Unter anderem dürfte Facebook zum Scan von Nachrichten verpflichtet werden.

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Die Kritik an der geplanten Chatkontrolle der Europäischen Union bricht nicht ab. Mittels Messenger-Überwachung soll der Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern entgegengewirkt werden. Datenschützer warnen schon länger vor dieser Maßnahme, vergangenen Mittwoch präsentierte die EU-Kommission dennoch einen Gesetzesentwurf. Plattformbetreiber wie Whatsapp, Signal oder Threema sollen zur Suche nach Missbrauchsmaterial am Smartphone ihrer Kunden verpflichtet werden.

Mittlerweile haben die deutschen Grundrechtsorganisationen Digitale Gesellschaft, Digitalcourage und Digitale Freiheit deshalb eine Petition gestartet. Mit dieser appellieren sie an die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD), das Vorhaben zu stoppen, da sie auch auf EU-Ebene mitspreche.

Millionen unter Generalverdacht

"Was als Maßnahme gegen die Darstellung von Kindesmissbrauch gedacht war, droht zum Mittel für Totalüberwachung zu werden", heißt es in der Petitionsbeschreibung. Die EU-Kommission stelle mit ihrem Vorhaben 440 Millionen EU-Bürgerinnen und EU-Bürger unter Generalverdacht. "Statt die Verbreitung illegaler Inhalte zu unterbinden", setze das Kinderschutzpaket das Recht auf Privatsphäre außer Kraft.

Der Appell der Initiatoren lautet deshalb, dass Anbieter von Messenger-Diensten nicht dazu befugt oder gar verpflichtet werden dürften, private Kommunikation zu scannen. Darüber hinaus müsse EU-weit ein Recht auf Verschlüsselung eingeführt werden und Techniken wie das Client-Side-Scanning verboten werden. Mit diesem kann die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messengern unterwandert werden, indem am Endgerät auf Inhalte zugegriffen wird. Stattdessen müssten laut der Petition "gemeldete Inhalte gezielt verfolgt und gelöscht werden".

Warnungen aus der Politik

Auch die hiesigen Parteien warnen vor dem Gesetzesentwurf der EU-Kommission. In Stellungnahmen war vergangene Woche von einer bevorstehenden "Massenüberwachung" und von Eingriffen in die Grundrechte die Rede. Laut dem EU-Delegationsleiter der SPÖ, Andreas Schieder, bringe das Vorhaben eine "anlasslose und automatisierte Überwachung" mit sich. Laut Neos-Vizeklubchef im Nationalrat, Nikolaus Scherak, brauche es "zielgerichtete Maßnahmen gegen Straftäter, nicht die Abschaffung der Privatsphäre aller".

Die Petition mit dem Titel "Chatüberwachung stoppen!" hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags bereits knapp 94.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, als Ziel sind 125.000 Unterschriften angegeben. (mick, 17.5.2022)