
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Die 51-jährige Tirolerin Schramböck galt schon länger als Ablösekandidatin. In ihrer Rücktrittsrede zählte noch einmal ihre durchgesetzten Vorhaben auf und resümierte: "Ich habe diesen Schritt nie bereut." Es eine Ehre gewesen, für Österreich zu arbeiten.

SPÖ und FPÖ für Neuwahlen

Die Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ fordern angesichts der Abgänge Neuwahlen. Für den FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz zeige die 14. Umbildung die Rücktritte die "endgültige Handlungsunfähigkeit". FPÖ-Obmann Herbert Kickl forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf, für Stabilität zu sorgen. Das Staatsoberhaupt müsse diesem Dauerumbau, diesen Chaostagen in der Regierung ein Ende bereiten, verlangte Kickl in einer Aussendung.

"Game Over für Türkis-Grün!", titelte die SPÖ ihre Aussendung. Als einen "Hort von Chaos, Instabilität, Planlosigkeit und schweren Fehlern" bezeichnete SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried die Bundesregierung – und dies "mitten in einer der schwersten wirtschaftspolitischen Krisen". Auch für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist Türkis-Grün am Ende. Mit dem "dauernden Austausch von Türschildern" sei Österreich nicht gedient.

Neos hoffen auf weitere Rochaden

Ein Ende der "Showpolitik, die an Ernsthaftigkeit und Tiefgang so einiges vermissen lässt", forderte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in einer Pressekonferenz noch vor dem Rücktritt Schramböcks. Die zwei Rücktritte würden nicht reichen, sagte Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Aussendung. Es brauche eine "größere Regierungsumbildung" mit neuen Ressortzuständigkeiten.

Köstinger selbst legte unter Kurz eine steile Karriere hin: Sie stieg als frühere EU-Abgeordnete zur Generalsekretärin auf, war Kurzzeit-Nationalratspräsidentin und wurde schließlich Ministerin. Köstinger war seit Jänner 2020 Ministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus in der Bundesregierung Kurz, in der Bundesregierung Alexander Schallenberg und in der Bundesregierung Nehammer.

Schramböck wechselte von A1 in die Regierung

Schramböck galt bei ihrem Regierungseinstieg unter Kurz als einer der schillernderen Neuzugänge. Bei Alcatel hatte sich die aus einem Arbeiter-Haushalt stammende Tirolerin erstmals in der Wirtschaft einen Namen gedacht, bei der Telekom brachte es die Betriebswirtin und vormalige WU-Managerin des Jahres bis zur Chefin von A1. Kaum dort ausgeschieden, fand sie sich schon in der Regierung wieder. Nach einer Reihe von Pannen mit der Krönung durch das "Kaufhaus Österreich" war die Tirolerin schon lange angezählt.

In der Bevölkerung hat Köstinger zuletzt deutlich an Rückhalt verloren, wie der APA/OGM-Vertrauensindex vom März zeigt. Da gaben nur noch 27 Prozent der Befragten an, der Landwirtschaftsministerin zu vertrauen, während 64 Prozent bekundeten, kein Vertrauen in sie zu haben. Mit einem negativen Vertrauenssaldo von 37 Prozent erreichte Köstinger somit den letzten Platz im Vertrauensranking der Regierung. Schramböck lag mit einem Negativsaldo von 16 Prozent auf Platz zwölf.

"Umbildung" in den "kommenden Tagen"

Wer auf die Posten nachfolgt, ist aktuell noch unklar. In den kommenden Tagen stehe eine "Umbildung" in der Bundesregierung an, zitiert die APA den Kanzler. Nehammer nannte Köstingers Rücktritt einen "großen Verlust", Schramböck hätte "viel Arbeit für den Wirtschaftsstandort" geleistet. Eine der Favoritinnen für die Nachfolge, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, die aus dem Bauernbund kommt, nahm sich gleich heraus. Ein Wechsel sei nie Thema gewesen.

Vom Koalitionspartner kamen zum Abschied Rosen: Er habe Köstinger in den letzten zweieinhalb Jahren Zusammenarbeit in der Bundesregierung als "harte, kompetente Verhandlerin und echte Kämpferin" kennengelernt, sagte Vizekanzler Kogler. Sie sei eine "starke und wichtige Stimme für faire Preise für Bäuerinnen und Bauern" gewesen, betonte er. Auch bei Schramböck bedankte sich Kogler für die Zusammenarbeit. "Vieles" sei gut gelungen.

Und auch Altkanzler Kurz (ÖVP) dankte Köstinger für die "gemeinsame Zeit in der Politik". Kurz wünschte seiner ehemaligen Weggefährtin "alles Gute" für ihr "neues Kapitel" und den weiteren Weg. Bei Schramböck bedankte er sich via Twitter für ihren Einsatz für den Wirtschaftsstandort. (red, APA, 9.5.2022)