"Fad und einfach" war einmal: Die Salate von heute sind komplexe Gerichte geworden.

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Salat hat immer ein tristes Dasein geführt: als Buffet-Speise, als eintöniges Grün in Tellerrandlage zur wuchtigen Hauptspeise drapiert oder als Alibigemüse, um den Anschein zu erwecken, man würde sich gesund ernähren. Und ja, vielfach wird Salat noch immer als uninteressante und lieblose Beikost gesehen. Die österreichischen Gasthausklassiker der Salatküche sind mit Blattsalat und Kernöl, Erdäpfelsalat und dem sommerlichen Tomaten-Zwiebel-Salat auch relativ einfach gestrickt und auf Dauer etwas fad.

Komplexes Essen

Dass es auch mit mehr Kreativität geht, zeigt sich seit einiger Zeit auf Social-Media-Kanälen wie Tiktok. Dort gehen Videos zu unterschiedlichen Salatkombis immer wieder viral. "Da die Hauptzutaten vegetarisch sind, haben sich Salate im Zuge der Wellnesstrends schon länger von der Beilage zu einem eigenständigen Gericht entwickelt", sagt die Foodtrend-Forscherin Hanni Rützler. Salate sind auch deswegen so beliebt, weil sie schnell zuzubereiten und individualisierbar sind.

Im Zentrum des Salatszene-Umbruchs steht der Green-Goddess-Salat, der quasi als Trendnachfolger der Baked-Feta-Pasta gilt – der STANDARD hat berichtet. Über 21 Millionen Mal wurde das Rezeptvideo der Bloggerin Melissa Ben-Ishay bisher aufgerufen. Der Salat besteht aus einer Basis aus Kohl und Gurken und wird mit einem veganen Pesto aus Nüssen, Spinat und Zitrone abgemacht.

Salate bestehen heute nicht mehr nur aus einer oder zwei Sorten Gemüse, die mit Essig und Öl abgemacht werden. "Jeder kann seine persönlichen Vorlieben ausleben. Salate lassen sich einfach kombinieren und mixen – auch ohne Koch-Know-how", beschreibt Rützler den Reiz an Salaten. Der Hype um Küchen-Influencer, Foodblogs und Social Media hat für elaboriertere Salatkreationen gesorgt, so die Trendforscherin.

Die Rezepte lesen sich heute nämlich eher wie die Angaben zu einer komplexen und vollwertigen Mahlzeit. Alleine das Dressing des Green-Goddess-Salats beinhaltet zehn Zutaten, andere Salatrezepte wie der "Grinder Salad" verlangen nach ganzen 20 Zutaten. Das liegt auch daran, dass in der neuen Salatgeneration nicht nur die unterschiedlichsten Gemüsesorten, sondern auch Pasta und andere Proteinlieferanten wie Nüsse, Kerne, Fleisch oder Sojaprodukte verarbeitet werden.

Promibonus

Die Popularität solcher Videos führt mittlerweile zu eigenen Accounts, die sich ganz dem Salattrend verschrieben haben: "The Salad Lab" hat auf Tiktok 1,8 Millionen Follower und postet täglich eine neue Salatkombination. Darunter finden sich nicht nur eigene oder adaptierte Kreationen, die Tiktokerin hinter dem Account greift auch Salatrezepte von Prominenten auf.

Nachgekocht werden zum Beispiel der Lieblingssalat von Model Bella Hadid mit Rucola, Paprika, Gurke und Balsamico oder der Salat, den Kourtney Kardashian immer in ihren Meetings essen soll. Kardashians Salatschöpfung besticht durch gegrilltes Hähnchen und ein Essig-Zitrone-Senf-Dressing. Erst vor kurzem ging auch Jennifer Anistons Bulgursalat viral: Nachrichtenseiten wie "Buzzfeed" und die "New York Post" haben sich ihm gewidmet, weil Aniston ihn – falschen Gerüchten nach – jeden Tag bei den Dreharbeiten zur Serie "Friends" gegessen haben soll. Zahlreiche Foodblogs und Social-Media-Accounts versuchten sich an dem Rezept.

Dank des Promifaktors verbreiten sich die Rezepte auf Social Media – und der Hype gelangt so auch in die klassischen Medien. Ähnliche wie im Mode- und Kosmetikbusiness will man den Stars nacheifern, sagt Rützler. Der Einfluss von Stars und dem Internet auf die Beliebtheit von Speisen und Rezepten ist aber bei weitem keine neue Entwicklung. So soll der Avocado-Toast in den USA erst durch Gwyneth Paltrows Rezept in ihrem Kochbuch "It's All Good" – und dank Social Media – an Beliebtheit gewonnen haben. Andere Stars posierten immer wieder mit Kokoswasser und machten das Getränk zu einem der Foodtrends der 2010er-Jahre. (Kevin Recher, 22.5.2022)