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Seltsame Dinge geschehen bei Nvidia.

Foto: Manu Fernandez / AP

Für langjährige Linux-Nutzer mag das Folgende ziemlich unglaubwürdig klingen, und doch ist es tatsächlich kein verspäteter Aprilscherz. Nvidia hat angekündigt, die Kernel-Bestandteile seines Grafiktreibers als Open Source zu veröffentlichen und weiterzuentwickeln.

Quellcode

Am Mittwochabend offiziell via Nvidia-Blog vermeldet, folgte kurz darauf die Tat. Der zugehörige Code wurde mittlerweile auf Github veröffentlicht, er steht unter einer dualen GPL/MIT-Lizenz. Damit vollzieht Nvidia nach Jahren der Kritik eine Kehrtwende. Während andere Hersteller wie Intel und AMD ihre Treiber schon seit längerem größtenteils als Open Source veröffentlichen, bestand Nvidia bis zuletzt auf rein proprietärer Software – was über die Jahre zu einer Fülle von Problemen geführt hat.

Durch die Veröffentlichung als Open Source besteht nun die Möglichkeit der direkten Aufnahme in den Linux-Kernel, was die Wartung des Treibers erheblich vereinfachen sollte. Derzeit ist das allerdings noch eine eher theoretische Perspektive. Laut Nvidia ist der Code nämlich noch nicht in einem Zustand, der für eine offizielle Kernel-Aufnahme geeignet ist. Gemeinsam mit den großen Distributoren will der Hardwarehersteller aber die notwendigen Anpassungen vornehmen, um das gesetzte Ziel zu erreichen.

Positive Reaktionen

Red-Hat-Entwickler Christian Schaller zeigt sich in einem Blogposting äußerst erfreut über diesen Schritt. Diese Richtungsänderung sollte Linux-Distributionen langfristig die Unterstützung von Nvidia-Systemen deutlich erleichtern. Zudem könnte der Treiber dann im Tandem mit dem Kernel entwickelt werden, was eine wesentlich schneller Anpassungen an neue Technologien und somit ein Ausräumen der bekannten Kompatibilitätsprobleme verspricht.

Der Ankündigung seien ausführliche Gespräche im Hintergrund vorangegangen, an denen auch die Entwickler des freien – aber inoffiziellen – Nouveau-Treibers beteiligt waren. Als Nächstes soll darüber diskutiert werden, wie man eine gemeinsam Zukunft für unterschiedliche Projekte – also den Treiber von Nouveau und jenen von Nvidia – finden könnte.

Ausblick

So signifikant dieser Wechsel auch langfristig ist, er wird nicht von einem Tag auf den anderen vorgenommen. Die neuen Kernel-Module werden zunächst einmal nur mit den für Rechenzentren gedachten Ausgaben der Turing- und Ampere-GPUs funktionieren. Nach und nach soll die Nutzung der Open-Source-Kernel-Module aber ausgeweitet werden. Dass dabei auch ältere GPUs bedient werden, erscheint jedoch eher unwahrscheinlich, es wird insofern wohl eine längere Übergangsphase geben.

Vieles einfach ausgelagert

Betont werden muss zudem, dass so ein Treiber nicht bloß aus den Kernel-Modulen besteht, es wird also weiterhin proprietäre Firmware und Userpace-Komponenten geben. Diese sind allerdings für die Integration in eine Distribution erheblich weniger Problem als die Kernel-Bestandteile. Zudem gibt es auch andere Hardware, die unter Linux proprietäre Firmware verwendet. (Andreas Proschofsky, 12.5.2022)