Der Ausfall unter anderem bei der Fruchtverarbeitung in Russland und der Ukraine belastet das Ergebnis der Agrana.

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Wien – Abschreibungen auf das Russland- und Ukraine-Geschäft haben dem börsennotierte Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021/22 einen herben Verlust eingebrockt. Das Konzernergebnis drehte von 55 Millionen Euro im Jahr 2020/21 auf minus 12,2 Millionen Euro. Das Ergebnis aus Sondereinflüssen habe minus 69,8 Millionen Euro betragen, primär bedingt durch Wertberichtigungen in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, teilte die Agrana am Freitag mit.

Trotz aller Turbulenzen hält will Agrana vorerst am Russlandgeschäft festhalten. Man müsse aber "jeden Tag neu bewerten", ob es richtig sei dortzubleiben, sagte Agrana-Chef Markus Mühleisen am Freitag bei der Jahresbilanz-Präsentation in Wien. In Russland produziere man "essenzielle Grundnahrungsmittel".

71 Millionen Euro Sondereffekt

Der Abschreibungs- und Wertminderungsbedarf aufgrund des Ukraine-Kriegs belief sich auf rund 71 Millionen Euro. Der heimische Konzern betreibt ein Fruchtzubereitungswerk südlich von Moskau und zwei Produktionsstandorte für Fruchtsäfte- und Fruchtzubereitungen südlichwestlich von Kiew. Fruchtzubereitungen werden unter anderem für Joghurts und Eiscreme verwendet. Auf die Ukraine entfielen zuletzt rund 1,7 Prozent des Konzernumsatzes, auf Russland rund zwei Prozent.

"Wir sind entsetzt über die Kriegshandlungen und wir verurteilen aufs schärfste die Menschenrechtsverletzungen", so der Agrana-Chef. Man stehe "voll hinter allen politischen Sanktionen" und habe die Investitionen gestoppt. Die Agrana stimmt sich in Russland laufend mit ihren internationalen Kunden ab. Die EU- und USA-Sanktionen machen den Betrieb aber immer schwieriger, etwa weil Ersatzteile für Maschinen nicht mehr ins Land kommen. Stand heute sei "man überzeugt, dass es das Richtige sei dortzubleiben", sagte Mühleisen. "Es ist eine enorm, schwierige ethische Frage". In der Ukraine beschäftigt die Agrana rund 800 Mitarbeiter und in Russland rund 300. Trotz Krieg sind die zwei ukrainischen Werke zu 60 bis 70 Prozent ausgelastet.

Rohstoffpreise belasten

Im Geschäftsjahr 2021/22 haben stark gestiegene Rohstoff- und Energiepreise das Agrana-Geschäft belastet. Kräftige Gewinne im Bioethanol- und Stärkegeschäft standen Verlusten im Frucht- und Zuckergeschäft gegenüber. "Bis zum Kriegsausbruch waren wir für die Erreichung unserer Ziele voll auf Kurs und hätten ohne negatives Ergebnis aus Kriegssondereinflüssen unseren prognostizierten deutlichen EBIT-Anstieg erreicht", kommentierte der Agrana-Chef die aktuellen Bilanzzahlen.

Das Bioethanol- und Stärkegeschäft sei "der Rettungsanker" im abgelaufenen Geschäftsjahr gewesen, sagte Agrana-Finanzvorstand Stephan Büttner. 75 Prozent des Gewinns des Stärke-Geschäftsbereichs seien aus dem Ethanolgeschäft gekommen. Im laufenden Geschäftsjahr werde man versuchen, den Bereich Bioethanol "stabil zu halten". Keine guten Nachrichten gibt es aber aus Deutschland: Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will den Einsatz von Biosprit aus Getreide und anderen angebauten Pflanzen per Gesetzesänderung begrenzen.

Apfel und Zucker

Im Geschäftsbereich Frucht hat laut dem Agrana-Chef eine gute Apfelverarbeitungskampagne 2021 zu einer Erholung des Fruchtsaftkonzentratgeschäfts geführt, und im Segment Stärke haben historisch hohe Ethanolnotierungen im zweiten Halbjahr 2021/22 eine "sehr starke EBIT-Entwicklung" gebracht. Im Zuckergeschäft hätten höhere Rübenmengen zu einer verbesserten Auslastung der Fabriken geführt, so Mühleisen.

Der Konzernumsatz der Agrana legte 2021/22 (bis Ende Februar) im Vergleich zur Vorjahresperiode vor allem aufgrund von Preiserhöhungen um 13,9 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis stieg um 18,3 Prozent auf 86,5 Millionen Euro. Der Dividendenvorschlag des Vorstands für 2021/22 liegt bei 0,75 Euro je Aktie. Die Vorjahresdividende belief sich auf 0,85 Euro je Aktie.

Deutliche Verbesserung erwartet

Der Agrana-Konzern rechnet für das Geschäftsjahr 2022/23 mit einem "sehr deutlichen Anstieg" beim Ergebnis der Betriebstätigkeit (Ebit) und beim Konzernumsatz mit einem "deutlichen Anstieg". "Dieser Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass der Krieg in der Ukraine temporär und regional begrenzt bleibt, die physische Versorgung mit Energie und Rohstoffen gewährleistet ist und sich im neuen Geschäftsjahr die Absatz- und Beschaffungsmärkte wieder teilweise normalisieren können", hieß es vom Agrana-Management. Man erwarte auch, die insbesondere im Rohstoff- und Energiebereich deutlich gestiegenen Preise in angepassten Kundenkontrakten weitergeben zu können. Finanzchef Büttner rechnet aufgrund von Preiserhöhungen für Agrana-Kunden in Industrie und Handel mit einem Konzern-Umsatzanstieg 2022/23 von 15 bis 20 Prozent. Für Konsumenten werden die Preise für Zucker und Fruchtjoghurts dadurch im Supermarkt heuer auch steigen.

Vorsorge für Gasengpass

Wegen den stark gestiegenen Gaspreisen und einem theoretisch möglichen russischen Gaslieferstopp rüstet die Agrana ihre Zucker- und Stärkefabriken in Österreich und ein Zuckerwerk in der Slowakei mit Heizöl-Brennern zur Dampferzeugung aus. Bei einem Erdgasausfall könne die Produktion unter geringen Einschränkungen aufrechterhalten werden, sagte Agrana-Produktionsvorstand Norbert Harringer. Ob im Herbst dann Heizöl statt Gas verwendet werde, könne man derzeit noch nicht sagen. Die Anlieferung von rund 50.000 Tonnen Heizöl extra leicht soll per Bahn erfolgen. (APA, 14.5.2022)