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Die ersten Farmer der Weltgeschichte gingen aus einer Mischung aus eiszeitlichen Jäger- und Sammlergruppen hervor, die zwischen Südeuropa und dem Nahen Osten siedelten.
Foto: REUTERS/Sukree Sukplang

Mit der Neolithischen Revolution begann eine der einschneidensten Umwälzungen der Menschheitsgeschichte. Während in der Alt- und Mittelsteinzeit die Nahrung ausschließlich erjagt und in der Wildnis zusammengesammelt werden musste, begann der Mensch in der Jungsteinzeit vor rund 11.000 Jahren allmählich damit, sein tägliches Mahl selbst herzustellen, zunächst hauptsächlich in Form von Getreideanbau. Wenig später kam auch die Viehwirtschaft dazu.

Neue genetische Daten

Als Ursprung dieser Fertigkeiten gilt bis heute der sogenannte fruchtbare Halbmond, ein weiter Bogen, der sich vom Persischen Golf im Süden des heutigen Irak über den Norden von Syrien bis in den Süden der Levante erstreckte. Gelegentlich wird auch der Norden Ägyptens dazugezählt.

Lange Zeit hatte man angenommen, dass die Landwirtschaft von einer Bevölkerungsgruppe erfunden wurde, deren Siedlungsgebiet sich von Südwestasien bis zum heutigen Nahen Ostens erstreckte. Woher diese Populationen letztendlich kam und wie sie sich im Verlauf der Jungsteinzeit ausgebreitet hat, darüber wird bis heute in der Fachwelt diskutiert.

Zwei Gruppen

Einen entscheidenden und durchaus überraschenden Beitrag zu dieser Debatte konnte nun ein internationales Forschungsteam auf Basis neuer genetischer Informationen liefern: Die im Fachjournal "Cell" präsentierten Ergebnisse lassen nämlich den Schluss zu, dass die ersten Bauern der Menschheit nicht einer einzelnen Gruppe entstammten. Vielmehr dürften sie aus der Vermischung mindestens zweier Gruppen von Jägern und Sammlern hervorgegangen sein.

Bisher war man auf Basis genetischer, geografischer, kultureller, archäologischer und klimatischer Daten davon ausgegangen, dass sich vor rund 25.000 Jahren, als die letzte Eiszeit ihren Höhepunkt erreichte, eine große menschliche Population in mehrere Gruppen aufgespalten hatte. Während die eine im Nahen Osten siedelte, zog eine weitere in die Balkanregion und eine dritte Gruppe nach Westeuropa.

Die genetischen Informationen stammen unter anderem von Funden aus Österreich. Hier das Individuum Klein7 aus dem Fundort Kleinhadersdorf im niederösterreichischen Weinviertel.
Foto: BDA/Christine Neugebauer-Maresch

Geringe genetische Vielfalt

Das klimatische auf und ab jener Zeit führte bei den Europäern zu einem extremen Bevölkerungsrückgang, der sie an den Rand des Aussterbens brachte. Soweit die Theorie, die erklären sollte, warum die Nachkommen europäischer Jäger und Sammler eine so geringe genetische Vielfalt aufweisen.

Ein Team um Laurent Excoffier von der Universität Bern ist nun zu anderen Schlüssen gekommen. Möglich wurde dies durch die Kombination zweier Techniken: die Gewinnung hoch qualitativer Genome in Verbindung mit demografischer Modellierung der daraus resultierenden Daten. Das Forschungsteam wählte für seine neue Methode den Begriff "demogenomische Modellierung".

Komplexe Dynamik

Offenbar waren die damaligen menschlichen Populationen demnach doch größer als gedacht, was wiederum bedeutet, dass einzelne Gruppen – und damit auch jene, die mit der Landwirtschaft begannen – stärker untereinander in Kontakt traten als bisher angenommen.

Während die Populationen in kühlen Zeiten abnahmen, wuchsen sie in warmen Perioden, was vor etwa 14.000 Jahren zu überlappenden Territorien und schließlich zu Vermischungen von zuvor isolierten Gruppen geführt hat.

Am Ende der Eiszeit fand offenbar eine unerwartete und komplexe Bevölkerungsdynamik statt, die letztlich zur genetischen Zusammensetzung jener Bevölkerungsgruppen führte, die den Ackerbau und eine sesshafte Lebensweise entwickelt hat. "Es ist diese Vermischungsgruppe, die später die Landwirtschaft hervorgebracht hat", erklärte der Biostatistiker Daniel Wegmann von der Universität Freiburg.

Die frühesten Bauern mit europäischem Jäger-Sammler-Erbgut brachten in weiterer Folge ihre Kultur entlang der heutigen Türkei, Griechenland und des Balkans vor rund 9.000 Jahren bis nach Mitteleuropa. (tberg, 15.5.2022)