Eigentümerschaft von Netzbetreibern und die Regulierung des Telekommunikationsmarktes gehören nicht unter ein Dach.

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Wien – Die Bündelung der Telekommunikations- und Digitalagenden im Finanzministerium geht nicht so easy, wie bei der eiligen Regierungsumbildung geplant. Probleme gibt es mit der Sektion IV des in Auflösung befindlichen Ministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.

Ebendort war alles angesiedelt, was mit Recht, Technik, Sicherheit und Infrastruktur in der Post- und Telekommunikationsbranche in Österreich zu tun hat. Und, nicht zu vergessen, die dazugehörigen, in der Rundfunk- und Telekomregulierungsbehörde RTR gebündelten Regulierungsagenden.

Unabhängig und weisungsfrei

Die RTR ist – wie der Energieregulator E-Control – eine unabhängige, weisungsfreie Behörde mit richterlichem Einschlag. Wie der Name schon sagt, muss sie unabhängig sein. Denn sie überwacht den Telekommunikationsmarkt, macht das Monitoring der Wettbewerbssituation – und weist die Exmonopolisten Österreichische Post AG und die Telekom Austria gegebenenfalls in die Schranken.

Genau hier droht im Zuge des Transfers vom Landwirtschafts- ins Finanzministerium ein veritables Problem. Denn Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat für Post und Telekom Austria bereits einen Hut auf. Er ist oberster Eigentümervertreter der Staatsholding Öbag, die wiederum die Staatsanteile an Telekom und Post hält.

Zwei Hüte

Mit der zur Telekom-Sektion gehörigen RTR käme ein zweiter Hut dazu – und damit eine Unvereinbarkeit. Denn als Eigentümervertreter ist der Finanzminister dividenden-berechtigt. Er hat also vitales Interesse an möglichst hohen Gewinnausschüttungen. Das wiederum kann im Widerspruch zu den regulatorischen Anforderungen stehen. Denn als größter Telekommunikationsbetreiber Österreichs könnte die Telekom Austria als Exmonopolist ihre zweifellos vorhandene Marktmacht missbrauchen und so ihre Gewinne erhöhen. "Rüberschieben ins Finanzministerium ist ein Problem, das wird nicht gehen", sagen mit Telekom- und Wettbewerbsrecht vertraute Juristen. Damit würde sich die Regierung ein veritables Problem mit der EU-Kommission einhandeln.

Strukturelle Trennung

Die entsprechende EU-Richtlinie spricht hinsichtlich Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden eine deutliche Sprache. Wenn Mitgliedsstaaten an Unternehmen beteiligt sind, haben sie eine wirksame strukturelle Trennung sicherzustellen, heißt es im Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (EECC), wie die Richtlinie 2018/1972 heißt. Teil dieser Richtlinie ist die Verordnung (EU) 2018/ 1971, mit der das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) eingerichtet wurde.

Klar ist damit: Sogenannte Chinese Walls als Abgrenzung werden nicht reichen. Die Telekom- und Postregulierung ist – wie in den vergangenen 25 Jahren – in einem anderen Ministerium anzusiedeln. Bei der Post geht es regulatorisch um die flächendeckende Versorgung mit Postdiensten, die dem Streben nach höheren Gewinnausschüttungen in der Regel nicht zuträglich ist.

Problem erkannt

Im Finanzministerium ist man sich des Problems inzwischen bewusst. Man suche eine Lösung, sagte Finanzminister Magnus Brunner auf Anfrage des STANDARD.

Als Ausweg gilt in Regierungskreisen eine Teilung der Sektion. Breitband-Büro und dazugehörige Materien wandern mit dem Bundesrechenzentrum ins Finanzministerium. Recht, Telekompolitik und IKT-Infrastruktur wandern zu Martin Kocher ins Wirtschaftsministerium. (Luise Ungerboeck, 13.5.2022)