Es gibt eine neue Generation von Feministinnen, die an den Universalismus von Alice Schwarzer anknüpfen, sagt Regisseurin Sabine Derflinger.

Foto: Alice-Schwarzer-©-Cristina-Perincioli

Nach Johanna Dohnal hat die österreichische Regisseurin Sabine Derflinger nun eine weitere wichtige Figur der Frauenbewegung porträtiert. "Ich wollte zeigen, wie sie geworden ist, wie sie ist", sagt Derflinger über Alice Schwarzer. Das Interview wurde vor der großen Debatte über den offenen Brief in der "Emma" zu deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine geführt.

STANDARD: In meiner Kindheit gab es zwei Frauen, die vom weitaus größten Teil der Väter in meinem Umfeld richtiggehend gehasst wurden: Johanna Dohnal und Alice Schwarzer. "Die Dohnal" war Ihr letzter Film, jetzt "Alice Schwarzer". Warum?

Derflinger: Es hat sich ergeben, und trotzdem ist es kein Zufall. Ganz pragmatisch war es so, dass ich bei "Die Dohnal" vom Johanna-Dohnal-Institut gefragt wurde. Alice Schwarzer lernte ich über das Interview kennen, das ich mit ihr für den Film geführt habe. Der Hass auf Menschen wie Johanna Dohnal und Alice Schwarzer ist auch mir seit meiner Kindheit bekannt. Ich weiß nicht mehr genau, was ich wirklich gefühlt habe, wie viel ich davon überhaupt wahrgenommen oder verstanden habe, aber ich wusste, es geht um Frausein und dass das nicht gleichberechtigt ist.

STANDARD: "Leidensfähigkeit, sehr starkes Verantwortungsbewusstsein, sehr frei. Emotional und intellektuell stark – für all das haben sie keine Schublade. Mit männlichen Kriterien gemessen, die bei einer Frau nicht sein dürfen": So beschreibt Schwarzer sich selbst. Wie wird man so einer Person gerecht?

Derflinger: Mit guter Vorbereitung. Ich habe alle ihre Bücher gelesen und die der feministischen Autorinnen, die sie beeinflusst haben – von Simone de Beauvoir bis zu den amerikanischen Feministinnen. Und ich habe mich inhaltlich mit ihrer Gedankenwelt und ihrem politischen Engagement auseinandergesetzt. Ich habe die Hetzschriften gelesen und mit ihr und ihrer Frau Bettina Flitner viel Zeit verbracht, um die private Alice Schwarzer kennenzulernen. Mir fiel zuerst auf, wie wahnsinnig fleißig sie ist. Wenn wir für den Film Details diskutierten, wurde es oft spät, und als ich mich müde hinlegte, ging sie noch an ihren Arbeitsplatz, um einen Artikel auf ihrer Schreibmaschine zu schreiben.

STANDARD: Auf der Schreibmaschine?

Derflinger: Ja, sie besitzt drei elektrische Schreibmaschinen. Eine kommt im Film vor. Sie schreibt die Texte in einem Zug, dann geht's tak-tak-tak-tak. Danach macht sie ihre Anmerkungen. Ihre Assistentin Margitta überträgt den Text in den Computer. Ich weiß nicht, ob sie die Schreibmaschinen auf Vorrat gekauft hat und irgendwo noch zehn von den Dingern herumstehen. Ich weiß aber, dass es inzwischen gar nicht so einfach ist, Farbbänder zu bekommen. Aber irgendwie gelingt es ihr anscheinend.

STANDARD: Bei Johanna Dohnal ging es darum, sie als Lichtgestalt, die sie war, in Erinnerung zu rufen. Worum ging es bei Alice Schwarzer?

