Roger Bader weiß, dass gegen die Topnationen normalerweise nichts zu holen sein und das Großbritannien-Match das Schlüsselspiel werden wird.

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Raffl: "Wenn wir die Möglichkeit haben, müssen wir zuschlagen."

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Im WM-Finale 2021 setzten die Finnen um Mikael Ruohomaa (links) den Kanadiern um Brandon Hagel zu. Die Ahörnblätter gewannen schließlich erst in der Overtime 3:2.

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Mit einem prominenten Abwesenden hebt am Freitag in Finnland das 85. Eliteturnier der internationalen Eishockey-Föderation IIHF an. Wichtiger ist in Suomi nur die Diskussion um den Nato-Beitritt. Die Gastgeber, die nach dem Olympiasieg in Peking zum ersten Mal an der Spitze der Weltrangliste stehen, könnten als zweite Nation nach Schweden (2006) das Double schaffen, wenn sie nach 1995, 2011 und 2019 zum vierten Mal den Titel holen. Kanada könnte sich mit der Wiederholung des Vorjahreserfolgs zum alleinigen Rekordweltmeister aufschwingen.

Mit 27 Titeln liegen die "Ahornblätter" gleichauf mit Russland, das wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine neben Belarus ausgeschlossenen wurde. Das ermöglichte Frankreich und Österreich erst die Teilnahme. Statt den Anfeuerungen "Scheibu, Scheibu" für die Sbornaja wird auf den Rängen – wenn auch sicherlich etwas dezenter – "Immer wieder, Immer wieder" zum Besten gegeben werden.

Strapaziöser Spielplan

Für die von Roger Bader dirigierte österreichische Auswahl ist das vorrangige Ziel wie üblich der Klassenerhalt, der zuletzt 2018 in Dänemark gelang. Das von Kapitän Thomas Raffl angeführte Team bekommt es in Gruppe B mit den Kapazundern Finnland, USA, Tschechien und Schweden, sowie den auch nicht zu unterschätzenden Gegnern Norwegen und Lettland zu tun.

Am Ende der Gruppenphase folgt als siebentes Spiel in zehn Tagen schließlich das wohl entscheidende Match gegen Großbritannien. Ein Erfolg gegen das Mutterland des Fußballs auf Eis sollte jedoch nicht vorausgesetzt werden. Die Briten bestreiten immerhin ihren dritten Auftritt in der Elite en suite. Bei der WM 2019 in der Slowakei schafften sie den Klassenerhalt durch ein 4:3 nach Verlängerung gegen Frankreich, während Österreich durch ein 3:4 nach Penaltyschießen gegen Italien wieder einmal eine Etage tiefer rutschte. Nach der 2020 wegen der Pandemie abgesagten WM bestätigten die Briten 2021 ihre Klasse durch einen 4:3-Erfolg gegen Belarus und einen Punkt aus der 2:3-Niederlage nach Verlängerung gegen Dänemark.

Bader legt nach einer gelungenen Vorbereitung mit knappen Testspielniederlagen gegen Topnationen eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten nahe. "Selbst wenn wir vorher eine andere Mannschaft schlagen, Großbritannien wird ein Schlüsselspiel sein, weil die direkten Begegnungen zählen. Das heißt aber nicht, dass wir vorher alle Spiele herschenken." Gegen die vier Topnationen sei jedoch "normalerweise nichts zu holen".

Auch Norwegen und Lettland sind höher einzuschätzen, weil sie seit vielen Jahren der Elite angehören. Bader: "Um sie zu schlagen, braucht es von uns das perfekte Spiel. Aber wir brauchen im letzten Spiel die Energie. Ein kleiner Vorteil könnte sein, dass wir am Tag davor spielfrei haben." Die Briten hingegen sind dann gegen Lettland im Einsatz.

Die beiden Gruppenletzten steigen ab, Ungarn und Slowenien rücken auf. Allerdings ist noch offen, welche Teams die WM 2023 bestreiten. Wie mit Russland und Belarus weiter verfahren wird, ist nicht abzusehen. Das Turnier wurde jedenfalls St. Petersburg entzogen, neben Riga und erneut Tampere bewerben sich auch Ungarn und Slowenien als Ersatzgastgeber.

