"Das ist nicht das Wohnzimmer, in dem wir waren", ruft Heinz-Christian Strache in genau dem Wohnzimmer stehend, in dem er vor fünf Jahren sieben Stunden lang geredet hat, sodass es vor drei Jahren reichte, die türkis-blaue Regierung in die Luft zu jagen.

"Wo ist die Küche", fragt er auch, als ob man ihm etwas genommen hätte. Es ist Mai 2022, und Corinna Milborn ist mit Strache in jener Finca auf Ibiza, in der das Video entstand, das alles änderte. Für den Film "Herr Strache fährt nach Ibiza – Zurück zum Ende" holte Milborn ihn am Flughafen ab und fuhr über holprige Straßen mit ihm zu entlegenen Finca.

"Ganz, ganz komisch"

"Ganz, ganz komisch" komme ihm die Villa vor, und so klein, sinniert er auf der Terrasse. Schon am Flughafen wirkte der einstige Star der europäischen Rechtsextremistenszene mit seinem Trolley verloren, als hätte er seine Seniorenreisegruppe verloren.

Dass er überhaupt geglaubt habe, dass eine reiche Russin in so einer muffigen Villa residiere, habe daran gelegen, dass man ihm erklärt hätte, sie lebe in einer anderen Villa mit ihren Kindern, diese sollten aber nicht gestört werden.

"Wo ist die Küche?" Heinz-Christian Strache wirkt nach fünf Jahren desorientiert in der Finca, wo er Corinna Milborn trifft.
Foto: Puls 4

"Das ist Ihr Platz, bitte", sagt Milborn, als sie sich zum Interview auf die für Strache schicksalhafte Couch setzen. 2022 steht dort statt Alkohol Desinfektionsmittel. Milborn schont den Ex-Vizekanzler nicht, bohrt dort, wo es wehtut – oder besser gesagt: wehtun könnte. Denn Strache zeigt drei Jahre später so gut wie keine Reue.

Unterhose oder T-Shirt

"Man ist auf Urlaub und denkt sich nichts", meint er einmal. Wer möchte so gefilmt werden, wenn er "vielleicht sogar in der Unterhose" herumliege. Er war aber nicht in der Unterhose, erinnert ihn Milborn. Trotzdem, meint er, er wäre auch "nicht in dem T-Shirt" bei Milborn zum Interview erschienen. Ein dunkles Hemd ohne Krawatte trägt er 2022.

Das Leiberl "habe ich mir noch aufgehoben". Er hoffe, es eines Tages versteigern zu können, erklärt er und setzt nach: "Für einen guten Zweck!"

Langsam dämmert die Erinnerung auf der Terrasse.
Foto: Puls 4

Als ihn Milborn mit dem "eindeutigen Korruptionsangebot" in Sachen Strabag konfrontiert, meint er, im "Gesamtkontext" sei alles "gesetzeskonform gewesen". Und wie solle man "am Rechnungshof vorbei" verstehen? Strache: "Es gibt viele Möglichkeiten zu spenden."

Flapsige Fehler

Er habe eben "was Flapsiges gesagt". Fast gleichlautend hat übrigens auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Mittwoch auf Servus TV seine Fehltritte zusammengefasst. "Flapsig" hätte man halt kommuniziert.

Strache sieht seinen Rücktritt als "einzigen Fehler". Die Äußerungen über "zack, zack, zack" abservierte Journalisten und den Kauf der "Kronenzeitung" erklärt er damit, dass es normal sei, dass man sich wünsche, dass "Journalisten nicht nur bösartig über einen berichten, sondern auch vielschichtig".

Finca und Häfen

Doch Strache ist nicht der Einzige, der in dem Film zu Wort kommt. Stefan Kaltenbrunner hat den Drahtzieher Julian Hessenthaler im Gefängnis interviewt, die Erinnerungen der beiden Männer an den gemeinsamen spanischen Abend sind recht unterschiedlich. Dabei fällt auf, dass der Mann in Haft weitaus gefasster wirkt, als der Ex-Politiker, der trotz finanzieller Anspannungen immer noch in seiner Villenetage lebt, wie er bestätigt.

Rückkehr ins Wohnzimmer als Ex-Vizekanzler.
Foto: Puls 4

Er habe "x-mal" die Villa und die falsche Oligarchennichte verlassen wollen, sagt Strache. Falsch, meint Hessenthaler, Strache habe einen einzigen Moment des Zweifels gehabt, und zwar, weil er offenbar "ein Fußfetischist" sei.

"Die Fußnägel waren nicht in dem Zustand, wie sie Herr Strache darstellt", meint Hessenthaler, die Oligarchendarstellerin wäre sogar irritiert von der späteren Diskussion darüber gewesen.

Statt der kleinen Finca habe Hessenthaler ein Objekt um 10.000 Euro im Sinn gehabt, das aber dann nicht frei war. Man musste umdisponieren und die Geschichte mit den Kindern erfinden.

Düsteres Komplott

Strache hat nicht nur mit Johann Gudenus gebrochen. Er vermutet ein düsteres Komplott auch von ÖVP und FPÖ. Dass Menschen ihm die Falle gestellt haben, weil er jahrelang Flüchtlinge, Muslime und Medien angriff, wie Milborn zu bedenken gibt, ist für Strache nicht genug.

Hessenthaler glaubt an einen Zusammenhang zwischen seiner – nicht rechtskräftigen – Verurteilung wegen Drogenhandels und dem Abend in der Finca. Immerhin habe er aber nicht "auf Kosten der Republik und der Steuerzahler gelebt", bemerkt Hessenthaler trocken, allerdings "genieße" er "jetzt auf Kosten der Republik eine fragwürdige Haft". (Colette M. Schmidt, 15.5.2022)