Derflinger: Eigentlich auch genau darum. Alice Schwarzer ist in ihrer Wirkung eine große Projektionsfläche. An ihr haben sich alle abgearbeitet. Es gibt die Fans, es gibt die Hasser, beide entstammen ganz unterschiedlichen Lagern, und die Gefühle, die Alice bei ihnen auslöst, schreiben sie ihr zu. Löst sie Hass in ihnen aus, sehen sie in Alice eine hasserfüllte Person. Löst sie Freude aus, wird sie als Strahlefigur verehrt. Es gibt kaum jemanden, der einen neutralen Blick auf sie hat. Ich wollte zeigen, wie sie geworden ist, wie sie ist. Immerhin hat sie ihre gesamte journalistische Arbeit dem Feminismus gewidmet – das muss man erst einmal schaffen! Ich könnte das never ever again. Mir reichen diese beiden Filme, sodass ich bis zum Rest meines Lebens lieber Meerschweinchenfilme machen würde, als noch einmal ein feministisches Porträt zu drehen.

STANDARD: Schade eigentlich. Warum denn nicht?

Derflinger: Es gehört viel Sendungsbewusstsein dazu, wozu mir in dem Ausmaß letztlich sowohl das Interesse als auch die Geduld fehlt. Die Konflikte beim Thema Geschlechtergerechtigkeit sind groß. Der Terminus Feminismus wird nach wie vor als Sonderform behandelt. Es gibt natürlich einerseits das Bekenntnis zu einer gleichberechtigten Gesellschaft, aber einen wirklichen Fortschritt sehe ich nicht. Die Frauen untereinander schaffen es nicht, sich zu verknüpfen und ihre unterschiedlichen Positionen einfach zuzulassen. Feminismus ist keine Religion, die andere Sichtweisen ausschließt.

STANDARD: Sieht Alice Schwarzer das auch so?

Derflinger: Sie sagt zumindest von sich selbst, es kann nicht nur die eine geben. Sie ist ganz im Gegenteil keine Ideologin und versteht im Grunde genommen nicht, warum sie so für ihre Standpunkte angegriffen wird. Es gab eine ganz große Entdeckung für mich an ihr, nämlich dass sie immer alles zu Ende denkt, egal ob daraus Angriffsflächen entstehen. Nehmen wir zum Beispiel die Prostitution. Ich selbst habe auch mehr als 30 Jahre nachgedacht, wie man am besten damit umgehen soll. Alice Schwarzers Denken hat immer einen Bezug zur Freiheit. Was ist die Freiheit? Das höchste Gut. Im Fall der Prostitution heißt das, jede, jeder, die bzw. der seinen Körper verkaufen will, soll das tun dürfen. Das ist das große Gebot der Freiheit. Viele – oder fast alle – prostituieren sich aber nicht freiwillig, sondern weil bestimmte Umstände sie dazu zwingen. Also, was ist die Konsequenz daraus? Wenn jeder tun und lassen kann, was er will, wird der Bedarf steigen. Wenn der Bedarf steigt, wird auch die Zahl jener Frauen steigen, die sich unfreiwillig prostituieren. Also muss man den Bedarf drosseln. Und wie? Indem du den Freiern sagst, es ist nicht leiwand. Indem du sagst, die Freier müssen bestraft werden.

STANDARD: Worin liegen für dich die größten Verdienste Alice Schwarzers?

Derflinger: Einer der großen Verdienste Alice Schwarzers ist es, den Feminismus in die Mitte der Gesellschaft gebracht zu haben. Sie trat in lustigen Shows genauso auf wie in ernsthaften Gesprächsrunden und machte das Thema zum Mainstream, womit sie zum Beispiel die Straffreiheit für die Abtreibung bewirkte. Das zweite große Verdienst ist, dass sie Themen immer zu Ende denkt. Das dritte, dass sie nie den Blick auf die Realität verliert. Das scheint mir gerade jetzt so wichtig! Es sind so viele Ideologien im Raum, die in einem künstlichen Netz aufeinanderprallen, und letztlich passiert irgendwann gar nichts mehr. Alles Übel ist die pure Ideologie, ganz egal aus welcher Richtung. Wenn man das Leben nur in einer bloßen Ideologie versteht, dann entwickelt sich nichts.

STANDARD: Wie verhält sich das in einer ideologiebehafteten Diskussion wie der Kopftuchdebatte. Ist Alice Schwarzer da auch ideologiefrei?

