Es ist wieder diese Zeit des Jahres: Im Rahmen der Entwicklerkonferenz I/O hat Google die Pläne für die nächste Generation des am meisten genutzten Betriebssystems der Welt bekanntgegeben. Parallel dazu wurde eine neue Testversion veröffentlicht. Der Zeitpunkt ist also geradezu perfekt, um sich schon einmal vorab anzusehen, was Google für Android 13 so alles geplant hat.

Material You v1.1

War Android 12 von großen Umbrüchen beim User-Interface gekennzeichnet, lautete das Motto von Android 13 "Feinschliff". Anders gesagt: Das "Material You"-Design wird mit der neuen Version konsequent weitergeführt.

Android 13 nähert sich mit Riesenschritten – und wer will, kann es sogar schon jetzt ausprobieren.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Die Philosophie hinter "Material You" ist, eine Art "persönlicheres" Design zu schaffen. Also eines, das sich an die Vorlieben der Nutzer anpasst und sich somit auch mehr als etwas eigenes anfühlt. Kernstück dieses Konzepts ist das Farbsystem, das automatisch aus dem Bildschirmhintergrund eine Farbpalette extrahiert, die dann bei zahlreichen Apps und Systemkomponenten für Highlights und Hintergründe genutzt wird.

Farbsystem

Mit Android 13 baut Google das nun aus. Zunächst bedeutet dies einmal, dass die Nutzer zwischen deutlich mehr unterschiedlichen Varianten wählen können. Automatisch werden nun bis zu sechzehn Farbkombinationen angeboten, bisher waren es vier.

Vor allem aber wählt das System diese Palette generell aus einem größeren Spektrum. So wurden bisher etwa Grau und Silber als Highlight-Farben vermieden – obwohl exakt dies amüsanterweise seit Monaten bei Werbe-Renderings aktueller Google-Smartphones zu sehen ist. Aber auch sonst sind neue Highlight-Farben zu bemerken.

Neue Alternativen

Die nächste Stufe des Farbsystems von "Material You": Neben aus dem Hintergrund extrahierten Paletten können nun auch fix vorgegebene Kombinationen gewählt werden.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Ganz neu ist die Möglichkeit, diesen Automatismus links liegen zu lassen und lieber zu vorgegebenen Paletten zu greifen. Das eröffnet beispielsweise die Möglichkeit, ein schwarz-weißes Hintergrundbild – aus dem es natürlich nicht viele Farben zu extrahieren gibt – zu verwenden und trotzdem eine buntere Farbpalette zu verwenden. Oder natürlich auch exakt das Umgekehrte.

Themed Icons, jetzt wirklich

In Android 12 noch als Vorschau nur auf Pixel-Smartphones enthalten und dort auch auf Google-Apps beschränkt, gibt es mit Android 13 nun offizielle Unterstützung für "Themed Icons". Apps können künftig also zusätzlich ein monochromatisches Icon anbieten, das automatisch in den "Material You"-Farben eingefärbt wird. Genau genommen rät Google App-Entwicklern aktiv dazu, immerhin können die Userinnen dann mit einem Klick einen reduzierten Look am Homescreen aktivieren – und da wäre es unerfreulich, wenn nicht alle Apps mitspielen.

Ein weiteres nettes Detail ist ein erweiterter Zwischenspeicher. Werden Textpassagen oder Bilder kopiert, wird nun ein Overlay eingeblendet, das die Veränderung des Inhaltes ermöglicht. Ob andere Hersteller dieses Feature von Google übernehmen werden, muss sich allerdings erst zeigen.

Die im Zwischenspeicher abgelagerten Inhalte können nun auch editiert werden. Das geht sowohl mit Text als auch mit Bildern.
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Media Player

Ein Redesign hat hingegen der Mediaplayer von Android erhalten, und das heißt vor allem: Es wird bunter, nimmt doch nun die Cover-Art den gesamten Hintergrund ein, bisher war diese auf ein kleines Icon beschränkt. Zudem gibt sich das Design etwas verspielter, etwa indem der Fortschrittsbalken als Wellenlinie gestaltet ist.

