Intransparenz hat Vermögende in Steuerparadiese gelockt. Leicht finden lässt sich das Geld der Oligarchen, die unter westlichen Sanktionen stehen, aber nicht.

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Der Westen war schnell darin, Sanktionen gegen die Vermögen russischer Oligarchen zu verhängen. Bei der Auffindung derselbigen ist man hingegen nicht mehr so flott. Eigene Ambitionen werden hier nun zur Hürde. Denn jahrzehntelang haben Industriestaaten Milliardäre, Oligarchen und Konzerne mit Intransparenz angelockt und umworben – auf Kosten der Allgemeinheit und ärmerer Länder. Nun fehlen diesbezügliche Übersichten und Zugänge.

Zehn Billionen Dollar versteckt

Die EU schätzt, dass zehn Billionen Dollar von vermögenden Privatpersonen intransparent offshore gehalten werden. Das meiste Vermögen liegt wohl in den USA, denn das Land hat im "Schattenfinanzindex 2022" den ersten Platz erklommen – gefolgt von der Schweiz und Singapur. Für diesen Index listet das Tax Justice Network 141 Länder und kombiniert dabei den Grad an Intransparenz mit der Größe des Finanzplatzes. In Österreich wird der Index von der NGO Attac und dem Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) mitherausgegeben.

Aktuell zeigen sich interessante Verschiebungen im Index. Deutschland etwa ist auf Platz sieben vorgerückt. Die Cayman Islands, im vergangenen Index 2020 noch an erster Stelle, liegen nun auf Platz 14. Österreich hat sich zwar leicht verbessert, liegt aber mit Platz 44 weiterhin im schlechten oberen Drittel.

Kritik an Informationsaustausch

Doch der Reihe nach: Dass die USA an die Spitze gerückt sind, hat vor allem damit zu tun, dass das Land noch immer nicht die internationalen Standards für den Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden einhält, an dem bereits mehr als 100 Staaten teilnehmen. Was die Identifizierung und Registrierung der wirtschaftlichen Eigentümer von Kapitalgesellschaften betrifft, haben die USA zwar im Jänner 2021 ein Transparenzgesetz verabschiedet. Trusts müssen dabei jedoch weder ihre Existenz noch Informationen über ihre Eigentümer und Begünstigten registrieren.

Das steht laut Tax Justice Network im Widerspruch zu den Versprechen und Bemühungen von US-Präsident Joe Biden, Intransparenz im Finanzsystem weltweit zu bekämpfen. Das Volumen grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen hat sich in den USA seit 2020 um 21 Prozent erhöht.

Weniger Volumen als gedacht

Der Rückfall der Cayman Islands wiederum ist nur teilweise auf mehr Transparenz zurückzuführen: Das britische Überseegebiet hat erstmals Daten über das Volumen seiner grenzüberschreitenden Finanztransfers veröffentlicht – und dieses ist deutlich geringer als angenommen, was automatisch eine neue Bewertung ergibt. Dennoch ist das Volumen größer als bei vielen G20-Staaten wie Australien, Brasilien, Indien, Italien, Russland, Südafrika, Saudi-Arabien oder Südkorea. Zudem hat Großbritannien die Ratifizierung von UN-Abkommen zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Korruption 2020 auch auf die Cayman Islands ausgedehnt.

Der Aufstieg Deutschlands von Platz 14 auf sieben ist auf das höhere Volumen grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen zurückzuführen. Negativ wirken sich auch Beschränkungen beim öffentlichen Zugang zum Register wirtschaftlicher Eigentümer aus.

Österreich: Lob und Kritik

Österreich hat sich im Ranking auf Platz 44 verbessert. Gut schneidet die Republik bei der internationalen Zusammenarbeit wie dem automatischen Datenaustausch, aber auch bei der Lockerung des Bankgeheimnisses ab. Den größten Verbesserungsbedarf zeigt der Index bei der Transparenz von Eigentum und Unternehmen. So sind das Firmen- und Grundbuch, aber auch das Register der wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen, Stiftungen und bestimmten Treuhandschaften nicht gratis zugänglich.

In Summe sei Österreich damit noch immer ein attraktives Ziel für Steuerbetrug, heißt es von Tax Justice Network und Attac.

Das Nachbarland Slowenien gehe hier mit gutem Beispiel voran – Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen und Jahresabschlüsse sind dort im Open-Data-Format gratis zugänglich.

Internationale Zusammenarbeit

Bei der Suche nach den Oligarchenvermögen wollen die G7-Staaten in einer internationalen Taskforce zusammenarbeiten. Der Schattenfinanzindex zeigt jedoch, dass es gerade in diesen Staaten eklatante gesetzliche Schwächen gibt, um Eigentümer von Vermögenswerten zu identifizieren. Attac, VIDC und das Tax Justice Network fordern die EU-Finanzminister sowie die der G7 auf, öffentlich zugängliche und international verknüpfte Vermögensregister voranzutreiben. (Bettina Pfluger, 17.5.2022)