Auch zu Ostern gab es Probleme im Fernreiseverkehr der ÖBB. Am vergangenen Wochenende mussten abermals Passagiere aus übervollen Zügen aussteigen.

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Von der "unfähigen ÖBB" konnte man am vergangenen Wochenende wieder in den sozialen Netzwerken lesen. "Der RJX 60 ist überfüllt, weil nur Fahrgäste mit Reservierung fahren dürfen", schreibt da etwa einer, der aus dem Zug "rausgeschmissen" wurde und in Wien auf den nächsten Railjet warten musste.

Süd- und Westbahn

Gerade auf der West- und der Südbahn kam es in den vergangenen Wochen öfter dazu, dass Menschen aus überfüllten Fernzügen verwiesen wurden, wenn sie keine Sitzplatzreservierung vorweisen konnten. Trotz gültigen Tickets. Mit diesem verweist man sie auf den Folgezug. Für Fahrgastvertreter ist schon allein der Umstand, dass man mit einem gültigen Ticket nicht sofort befördert wird, ein Ärgernis. Es kommt noch hinzu, dass die Auswahl der Passagiere, die des Zuges verwiesen werden, für sie willkürlich erscheint.

Und tatsächlich gibt es keine klare Regelung, wer im Falle einer Überfüllung des Zuges diesen verlassen muss – abgesehen eben von den Personen mit reserviertem Sitzplatz. Das führte bereits dazu, dass in Einzelfällen die Polizei die Passagiere aus dem Zug begleitete, berichtete das ORF-Radio. In den nächsten Monaten könnte sich die Situation verschärfen.

Sommerferien

Wenn nämlich die Urlaubssaison beginnt. Die Fahrgastzahlen legten in den vergangenen Monaten bereits deutlich zu – das liegt zum einen am Klimaticket, zum anderen an den aktuell hohen Spritpreisen. Und wenn die Menschen im Urlaub mehr Zeit und nach dem gefühlten Ende der Pandemie den verstärkten Wunsch zu reisen haben, könnte es öfter eng werden.

Wobei die Tatsache, dass einige Passagiere im Zug stehen, noch gar nicht das Problem ist. Der Zug gilt dann als überfüllt, wenn Sicherheitseinrichtungen nicht mehr zugänglich sind.

Bei der ÖBB gesteht man Probleme ein, will besser kommunizieren, verweist aber auf die Seltenheit. So seien es zu Ostern lediglich 0,3 Prozent der Züge gewesen, aus welchen man Passagiere entfernen musste. Es seien immer nur einzelne, stark nachgefragte Züge betroffen, erklärt ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. Darum bittet man die Fahrgäste auch, den Folgezug zu nehmen. An starken Reisewochenenden werden, wie zu Ostern, zudem Verstärkerzüge eingesetzt. Doch es gibt noch ein Detail, das die Situation verschärft.

Berufsreiseverkehr

Pendlerinnen und Pendler etwa, die ihre Reise von Wien nach Linz oder Sankt Pölten verständlicherweise lieber im schnelleren und besser ausgestatteten Railjet statt mit dem Regionalexpress zurücklegen. Oder zumindest versuchen so zu reisen, bevor sie sich denn eben gezwungen sehen, den folgenden Zug zu nehmen.

Zudem verweist die ÖBB auf vier Milliarden Euro, die sie "teilweise auch in Mehrkapazitäten" investiere. Doppelstockwagen werden dafür vorerst nicht eingesetzt. Das liege auch daran, erklärt die ÖBB, dass die aktuellen Waggons nicht im gesamten Netz eingesetzt werden können. Das Problem sind etwa die Tunnelprofile.

Mit einem Doppelstockwagen komme man jedenfalls nicht über den Semmering, und auch am Arlberg könnte es eng werden. Ersteres Problem würde mit dem Semmering-Basistunnel gelöst werden. Und auch ein weiteres könnte man einfach lösen, nämlich die für viele umständliche Art, vor Reiseantritt eine Reservierung zu tätigen. Viele Bahnkundinnen und Bahnkunden finden nämlich sogar die Bedienung der ÖBB-App unnötig kompliziert. (Guido Gluschitsch, 17.5.2022)