Parallel dazu wurde auch der Dialog zur Wahl des Ausgabegeräts neu gestaltet – also um von Lautsprecher auf Kopfhörer zu wechseln. Die dafür angezeigten Balken repräsentieren gleich die jeweils gerade eingestellte Lautstärke auf dem betreffenden Gerät.

Quick Settings

Und wenn wir schon im Schnelleinstellungsbereich sind: Dort gab es ebenfalls ein paar Detailanpassungen. Sehr nützlich ist etwa, dass die Knöpfe zum Aufrufen der Systemeinstellungen sowie des Ausschaltknopfs nun ganz unten angebracht und somit leichter zu erreichen sind.

Der neue Medienplayer samt leicht umgestaltetem Schnelleinstellungsbereich. In der Mitte die ebenfalls neu designte Wahl der Audioausgabe. Rechts der Dialog zum manuellen Beenden von im Hintergrund laufenden Apps.
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Notausschalter

Wer an dieser Stelle genau schaut, mag aber noch eine weitere Neuerung entdecken: einen Eintrag, der über gerade im Hintergrund laufende Programm informiert. Noch überraschender: Klickt man darauf, gibt es die Möglichkeit, diese samt all den zugehörigen Diensten in einem Schwung zu beenden.

Nun gibt es natürlich viele gute Gründe, warum eine App im Hintergrund laufen sollte – bei einem Musikplayer ist das etwa unerlässlich –, als eine Art Notausschalter ist das aber zu begrüßen. Überhaupt warnt Android 13 nun offensiver, wenn eine App über die Maßen viel Strom verbraucht, zudem gibt es jede Menge neuer Beschränkungen für die Akkunutzung. Dabei steht jeder App jetzt eine Art Akkubudget zur Verfügung. Wird dieses überschritten, folgen weitere Beschränkungen.

Neue Möglichkeiten

Doch noch einmal zu den Schnelleinstellungen, hier gibt es nämlich noch ein paar weitere interessante Neuerungen. Frisch hinzugekommen ist eine Schaltfläche, die einen integrierten QR-Code-Reader aufruft. Entsprechende Apps können sich die Nutzer künftig also endgültig sparen. Optional ist es zudem möglich, die Steuerung von Smart-Home-Geräten an dieser Stelle auch zu erlauben, wenn das Smartphone gerade gesperrt ist.

Was vielen gar nicht bekannt sein dürfte: Apps können selbst Schaltflächen für die Schnelleinstellungen anbieten. Allerdings müssen die Nutzer da bisher schon irgendwie selbst draufkommen. Mit Android 13 kann die Einrichtung dieser Flächen nun von der betreffenden App vorgeschlagen und nach Zustimmung auch gleich abgewickelt werden.

Reduktion

Ein weiteres nettes Detail: Mit Android 13 kann der Bildschirmhintergrund am Abend automatisch in seiner Helligkeit reduziert werden. Gerade als Ergänzung zur automatischen Aktivierung des Dark Mode eine durchaus sinnvolle Verbesserung. Eine Anmerkung: In aktuellen Testversionen ist dieses Feature zwar schon versteckt enthalten, lässt sich aber noch nicht nutzen.

Tablets

Mit Android 12L hat Google erst vor wenigen Monaten eine eigene Version des Betriebssystems mit Fokus auf Tablets veröffentlicht. In Android 13 wird diese Richtung nun fortgesetzt. So gibt es etwa einen Ausbau des gerade erst eingeführten Docks am unteren Bildschirmrand, das mit einem neuen Launcher kombiniert wird. Zudem gibt es neue Gesten, um zwei Programme nebeneinander anzuordnen. Mit der neuen Version kann das vorgenommen werden, indem das betreffende Icon an den Bildschirmrand gezogen wird.

Android 13 verbessert Taskbar und Split-Screen-Ansicht weiter.
Grafik: Google
Auch der Play Store soll besser für Android-Tablets angepasst werden.
Grafik: Google

Viel wichtiger ist freilich, dass endlich Google und andere große Hersteller speziell angepasste App-Versionen für große Bildschirme anbieten wollen. Das hat allerdings mit dem Betriebssystem selbst wenig zu tun, insofern sei es hier nur am Rande erwähnt. Die technischen Grundlagen dafür wurden ohnehin schon mit Android 12L gelegt.

