Wer nach der Yogapraxis zusätzlich eine Meditation einlegt, kann nachweislich seinen Stresspegel senken.

Foto: Getty Images/iStockphoto/fizkes

Gefühlt wurden die Yogamatten im Lockdown noch einmal öfter ausgerollt als zuvor – denn nachdem sämtliche Studios hatten schließen müssen, gab es für viele trotzdem keinen Grund, die Yogapraxis zu unterbrechen. Ganz im Gegenteil. Nun wurden der herabschauende Hund und andere Yogapositionen nicht mehr in der Gruppe absolviert, sondern zu Hause vor dem Bildschirm. Vor allem kurze Yogasessions aus dem Internet, die 20 bis 30 Minuten dauern, haben durch die Pandemie einen richtigen Hype genossen. Aber: Sind diese kurzen Einheiten überhaupt sinnvoll?

Eine Studie aus Deutschland könnte Antworten auf diese Frage liefern. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass körperliche Yogaübungen oftmals einen größeren Nutzen haben, wenn sie mit anderen Komponenten wie etwa mit Atemübungen oder Meditation kombiniert werden.

Im Vorfeld der Studie erstellte Karin Matko, Psychologin an der Technischen Universität Chemnitz, eine Metasynthese, also eine breite Analyse bisheriger Studien zum Thema Yoga. Sie betrachtete 19 Übersichtsarbeiten mit insgesamt 330 bereits erschienenen Studien und kam zu dem Schluss: "Kombinierte Yogaeinheiten sind besser als Yoga allein – das war in fast allen Fällen ersichtlich." Bluthochdruck ging zurück, und auch Diabeteswerte wurden nach kombinierten Einheiten besser. Eine Studie zeigte auch deutlich, dass bei Patientinnen und Patienten, die von Asthma betroffen sind, mit körperlichem Yoga allein keine Besserung erzielt werden konnte – erst in Kombination mit Atemübungen war ein Effekt erkennbar.

Ethische Grundsätze

In ihrer Studie untersuchte Matko dann nicht nur den Zusammenhang zwischen Yoga, Meditation und Atemübungen, sondern nahm noch ein weiteres Element aus der ursprünglichen Yogalehre dazu – die Ethik. Zur Erklärung: In der traditionellen Yogalehre gibt es zehn ethische Grundsätze. Sie sollen einen friedlichen Umgang mit anderen Menschen und der Umwelt lehren.

Vor jeder Yogaeinheit stellten sie und ihr Team den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Thema aus alten Yogaschriften vor. Beim Thema Wahrhaftigkeit etwa ging es um die Frage: Wann bin ich nett, statt ehrlich zu sein? Erkenne ich meine eigenen Grenzen? "Das führte bei vielen zu einem intensiven Nachdenken", erläutert die Psychologin. Erst danach ging eine Gruppe zur körperlichen Yogapraxis über. Eine zweite Gruppe machte gar kein körperliches Yoga, sondern meditierte ausschließlich. Das Ergebnis: Die Kombination aus Ethik und körperlichem Yoga schien am meisten zum Wohlbefinden der Teilnehmer und Teilnehmerinnen beizutragen.

Wie unterschiedlich verschiedene Kombinationen wirken, zeigen weitere Ergebnisse aus der Metasynthese und Matkos Studie. Beim Thema Stress schien die Abfolge aus Yoga und Meditation besonders wirkungsvoll zu sein – für die Konzentrationsfähigkeit hingegen eine Mischung aus Atemübungen und Meditation.

Regelmäßigkeit am wichtigsten

Warum gerade Kombinationen bessere Effekte erzielen können, erklärt die Psychologin so: "Schon beim Ursprungsgedanken des Yoga wird eine Mischung aus Körper, Geist und Seele empfohlen. Bei uns wird jedoch der Fokus oft vor allem auf die Asanas, also die körperlichen Positionen des Yoga, gelegt. Ich denke, wir sollten den Schwerpunkt wieder auf das Ganzheitliche richten." Die Expertin plädiert auch dafür, in weiteren Studien "alle Komponenten des Yoga" miteinzubeziehen und verschiedene Kombinationen für bestimmte präventive Maßnahmen und Erkrankungen zu erforschen. Erkenntnisse zum Nutzen ethischer Lehren des Yoga gebe es ihrer Meinung nach noch viel zu wenige.

Aber zurück zur Frage, ob die 30-Minuten-Yoga-Einheiten aufgrund der neuen Erkenntnisse überhaupt sinnvoll sind. Für Matko ist klar: "Auch wenn Kombinationen aus der Yogalehre oft die besseren Ergebnisse erzielen, gilt das nicht unbedingt für jede Person." Wichtig sei, dass man das tut, was einem guttut. Demnach sei es besser, 30 Minuten Yoga zu praktizieren und das dafür regelmäßig, als unregelmäßig oder selten eine Kombination verschiedener Methoden zu üben. Jeder und jede sei allerdings dazu eingeladen, mehrere Yogamethoden auszuprobieren und zu kombinieren um die jeweils richtige für sich zu finden. Denn eine weitere Sache zeigte sich in ihrer Studie ganz klar: "Die besten Wirkungen haben die Teilnehmenden erzielt, denen das Praktizieren leicht gefallen ist." Der eigene Körper merkt also ziemlich genau, was ihm guttut und was eher nicht. (Jasmin Altrock, 15.5.2022)