Derflinger: Sie denkt es zu Ende: Auch wenn im Grunde genommen jede ihr Kopftuch aufsetzen kann, wie sie will, so gibt es nun einmal das Aufsetzen des Kopftuchs aus ideologischen Gründen, und zwar um gewisse Formen von Reglementierungen gegen Frauen sichtbar zu machen. Das lehnt sie ab. Wenn das Denkkonstrukt lautet: Wir wollen in unserer Auffassung der Trennung von Religion und Staat nicht, dass Frauen eine spezielle Kleidungsvorschrift haben, dann gibt es trotzdem immer noch diese Realität.

STANDARD: Was sind die Grundpfeiler des Feminismus der Alice Schwarzer?

Derflinger: Es sind die Menschenrechte und die Überzeugungen, dass Frauenrechte Menschenrechte sind, dass Geschlecht sozial konstruiert ist und dass es Maßnahmen braucht, damit das eine Geschlecht nicht andere unterdrückt. Alice Schwarzer ist eine Frau, die gern Kontrolle über die Projekte hat.

STANDARD: Welchen Spielraum hatten Sie?

Derflinger: Ich hatte meine Vorstellung vom Film, und ich wusste auch, wen ich porträtiere. Ich bin kein Dompteur, ich verabscheue alles, was in irgendeiner Form mit Manipulation zu tun hat. Ich gebe den Leuten den Raum, übertrete ihre Grenzen nicht. So komme ich nahe an die Menschen und halte trotzdem Abstand. Gleichzeitig habe ich ganz konkrete Vorstellungen von Situationen. Die Idee von der Autofahrt durch Paris gefiel ihr anfangs gar nicht, und es brauchte einiges an Überzeugungsarbeit. Danach sagte sie, das sei ihr schönstes Interview gewesen. Sie ließ sich darauf ein.

STANDARD: Gab es eine Abmachung, worüber sie nicht sprechen wollte?

Derflinger: Wir hielten das Private reduziert. Das Hineinbohren auf ein Tratschi-Gala-Niveau braucht der Film nicht. Er braucht Eckpfeiler: So ist sie aufgewachsen, das hat sie geprägt, und deshalb ist sie so drauf, wie sie drauf ist. Ich wollte Verbindungen schaffen und erklären. Wir vereinbarten, dass sie, wie üblich in meinen Dokumentarfilmen, kein Einspruchsrecht hat. Alice ist ein Kontrollfreak, und es war sicher sehr anstrengend für sie, dass sie bei diesem Film nicht die Kontrolle übernehmen konnte. Nachdem ich über längere Zeit mit ihr unterwegs war, muss ich sagen, ich verstehe sie. Ich würde diese ständigen Angriffe und Wortverdrehungen nicht aushalten.

STANDARD: Wieder gibt es viel aus Archiven zu sehen, und, ganz ehrlich, ich habe manchmal geglaubt, ich muss schreien vor lauter Wut und Empörung. Wie ging es Ihnen beim Sichten?

Derflinger: Ich stellte fest, dass ich fast alle dieser Szenen aus meiner Kindheit und Jugend kannte. Ganz offensichtlich muss ich viel vor dem Fernseher gesessen sein … Gleichzeitig verletzen mich diese Ausschnitte heute genauso wie damals. Ich merke, dass ich gar nicht zu lange an einem solchen Film arbeiten und zuschauen kann, wie Männer mit ihr umgehen, wie Männer mit ihrer Macht über Weiblichkeit umgehen. Für mich sind diese Szenen kaum auszuhalten, und ich spüre schlagartig diesen Zorn hochkommen, den ich als junge, pubertierende Frau in mir hatte und den ich auch vom Dohnal-Film kannte. Macht und Ohnmacht waren immer große Themen für mich, egal ob in gesellschaftlichen Zusammenhängen, in Klassen oder zwischen den Geschlechtern. Wir leben in einer Zeit, in der beide, Macht und Ohnmacht, ganz stark sind. So gesehen ist alles in dem Film brandaktuell. Nichts davon hat sich erledigt. Das Betrachten des Archivs hat meinen Kampfgeist so zum Lodern gebracht, dass er wahrscheinlich bis zu meinem Lebensende nicht versiegen wird.