Mehrsprachigkeit

Für jene, die mehrsprachig kommunizieren oder regelmäßig in unterschiedlichen Ländern unterwegs sind, mag es die wichtigste Neuerung in Android 13 überhaupt sein. Mit der neuen Version ist es möglich, für jede App getrennt eine bevorzugte Sprache auszuwählen. Das ist allein schon deswegen zu begrüßen, um den mehr oder weniger grausamen Englisch-Übersetzungen so mancher lokaler App zu entgehen.

Mit Android 13 kann nun für jede App die Sprache individuell ausgewählt werden. Ebenfalls zu sehen: neue Berechtigungen für "Fotos und Videos" sowie für Benachrichtigungen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

"Zurück" wird berechenbarer

Ebenfalls spannend: Es gibt nun etwas, das Google "vorausschauende Zurückgeste" nennt. Dabei soll schon während der Ausführung dieser Geste über visuelle Hinweise angedeutet werden, wo diese hinführen wird. Ziel ist es, das Ganze berechenbarer zu machen, bisher ist oft für die Nutzer nicht ganz klar, wohin die Zurückgeste führen wird.

Derzeit gibt es dieses System aber erst in seinen Anfängen, und zwar in Form von Schnittstellen, die App-Entwickler zur Unterstützung dieses Features einbetten können. Auch die volle Animation, wie das mal aussehen wird, ist derzeit noch nicht in den Android-13-Testversionen enthalten.

Notifications

Das Benachrichtigungssystem von Android ist zweifellos sehr mächtig, genau das hat aber auch seine Schattenseiten. Schnell können sich Nutzer von all den eingehenden Notifications erschlagen fühlen. Mit Android 13 führt Google entsprechend eine zentrale Änderung durch. Ab sofort müssen Apps die Nutzer explizit um die Erlaubnis fragen, wollen sie überhaupt Benachrichtigungen anzeigen können. Es wurde also eine neue Berechtigung dafür eingeführt.

Der neue "Photo Picker" erlaubt die gezielte Auswahl von einzelnen Bildern – wofür dann keine Extraberechtigungen mehr notwendig sind.
Foto: Google

Apropos Berechtigungen: In den vergangenen Jahren hat Google eine der problematischsten Berechtigungen filetiert, jene für einen Zugriff auf den lokalen Datenspeicher. Das ist auch gut so, lassen sich mit den dort gespeicherten Daten doch allerlei Informationen über die Nutzer sammeln.

In Android 13 geht Google nun den nächsten Schritt. Der Zugriff auf Musik einerseits sowie Bilder und Videos andererseits wird in zwei unterschiedliche Berechtigungen getrennt. Zudem wird ein neuer Systemdialog zur Auswahl von Fotos eingeführt. Über diesen können Nutzer gezielt einzelne Bilder an eine App weitergeben – ohne dass diese dafür dauerhaft die Berechtigung für den Zugriff auf den Datenspeicher einholen muss.

Privatsphäre

Im Rahmen der aktuellen Keynote zur Google I/O hat das Unternehmen auch einen neu gestalteten Privacy/Security-Bereich versprochen. Damit sollen vor allem die Privatsphäreneinstellungen umgemodelt werden, und zwar in in Richtung eines Ampelsystems, das vor problematischen Einstellungen warnt – und gleich zu Änderungen rät.

Klingt gut, fehlt aber in den aktuellen Testversionen noch. Wer genau aufgepasst hat, wird auch bemerkt haben, dass Google erst von "später dieses Jahr gesprochen hat". Vielleicht gibt es das Ganze also überhaupt erst parallel zum Launch des Pixel 7 im Herbst.

Vermischtes

Dazu kommt eine Fülle an strukturellen Verbesserungen, die aber an dieser Stelle nur kurz angerissen werden. Die Palette reicht vom Support für Bluetooth LE Audio über neue Beschränkungen für Apps aus unbekannten Quellen. Diese dürfen künftig die Funktionen zur Barrierefreiheit nicht mehr nutzen, was bisher von Trojanern wie Flubot für ihr Werk missbraucht wurde.

