Die Diskussion über ein Fiakerverbot in Wien nimmt Fahrt auf.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) – der auch für den Tierschutz zuständig ist – empfiehlt, über ein Verbot von Fiakern zumindest nachzudenken. Es stelle sich die Frage, ob der Einsatz von Fiakern in einer Großstadt überhaupt noch zeitgemäß ist, hielt er am Montag gegenüber "Wien heute" fest.

"Man sollte sich Gedanken darüber machen, nämlich wirklich aus Gründen des Tierschutzes, ob man ein Pferd diesem Stress aussetzen sollte", befand der Minister. Er würde eine Debatte darüber begrüßen, ob Wien auf Fiaker insgesamt verzichten könnte, sagte er.

Rauch plädierte dafür, diese Diskussion unabhängig von der Frage zu führen, ab wann die Pferde hitzefrei bekommen. In Wien gilt für Fiaker ein Hitzefahrverbot ab 35 Grad Celsius. Vergangenen Sommer kochte eine Debatte darüber hoch, diese Grenze auf 30 Grad zu senken – geschehen ist bisher aber nichts.

Streit zwischen Stadt und Bund

Das liegt daran, dass sich Stadt und Bund die Zuständigkeit dafür gegenseitig zuschieben. So plädierte der in Wien zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) für Pferde-Hitzeferien ab 30 Grad und sah nach einer "umfassenden rechtlichen Prüfung" den Bund zuständig, dies umzusetzen.

Im Tierschutzministerium erachtete man wiederum den Wiener Stadtrat in der Pflicht. Auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) sieht bei der Hitzeregelung für Pferde die Länder gefordert. "In diesem Fall geht es nämlich nicht um die bloße Haltung von Pferden (dafür wäre der Bund im Rahmen seiner Tierschutzkompetenz zuständig), sondern um eine bestimmte Art des Einsatzes von Pferden, nämlich für die Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden. Für diese Angelegenheit sind die Länder zuständig", hieß es in einer Stellungnahme.

Tierschutzminister Johannes Rauch denkt laut über ein Fiakerverbot in Wien nach. Wie reagieren die Betroffenen, deren Konkurrenz sowie Touristen und Passanten darauf? Wir haben in der Wiener Innenstadt nachgefragt
DER STANDARD

Gespräche zwischen Wien und Bund auf Beamtenebene im Juni

"Wir sehen das rechtlich anders", sagt hingegen eine Sprecherin des zuständigen Wiener Stadtrats Czernohorszky dem STANDARD. So habe eine "umfassende rechtliche Prüfung" innerhalb der Stadt ergeben, dass ein Hitzefahrverbot für Fiakerpferde ab 30 Grad "nicht über ein Landesgesetz zu regeln ist".

Eine Beschränkung des Fiakerbetriebs aus Tierschutzgründen könne nicht über das Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz geregelt werden. "Die Temperaturregelung ist daher nur vom Bund umsetzbar, dazu stehen im Juni Gespräche auf Beamtenebene an." Aus der Sicht der Stadt könnte das nur der Bund im Hinblick auf das Tierwohl im Tierschutzgesetz festlegen.

35-Grad-Temperaturgrenze gilt eigentlich für Kutscher

Interessant ist, dass sich die aktuelle Temperaturgrenze von 35 Grad in Wien laut Stadt auf den Kutscher bezieht. "Für die Pferde können wir hier keine eigene Regelung treffen", heißt es. "Würde man die Temperaturgrenze für den Beruf des Kutschers herabsetzen, würde man sich mit Sicherheit Diskussionen in anderen Berufsfeldern aufmachen."

Zum Thema generelles Fiakerverbot heißt es aus der Stadt Wien, dass es Gespräche mit den Betroffenen – also den Fiakern – geben müsse. Auch diese Thematik sei jedenfalls Teil der Diskussion mit dem Bund: "Nachdem jetzt im Juni dazu Gespräche anstehen, werden wir uns dort über unsere Positionen austauschen."

Laut Stadt habe man bereits mehrere Hitzemaßnahmen gesetzt: So seien bei den Fiaker-Standplätzen auch Schattenplätze vorhanden, Wasseranschlüssen würden ein Abkühlen der Pferde erlauben. Zudem gebe es verkürzte Arbeitszeiten und eben das Hitzefahrverbot ab 35 Grad Celsius. Zudem würden ab einer Temperatur von 30 Grad Celsius Pferde täglich von Amtstierärztinnen und -ärzten kontrolliert.

Tierschützer erfreut

Applaus für Rauchs Vorstoß kam am Montag umgehend von Vier Pfoten. Die Tierschutzorganisation zeigte sich in einer Aussendung "hoch erfreut". Es sei "wirklich endlich an der Zeit, diesem Anachronismus für immer ein Ende zu bereiten", heißt es weiter. Jetzt sei eine tolle Gelegenheit, die "Ausbeutung der Fiakerpferde" zu beenden. (Stefanie Rachbauer, David Krutzler, APA, 16.05.2022)