Tempel in Tampere

Während in Suomi die Gruppe-A-Spiele mit Kanada, Schweiz, Slowakei, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Kasachstan und Italien in Helsinki steigen werden, dürfen sich Österreichs Eishackler in der um 124 Millionen Euro errichteten, nagelneuen und 13.455 Zuschauer fassenden Nokia-Arena in Tampere präsentieren. Das Stadion soll das modernste seiner Art sein. Insgesamt werden in der rund 180 Kilometer nördlich von Helsinki gelegenen 240.000-Einwohnerstadt über 280.000 Fans erwartet. Neben zwei Viertelfinale werden auch die Halbfinale, das Match um Platz drei und das Finale am 29. Mai dort ausgetragen.

Dass Österreich mit seinen 13 WM-Neulingen, darunter dem erst 18-jährigen Schweden-Legionär Marco Kasper ins Viertelfinale kommt, ist äußerst unwahrscheinlich. Mit seinen Kollegen ist Raffl aber nicht nur auf das Spiel gegen Großbritannien fokussiert, man wolle auch gegen die Topnationen das Beste geben. Raffls Plan: "Kompakt auftreten, im Kopf stark bleiben und jeden Tag alles geben. Wenn wir bereit sind, zu lernen und uns an das Tempo anzupassen, haben wir eine realistische Chance. Wenn wir die Möglichkeit haben, müssen wir zuschlagen. Es werden harte Spiele."

Ohne Zwerger

Eine Hiobsbotschaft gab es am Donnerstag: Flügelstürmer Dominic Zwerger (Ambri-Piotta) fällt aus. Für ihn wurde Simeon Schwinger vom Dornbirner EC nachnominiert. Zwerger ist nach einem Check im Spiel gegen Deutschland noch nicht voll fit, hatte zuletzt über Schwindel geklagt.

In Finnland auch nicht dabei sein werden die Amerika-Legionäre Michael Raffl und Marco Rossi. Raffl spielt mit den Dallas Stars im NHL-Play-off. Rossi hatte mit Iowa Wild das AHL-Play-off verpasst, sagte dem ÖEHV-Team jedoch wegen einer leichten Verletzung ab. (Thomas Hirner, 13.5.2022)

25-Mann-Kader für die WM in Finnland:

Tor: David Kickert (Vienna Capitals/76 Länderspiele), David Madlener (Dornbirn/52), Bernhard Starkbaum (Vienna Capitals/136)

Verteidigung: Nico Brunner (VSV/27), Dominic Hackl (Vienna Capitals/30), Dominique Heinrich (RB Salzburg/82), Erik Kirchschläger (Graz99ers/52), David Maier (KAC/27), Clemens Unterweger (KAC/54), Philipp Wimmer (RB Salzburg/9), Bernd Wolf (Lugano/SUI/46), Kilian Zündel (RB Salzburg/21)

Sturm: Oliver Achermann (La Chaux-de-Fonds/SUI/9), Benjamin Baumgartner (Lausanne/SUI/29), Nico Feldner (Sheffield Steelers/GBR/8), Manuel Ganahl (KAC/115), Lukas Haudum (KAC/78), Paul Huber (RB Salzburg/10), Marco Kasper (Rögle/SWE/4), Brian Lebler (RB Salzburg/80), Benjamin Nissner (RB Salzburg/19), Thomas Raffl (RB Salzburg/107), Peter Schneider (RB Salzburg/47), Ali Wukovits (RB Salzburg/25), Simeon Schwinger (Dornbirner EC/0)

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Spielplan für das ÖEHV-Team

Samstag, 14. Mai, 11:20 Uhr: Schweden vs. Österreich

Sonntag, 15. Mai, 15.20 Uhr: Österreich vs. USA

Dienstag, 17. Mai, 15:20 Uhr: Tschechien vs. Österreich

Mittwoch, 18. Mai, 15:20 Uhr: Norwegen vs. Österreich

Freitag, 20. Mai, 19.20 Uhr: Lettland vs. Österreich

Samstag, 21. Mai, 15:20 Uhr: Österreich vs. Finnland

Montag, 23. Mai, 19:20 Uhr: Österreich vs. Großbritannien (alle live auf ORF Sport+)

Gruppe A (in Helsinki): Kanada (Platz 2 in Weltrangliste), Deutschland (9), Schweiz (6), Slowakei (8), Dänemark (10), Kasachstan (15), Italien (16), Frankreich (13)

Gruppe B (in Tampere): Finnland (1), USA (4), Tschechien (7), Schweden (5), Lettland (11), Norwegen (12), Großbritannien (18), Österreich (17)