Des Weiteren übernimmt Google in Android 13 die Kontrolle über weitere Systembestandteile. So wird nun auch der gesamte Bluetooth-Stack als Modul von Google selbst gewartet. Aus einer Sicherheitsperspektive ist das ein großer Fortschritt, weil damit Lücken in diesen Komponenten künftig zentral von Google für sämtliche aktuellen Geräte ausgeräumt werden können – also ohne Zutun des jeweiligen Geräteherstellers.

Ausprobieren

Wer jetzt Lust darauf bekommen hat: Die Android 13 Beta 2 steht seit kurzem für Google-Smartphones ab dem Pixel 4 zur Verfügung. Die Teilnahme am Betaprogramm kann über eine eigene Website beantragt werden. Anschließend kann die Testversion über die Systemaktualisierung am Gerät heruntergeladen werden. Wie immer sei aber davor gewarnt: Das ist eine Testversion. Wer nicht mit diversen Bugs leben kann, sollte besser bis zur fertigen Version warten.

Die Liste an Herstellern, die bereits Android-Testversionen anbieten, ist lang. Eigentlich fehlt hier nur Samsung, von dem allerdings schon vor einigen Wochen zu hören war, dass es den Betatest schon im Juli beginnen will – was ebenfalls früher als je zuvor wäre.
Grafik: Google

Parallel dazu gibt es auch die ersten Previews für andere Smartphones, und zwar so viele wie nie zuvor. Google verweist auf seiner Seite auf die Testprogramme von Asus, Lenovo, Noko, Oneplus, Oppo, Realme, Sharp, Tecno, Vivo, Xiaomi und ZTE. Natürlich aber nicht für alle deren Geräte, sondern für ein paar ausgewählte.

Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass die Nutzer hier besonders vorsichtig sein sollten. Die Fehleranfälligkeit ist bei anderen Herstellern in dieser Phase typischerweise deutlich höher, einfach weil sie noch nicht viel Zeit zum Testen hatten. Insofern ist das dann eher was für Leute mit Zweit-Smartphone zum Experimentieren.

Ausblick

Der Zeitplan sieht die Veröffentlichung von zwei weiteren Betas in den kommenden Monaten vor. Bereits im Juni gelten aber die Programmierschnittstellen von Android 13 als stabil, womit auch die Aufnahme entsprechend optimierter Apps in den Play Store erlaubt wird.

Die fertige Version von Android 13 – das übrigens intern den Codenamen Tiramisu trägt – soll dann im Sommer folgen. Derzeit sieht es ganz gut aus, dass sich gar Anfang August ausgehen könnte. Das wäre dann doch deutlich früher im Jahr als bei Android 12, das im Quellcode Anfang Oktober veröffentlicht wurde. Die ersten Updates gab es gar erst Ende Oktober.

Der Zeitplan für Android 13.
Foto: Google

Der Zeitplan für Android 13 eröffnet damit auch die Chance, dass bis Ende des Jahres bereits ein deutlich größerer Teil an Smartphones auf die neue Version aktualisiert hat, als es in den vergangenen Jahren der Fall war.

Fazit

Das ganz große Update ist Android 13 nicht, das ist in dem Fall aber auch gut so. Im Vorjahr hatte Google offensichtliche Probleme, all die Neuerungen von Android 12 auch nur irgendwie halbwegs zeitgerecht fertigzubekommen. Hier mal ein etwas ruhigeres Jahr zur Konsolidierung einzulegen ist insofern eine gute Idee – und das, was da ist, sind ja auch alles durchaus sinnvolle Verbesserungen.

Für die meisten Nutzer wird aber ohnehin eine andere Frage wichtiger sein: ob es Google mit Android 13 gelingt, die Update-Verbreitung weiter zu beschleunigen. Zuletzt hatte man dabei ja in Kooperation mit großen Herstellern wie Samsung deutliche Fortschritte gemacht. Da könnte helfen, wenn Android 13 ein nicht ganz so massives Upgrade ist, immerhin reduziert das auch den Aufwand für die Partnerfirmen. (Andreas Proschofsky, 12.5.2022)