Die IT-Systeme sind das Herzstück von Geldinstituten und sensibel. Das Rechenzentrum von Volksbanken und Hypos und Land Tirol wird nun verkauft.

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Der Sack ist fast zu, könnte man sagen. Das Beratungsunternehmen Accenture will das Allgemeine Rechenzentrum (ARZ GmbH) der Banken kaufen, das unter anderem die IT-Systeme von Volksbanken und Hypos sowie von kleineren Instituten wie der Bank-Austria-eigenen Schoellerbank betreibt. Da geht es um Softwareentwicklung ebenso wie die Kernbankensysteme, IT-Netzwerke bis hin zu Banking-Apps. Die Geldhäuser sind Eigentümer der ARZ GmbH – und das soll sich nun ändern.

Am Freitag hätte der Verkauf an Accenture beschlossen und am Montag unterschrieben werden sollen, das hat DER STANDARD erfahren. Allerdings kam es am Freitag dann doch nicht dazu, die potenziellen Verkäufer sehen angeblich noch Klärungsbedarf. Der neue Plan: Der Vertrag soll im Juni unterschrieben werden.

Stichtag für den Betriebsübergang sollte der 1. Juli sein. Bares Geld dürfte bei dem Deal nicht fließen: Accenture bietet quasi einen bestimmten Betrag, mit dem die großen Projekte der nächsten Jahre abgearbeitet werden. Da geht es etwa um die neue Modellierung von Kernbankensystemen, die Umsetzung von Regulatorien oder von erhöhten Sicherheitsstandards und deren Abbildung in den IT-Systemen.

Heikle Daten

Der Deal ist von großer Bedeutung, sind doch die Daten von Banken höchst sensibel. Lagern sie in diesem Bereich etwas aus, so hat die Aufsicht ein sehr gewichtiges Wort mitzureden. Die jeweilige Bank muss Änderungen bei den Aufsehern anzeigen, und die können dann innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch erheben bzw. Vorgaben machen. Besonders heikel wird es datenschutzmäßig, wenn Drittstaaten auf die Verarbeitung von Daten von EU-Bürgern Zugriff bekommen.

An dieser Stelle lassen die Pläne von Accenture aufhorchen. Das Unternehmen will, wohl aus Kostengründen, viele seiner Dienstleistungen auf die Philippinen auslagern und etliche nach Indien.

Reise nach Manila

Und: All das ist auch schon auf Schiene. Vor kurzem war eine Abordnung des ARZ (sie hat ihren Hauptsitz in Innsbruck; auch das Land Tirol und Tirol Kliniken zählen zu seinen Kunden und Eignern) in Manila, um das weitere Procedere zu besprechen. Im ARZ werden bereits die ersten Vorbereitungen getroffen, damit die Übergabe an philippinische Mitarbeiter klappt. Drei Monate lang sollen sie den Innsbruckern bei deren Arbeit quasi über die Schulter schauen (digital natürlich), danach sollen die Österreicher sie noch drei Monate unterstützen. Nach sechs Monaten soll die Transformation dann abgeschlossen sein.

Das Personal – das ARZ hat in Tirol und Wien rund 630 Beschäftigte – soll gemäß Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (Avrag) übernommen werden; eine Gesellschaft dafür gibt es bereits. Am 1. April wurde die Accenture Tigital GmbH gegründet, eine 100-Prozent-Tochter der Accenture GmbH. Ihren Sitz hat sie an der ARZ-Adresse in Innsbruck. Angeblich soll Accenture mit dem Land Tirol ausgemacht haben, dass eine bestimmte Anzahl von IT-Fachkräften (die Rede ist von rund 400) von Accenture in Tirol beschäftigt wird.

Das ARZ selbst bleibt Vertragspartner, soll zwischen Accenture und Kunden geschaltet werden. Accenture übernimmt die Dienstleistung im Hintergrund, heißt es in informierten Kreisen. Und sollte die Aufsicht dereinst Vorbehalte gegen die Auslagerungen äußern, werde man eben auf europäische Länder ausweichen – wo die Services freilich teurer kommen. Schultern müssten das dann wohl die Kunden.

Bescheidenes Ergebnis

Die IT-Leistungen des ARZ galten zuletzt als etwas verstaubt, bei Innovationen und Investitionen gebe es Nachholbedarf, wie es in der Branche heißt. Allerdings kann das ARZ, das nicht gewinnorientiert arbeitet, wegen eines Steuervorteils (unechte MWSt-Befreiung) seine Leistungen um 20 Prozent billiger anbieten. Seine Kosten verrechnet das Rechenzentrum seinen Kunden weiter, die ja gleichzeitig auch seine Eigentümer sind. Dieser Kostenvorteil wird bei Accenture künftig wegfallen.

Allfällige Überschüsse bekommen die Banken und übrigen ARZ-Eigentümer ausbezahlt – wenn es welche gibt. 2021 soll das nicht der Fall gewesen sein, angeblich wären Zuschüsse fällig gewesen. Veröffentlicht sind die Vorjahreszahlen noch nicht. Die involvierten Unternehmen gaben keine Stellungnahme ab. (Renate Graber, 14.5.2022)