STANDARD: Und immer wieder fragt man sich: Wie hat Alice Schwarzer das ausgehalten? Diesen Hass, diese Beschimpfungen – "böse Hexe", "Zunge herausreißen" –, Anfeindungen in Medien. Wie hat sie es ausgehalten?

Derflinger: Das ist die große Frage, und ehrlich gesagt weiß ich es auch nicht. Vor allem angesichts der Tatsache, wie sie selbst auftritt. Wie freundlich sie ist, wie lustig sie ist, wie klug sie reagiert. Sie ist eloquent in ihrer Sprache, in ihrem Ausdruck, und das genaue Gegenteil dessen, was von ihr behauptet wird. Alice Schwarzer hat ein gutes Umfeld. Sie hat eine Gruppe von Frauen gefunden, die zu ihr halten. Sie hat eine große Resilienzfähigkeit aufgrund ihrer Erziehung. Wenn du dich selbst um dich kümmern musst, dann ist das zwar sehr traurig, aber du entwickelst auch eine große Stärke. Am Ende des Tages schöpfst du alles aus dir selbst. Bettina Flitner sagt von ihr, sie habe eine gewisse Unverwundbarkeit. Das glaube ich auch: Irgendetwas in ihr ist unverwundbar, und das wird bleiben.

STANDARD: Welche Seite an ihr hat Sie am meisten überrascht?

Derflinger: Das war eine der interessanten Erkenntnisse aus den Archivaufnahmen, dass sie überhaupt nicht die "böse Feministin" ist und dass sich umgekehrt ihre Gegner Sachen herausnehmen, die geradezu unfassbar sind. Vieles vom Bild der "Hexe" stammt von Medien. Der beste Fund: Zehnjahresfeier mit Dirk Bach und Hella von Sinnen und Alice als Marilyn Monroe, Feuerwerk der guten Laune. Das ist der große Gegensatz, von dem ich spreche. Sie ist eine liebe, lustige Person.

STANDARD: Bettina Flitner tritt zum ersten Mal in einem Film als Ehefrau von Alice Schwarzer auf. Wie kam es dazu?

Derflinger: Das war mir wichtig. "Emma" und Bettina und einige ausgewählte Freundinnen sind die Säulen in ihrem Leben, die müssen da rein. Aus heutiger Sicht würde man sagen, wieso nicht? Da muss man aber bedenken, wie weit die Reise war. Als ihre Beziehung begonnen hat, war es eben nicht selbstverständlich, dass zwei Frauen zusammen sind. Als Bettina erzählte, wie sie einander kennengelernt hatten, da war ich natürlich gleich Feuer und Flamme, weil das eine so entzückende Geschichte ist und weil sie miteinander so lieb sind. Sie sind einfach ein tolles Paar. Es gibt auch Aufnahmen von Bettina Flitner von Alice Schwarzer, die sie uns zur Verfügung stellte. Und natürlich sind diese Aufnahmen der Höhepunkt des Films, weil da die zwei Frauen miteinander sind. Die Szenen, die ich gedreht habe, sind intim und nah, aber trotzdem bin ich jemand, der von außen hinschaut. Bettinas Aufnahmen kommen Alice in einer ganz anderen, viel unmittelbareren Form nahe. Ich finde diesen Unterschied schön.

STANDARD: Alice Schwarzers Bedeutung für den Feminismus ist unbestritten und wird von Ihnen beeindruckend dokumentiert. Aber wie ist das heute: Sind jene, für die sie kämpft, für sie überhaupt noch erreichbar?

Derflinger: Es gibt eine neue Generation von Feministinnen, die an den Universalismus von Alice Schwarzer anknüpfen. Die Französin Caroline Fourest sagt zum Beispiel, dass es zuerst darum geht, sich zu solidarisieren und das Gemeinsame zu suchen und nicht das Trennende. Es gibt junge Frauen, die Feminismus genauso verstehen, die vielleicht nicht in allem mit ihr einer Meinung sind, aber letztlich sagen: Wir haben das gleiche Ziel. Die Bierzapferin in Alices Stammbrauerei ist ganz jung, hat einen serbischen Hintergrund und sagt von sich selbst, das Buch "Das andere Geschlecht" habe sie ganz stark geprägt.

