Laut WMO liegt die Wahrscheinlichkeit bei mehr als 90, dass die Temperatur in den letzten fünf Jahren (2016–2022) höher war als in den fünf Jahren davor.

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Genf – Die globale Durchschnittstemperatur eines Jahres könnte spätestens 2026 erstmals mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen. Laut der Weltwetterorganisation (WMO) beträgt die Wahrscheinlichkeit fast 50 Prozent, dass im Zeitraum 2022 bis 2026 mindestens ein Jahr eine derart hohe Durchschnittstemperatur erreicht.

Das heißt aber nicht, dass die 1,5-Grad-Marke in diesem Fall dauerhaft überschritten wird, in den Folgejahren könne der Wert auch wieder niedriger liegen, erklärte die WMO. Im Schnitt rechnen Expertinnen und Experten für die kommenden Jahre aber mit weiter steigenden Temperaturen.

Pariser Klimaziele rücken in die Ferne

2015 galt es noch als praktisch ausgeschlossen, dass die Marke von 1,5 Grad innerhalb von fünf Jahren erreicht wird. In dem Jahr einigte sich die Weltgemeinschaft im Pariser Klimaabkommen, die dauerhafte Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst unter 1,5 Grad Celsius zu beschränken.

Die WMO-Meldung kommt zur Halbzeit zwischen der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow und der nächsten Konferenz COP27 in Ägypten. Im November werden dazu im Badeort Sharm el-Sheikh rund 30.000 Teilnehmer erwartet, darunter 120 Staats- und Regierungschefs. Beobachter ziehen zur COP-Halbzeit eine ernüchternde Bilanz beim Klimaschutz, auch wegen des Kriegs in der Ukraine. Dies könnte mitunter daran liegen, dass finanzielle Ressourcen für nachhaltige Investitionen durch den Krieg knapper wurden.

Weltweit gesehen war das heißeste Jahr bisher 2016, als die globale Durchschnittstemperatur etwa 1,2 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850–1900) lag. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Rekord bis 2026 gebrochen wird, liege bei 93 Prozent, so die WMO. Genauso wahrscheinlich sei es, dass die durchschnittliche Temperatur über den Zeitraum 2022 bis 2026 höher liege als in den fünf Jahren davor. Die Berechnungen hat die britische Meteorologiebehörde für die WMO vorgenommen.

Südwesteuropa und Südwesten der USA werden trockener

Im vergangenen Jahr lag die globale Durchschnittstemperatur nach dem vorläufigen Klimabericht der WMO 1,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Den endgültigen Wert veröffentlicht die WMO am 18. Mai. Die britischen Meteorologen gehen davon aus, dass die Durchschnittstemperatur in diesem und den kommenden vier Jahren zwischen 1,1 und 1,7 Grad über vorindustriellem Niveau liegen wird.

Für dieses Jahr rechnen die Meteorologen damit, dass es in Südwesteuropa und im Südwesten Nordamerikas trockener ist als im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020. In Nordeuropa, der Sahel-Zone, Nordostbrasilien und Australien dürfte es dagegen feuchter werden. (APA, red, 10.5.2022)