Diese Energiezelle versorgte den ARM-Cortex-M0-Mikroprozessor ein Jahr lang zuverlässig mit Strom.

Foto: University of Cambridge/Paolo Bombelli

Kann man einen Computer nur mit Licht und Wasser laufen lassen? Dieser Frage sind Forscher der University of Cambridge und der britische Chipkonzern ARM mit einem Experiment nachgegangen. Und die Antwort lautet: Ja! Dank des Einsatzes einer Alge gelang es ihnen, einen Mikrochip seit nunmehr über einem Jahr ausschließlich auf diesem Wege mit ausreichend Strom zu versorgen.

Ihre biologische Energiezelle setzt dabei auf Synechocystis, ein im Wasser lebendes Cyanobakterium, das ausschließlich ungiftige Ausscheidungen erzeugt. In seinem Habitat, das circa das Volumen einer konventionellen AA-Batterie einnahm, ernährt es sich ausschließlich per Fotosynthese von Umgebungslicht.

Bei diesem Prozess entsteht niedrige elektrische Spannung, die mit einer Aluminiumelektrode zur Versorgung des Chips genutzt wurde. Der Prototyp wurde mit günstigen, gut verfügbaren und vor allem recycelbaren Materialien umgesetzt. Solche kleinen "Kraftwerke" massenhaft herzustellen stellt also keine große Herausforderung dar.

Strom auch in der Nacht

Beim Mikrochip in diesem Versuch handelt es sich um einen ARM-Cortex-M0+-Prozessor. Der extrem sparsame 32-Bit-Prozessor ist primär für den Einsatz in sogenannten Embedded Systems gedacht. Darunter fallen etwa Steuerungseinheiten für Aufzüge oder industrielle Prozesse, aber oft auch "smarte" Produkte für den Haushalt. Auch in einfachen Smartwatches sind Chips der Cortex M-Reihe zu finden.

Die Testumgebung des Versuchs beschreibt man als "häusliche Semi-Outdoor-Umgebung", bei der das System auf natürliches Licht angewiesen und üblichen Temperaturschwankungen ausgesetzt war. Dabei lieferten die Algen auch während der Dunkelheit Strom, was dem kleinen Computer ermöglichte, durchgehend Messdaten in die Cloud zu übertragen. Die Forscher vermuten, dass dies daran liegt, dass sie während des Tages genug Nahrung per Fotosynthese erzeugen, sodass die Verarbeitung durch die Nacht hindurch weiterläuft.

Alternative zu kleinen Lithium-Ionen-Akkus

Gaming-Computer werden so schnell eher nicht mit "Algenenergie" laufen, aber gerade im Bereich "Internet of Things" sieht man das größte Potenzial für den biologischen Reaktor. Statt für Sensoren und andere Geräte, die mit sehr wenig Energie auskommen, Akkus zu verbauen oder sie ans Stromnetz hängen zu müssen, könnte die Bio-Energiezelle eine verlässliche und umweltfreundliche Alternative bieten. Zudem werde weltweit nicht ansatzweise genug Lithium abgebaut, um künftig Billionen an kleinen, vernetzten Geräten mit Akkus auszustatten.

Der Versuch hatte schnell die Erwartungen der Wissenschafter übertroffen. "Wir waren erstaunt, wie konsistent das System über lange Zeit funktioniert", sagt Paolo Bombelli, einer der Autoren des Papers, das im Journal "Energy & Environmental Science" veröffentlicht wurde. "Wir dachten, es würde nach ein paar Wochen aufhören zu funktionieren, aber es lief einfach weiter." (gpi, 12.5.2022)