Solaranlagen auf bereits versiegelten Flächen sollen innerhalb von drei Monaten bewilligt werden.

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Brüssel – Die Europäische Kommission hat ein klares Ziel vor Augen: Europa soll raus aus Gas, Kohle und Öl aus Russland – und das so schnell wie möglich. Abgesehen von einem Einfuhrstopp für russische Brennstoffe will die Behörde deshalb auch beim Ausbau erneuerbarer Energien einen ordentlichen Zahn zulegen. Offizielle Details dürfte sie am Mittwoch präsentieren.

Laut einem dem STANDARD vorliegenden Arbeitsentwurf plant die Kommission eine neue EU-Richtlinie, die über die bisherigen Ziele des Green Deal hinausgeht. Bis 2030 sollen demnach über 40 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen stammen. Denkbar wäre etwa eine Steigerung auf 45 Prozent, wofür sich auch das EU-Parlament ausspricht. Um das Ziel zu erreichen, sollen Anlagen zur Stromerzeugung künftig schneller bewilligt werden. Derzeit sind lange Verfahren laut Kommission die "größten Hürden" für grüne Investitionen.

Grund dafür sind schwierige Zielkonflikte: Vor allem bei Windenergie und Wasserkraft müssen Behörden die Vorteile der Erneuerbaren mit den Nachteilen für Artenschutz und Landschaftsbild abwägen. Zwar dürfte das künftig so bleiben, der Entwurf der Kommission sieht für Projektwerber aber einige Erleichterungen vor.

"Go-to-Areas" und Solarstrom

So will die EU-Behörde etwa klarstellen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien von "übergeordnetem öffentlichen Interesse" ist. Damit könnte in Abwägungsfragen häufiger zugunsten neuer Anlagen entschieden werden. Noch einfacher sollen die Verfahren in sogenannten Go-to-Areas sein.

Mitgliedsstaaten wären laut Entwurf dazu verpflichtet, Flächen auszuweisen, die für Windräder oder Solaranlagen besonders geeignet sind. Stellt ein Projektwerber einen Antrag in einer dieser Go-to-Areas, soll keine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mehr notwendig sein. Betreffende Anlagen müssten die Behörden innerhalb eines Jahres bewilligen. Solaranlagen, die Projektwerber auf Häusern oder anderen versiegelten Flächen errichten, sollen bereits nach drei Monaten genehmigt werden.

Laut Informationen der Deutschen Presseagentur (dpa) dürfte die Kommission am Mittwoch auch eine Solardach-Initiative vorstellen. Ziel sei es, ab 2025 alle öffentlichen Gebäude mit Solarpaneelen auszustatten. Vorgeschlagen wird zudem eine Solardachpflicht für Neubauten. Im Gegensatz zur Reform der Genehmigungsverfahren wäre die Solardach-Initiative allerdings eine Empfehlung und für die Mitgliedsstaaten nicht verpflichtend. (Jakob Pflügl, 17.5.2022)