Carlos Alcaraz ist schon Nummer sechs der Tenniswelt. Dabei wird es nicht bleiben.

Foto: IMAGO/Xinhua

Wenn sich vier streiten, freut sich der Fünfte. Wer einmal gedacht hat, die Herren Tsitsipas, Zverev, Medwedew und Thiem würden um die Nachfolge der großen drei im Tennissport rittern, könnte sich geirrt haben. Natürlich ist das Jahr nicht vor den ATP-Finals zu loben. Doch es sieht so aus, als wäre da ein Jungspund aufgetaucht, der bald allen den Rang abgelaufen haben wird.

Carlos Alcaraz heißt der junge Spanier, seit knapp einer Woche ist er 19 Jahre alt. Grund zu feiern hatte er gleich doppelt, wuchs er doch just beim Turnier in Madrid der Reihe nach Rafael Nadal, Novak Djokovic und Alexander Zverev über den Kopf. Die sind die besten Spieler auf der Tour, sagt der Computer. Doch die Realität und auch Zverev sagen etwas anderes. "Carlos ist derzeit der Beste", sagen sie. Zudem ist Alcaraz auf dem aufsteigenden Ast. Die Äste von Nadal (bald 36), Djokovic (bald 35) und Roger Federer (40), dem dritten Giganten, zeigen über kurz oder lang in eine andere Richtung.

Profi im Alter von 15 Jahren

Als Nadal 2005 in Paris seinen ersten Grand-Slam-Titel holte, war Carlos Alcaraz zwei Jahre alt. Als Vierjähriger begann er in Murcia im Südosten Spaniens selbst den Schläger zu schwingen, sein gleichnamiger Vater, ein guter Spieler und später Trainer, und Mutter Virginia unterstützten ihn nach Kräften. Carlos wurde besser, größer, nun misst er 1,85 Meter, auf die 72 Kilogramm verteilt sind.

Schon mit 15 wurde er Profi. Da war der Wunderknabe bereits in die nahe Valencia gelegene Tennisakademie von Juan Carlos Ferrero übersiedelt, der selbst Nummer eins und Grand-Slam-Sieger war (Paris 2003). Als größte Stärke des Rechtshänders gilt die Vorhand, die beidhändige Rückhand und der Volley sind auch nicht übel. Am ehesten vergleicht er sich mit Federer, dessen Poster in seinem Kinderzimmer hing.

Herausforderer in Paris

In Umag, Kroatien, holte er 2021 seinen ersten ATP-Tour-Titel, vier weitere Turniersiege folgten heuer. Gut 5,45 Millionen Dollar verdiente er schon, dabei bleibt es nicht, weitere Großtaten sind absehbar. Alcaraz schöpft Atem für Paris, wo er ab 22. Mai als erster Herausforderer des 13-maligen French-Open-Siegers Nadal zu gelten hat.

Als Hobbys gibt er Fußball und Golf an, Real Madrid hängt er an. Daheim in Murcia ist er selten, wenn doch, so trifft er Freunde sowie seine drei Brüder Alvaro, Sergio und Jaime. Da stellt er schon fest, dass sie ein ganz anderes Leben führen, ein Leben mit Fiesta und Siesta. "Aber das Opfer, das ich bringe", sagt Carlos Alcaraz, "ist sehr klein." (Fritz Neumann, 9.5.2022)