Der Traum von einer Bitcoin-Stadt lebt laut Präsident Bukele weiter.

Foto: JOSE CABEZAS

Es waren vollmundige Ankündigungen von Regierungschef Nayib Bukele, im Staat El Salvador Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel einzuführen und mit Staatsgeld die Kryptowährung im großen Stil zu kaufen. Nach dem Sturz der Märkte hat man allerdings nicht nur ein Drittel des Einsatzes bereits verloren, auch die Bürgerinnen und Bürger wollen den von ihrem Präsidenten vorgezeichneten Kryptoweg eigentlich nicht mitgehen.

Bitcoin City

Die Einführung der neuen Währung gestaltete sich tatsächlich holprig. Technische Probleme und Fälle von Identitätsdiebstahl sorgten schnell für große Skepsis der Bevölkerung gegenüber der Kryptowährung. Hinzu kam, dass viele Geschäfte Zahlungen mit Bitcoin nicht akzeptierten und jene, die es ermöglichten, kaum Kunden fanden, die es nutzten.

Ähnlich erfolglos gestaltet sich der bisherige Fortschritt der geplanten Bitcoin City. Von Präsident Bukele groß angekündigt, fehlt es der im Bau befindlichen Erweiterung einer bestehenden Industriestadt noch immer an den grundlegenden Infrastrukturen, um das "Mekka für Kryptoenthusiasten", wie Bukele es gerne nennt, werden zu können. Sogar die größten Befürworter der Technologie zeigen sich mittlerweile aufgrund dieser zahlreichen Stolpersteine skeptisch, dass das Land die gesetzten Ziele in diesem Bereich erreichen kann.

Lokale Kritiker der vom Staat angetriebenen Bitcoin-Euphorie sehen die Bewegung deshalb bereits als gescheitert an, da sie nicht zum versprochenen wirtschaftlichen Aufschwung geführt hat, sondern vom Präsidenten vielmehr als weitere Zentralisierung seiner Macht genutzt wird. "Politico" zitiert in diesem Zusammenhang die oppositionelle Claudia Ortiz: "Bei der Bitcoin-Philosophie geht es um Freiheit, aber in El Salvador ist das Bitcoin-Experiment Teil eines autoritären Projekts – das passt nicht zusammen."

Optimismus lebt

Aber es gibt auch positive Stimmen der Entwicklung gegenüber. So zeigt sich der Bürgermeister, dessen Stadt einmal die Bitcoin City sein soll, optimistisch. "Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut." Auch Präsident Bukele spricht weiterhin von einem Hafen, einem Flughafen und einer Zuglinie, die Bitcoin City mit dem Rest der Welt künftig verbinden soll. Auch in der Bevölkerung gibt es weiterhin Befürworter der Pläne.

Ein von "Politico" befragter Entwickler etwa meint, dass er mehrmals wöchentlich Geld von seinem Bitcoin-Konto abhebt. Das würde wunderbar funktionieren, bestätigt der Mann gegenüber der Website. Auch andere Stimmen werden zitiert, die meinen, dass die Probleme beim Ausrollen der Bitcoin-Pläne überzogen dargestellt würden. "Die Regierung hat die neue Währung innerhalb von drei Monaten eingeführt – den Euro einzuführen und zu erklären hat drei Jahre gedauert", wird ein weiterer Entwickler zitiert.

Auch der Tourismus sei durch das Engagement in Sachen Kryptowährung angekurbelt worden. So gibt es neue Taxi-Unternehmen, die Interessierte vom Flughafen direkt zum Bitcoin Beach bringen würden – ein kleines Surfparadies, in dem man an jeder Stelle mit Bitcoin zahlen kann. Auch das Vermitteln von Wissen über Bitcoin habe sich zu einem Wirtschaftszweig entwickelt.

Absturz

Der aktuelle Absturz des Kryptomarktes hat El Salvator trotzdem sehr getroffen. 103 Millionen Dollar hat Präsident Bukele in Bitcoin investiert. Der Wert dieser Anlage hat sich in den letzten Wochen auf rund 66 Millionen verringert. Erst am 9. Mai hatte Bukele weitere 500 Bitcoin nachgekauft, um den "Dip" und somit die günstigeren Preise auszunutzen, wie er wissen ließ. Allein dieser Kauf war rund 15,3 Millionen Dollar wert – und hat in der letzten Woche rund eine Million an Wert verloren. Am Freitag kämpfte sich der Bitcoin-Preis aber zumindest wieder auf über 30.000 Dollar zurück. (red, 13.5.2022)