STANDARD: Das Image des Feminismus hat sich zum Teil stark gewandelt, er tritt oft schick und stylisch auf, und es ist mittlerweile ein einträgliches Geschäftsmodell. Wie stehst du zur Kapitalisierung des Feminismus?

Derflinger: Ich würde im ersten Moment sagen, der schicke Feminismus ist der Kollateralschaden, der in Kauf zu nehmen ist. Das macht ihn für mich nicht sympathischer, und ich bin mir auch gar nicht sicher, ob das auf lange Sicht so ist. Einerseits kommen feministische Themen in den Mainstream, gleichzeitig wird ihm durch die Kapitalisierung von allem ein Lebensnerv gezogen. Alice Schwarzers Kritiker kommen heute nicht mehr nur aus rückschrittlichen Männerwelten. Mit ihren Positionen zu Transsexualität eckt sie auch bei dem linken Spektrum zuzurechnenden Frauen an. Das Thema kommt im Film gar nicht vor. Wir wollten uns auf das Bild der Frau konzentrieren, auf die Wahrnehmung von Frauen und auf ihr eigenes Frausein. Ein zusätzlicher Switch zwischen den Geschlechtern hätte eine Netflix-Serie, aber keinen Film ergeben. Wir haben mit Alice über das Transgenderthema gesprochen, aber diese Kurve konnten wir nicht auch noch machen. Ich sehe mich auch nicht als Gemischtwarenhändlerin, die alles anbietet. Ich zeige eine Frau in Auszügen, schaue ihr beim Arbeiten zu, lasse sie und andere Leute aus ihrem Leben erzählen und mache aus diesem Anlass eine Reise durch die feministische Geschichte von Anfang der 1950er-Jahre bis jetzt. Das ist der Film, und das ist ohnehin schon viel.

STANDARD: Trotz der Verdienste Alice Schwarzers zeigt sich, dass die Geschlechterdebatte vielerorts weiterhin mit großer Härte geführt wird. Ist da Hopfen und Malz verloren?

Derflinger: Persönlich bin ich der Meinung, dieser Geschlechterkampf ist mit ein Grund, warum es auf dieser Erde keinen Frieden gibt. Als ich auf Facebook die Zusage zum Film teilte, kamen unzählige Anfeindungen und Beschimpfungen. Es herrscht eine große Aggression in der Wortwahl, gleichzeitig werden Frauen ermordet, erwürgt, verstümmelt. Wir haben Kriege, die über Vergewaltigung geführt werden, wir haben Missbräuche in Kirchen und Ämtern, dass es nur so rauscht. Im Rahmen der Weinstein- und der Epstein-Affäre wurde ein Sumpf an Missbrauchsfällen geöffnet. Wir sind endlich an einem Punkt angelangt, an dem vieles hochkommt und wir die Dimensionen erkennen. Ich vermisse aber ehrlich gesagt den Aufschrei der Frauen. Den vermisse ich wirklich sehr.

STANDARD: Was erhoffen Sie sich von dem Film?

Derflinger: Ich hoffe natürlich schon, dass etwas in Bewegung kommt. Bei den Kinovorführungen zu "Die Dohnal" kam es immer wieder zu Gesprächen, die Leute redeten miteinander, Feministinnen aus unterschiedlichen Lagern tauschten sich aus, entdeckten Gemeinsamkeiten. Am Ende von ganz normalen Kinovorführungen wurde sogar applaudiert. Das fand ich besonders schön. Es wäre schön, wenn sich das in irgendeiner Form wiederholen würde. Dass man begreift, wie weit diese Reise ist und wie weit wir gekommen sind. Jetzt geht's darum, sich zu entscheiden. Deshalb finde ich den Film so wichtig. Er kann dich aufladen, er kann dich aufheizen, dich mit geschichtlichem Hintergrund versorgen, er kann verbinden und zu einer neuen Solidarität führen. (Doris Priesching, 13.5.2022)